Sommerinterview mit Engens Bürgermeister Johannes Moser
»Wir spüren die Auswirkungen an allen Ecken und Enden«

Johannes Moser BM Engen  | Foto: Johannes Moser: »Wir stehen vor großen Herausforderungen und Veränderungen.«
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Engen. Corona, Kommunalpolitik und jetzt noch Wahlkampf - Engens Bürgermeister Johannes Moser wurde in den letzten Monaten vor völlig neue Herausforderungen gestellt und kandidiert am 20. September für eine vierte Amtszeit als Stadtoberhaupt. Kein leichter Job zu Corona-Zeiten - im WOCHENBLATT-Sommerinterview erzählt der 61-Jährige, wie er die Fülle an Aufgaben bewältigt.

WOCHENBLATT: Wie erlebten Sie die letzten Monate, in denen das Corona-Virus unser Leben auf den Kopf stellte?

Johannes Moser: »Zu Beginn dachte ich, mich in einem falschen Film zu bewegen, so unwirklich erschienen die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit Kontakteinschränkungen und Schließung der öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten. Wir sind ja »Krise« nach einer Friedens- und Wohlstandsphase von über 75 Jahren nicht gewohnt. Zuvorderst standen die Sorge und der Schutz von Gesundheit und Leben der Bevölkerung. Nachdem die Fallzahlen im März 2020 im Landkreis merklich anstiegen, musste unverzüglich reagiert werden. Im Austausch mit dem Landrat und den Ober- und BürgermeisterInnen entschieden wir kreisweit, noch vor entsprechenden Rechtsverordnungen der Landesregierung, mittels einer Allgemeinverfügung öffentliche Veranstaltungen und die Nutzung städtischer Einrichtungen zu untersagen.
Daneben war es wichtig, die Handlungsfähigkeit der Stadtverwaltung zu sichern. Man merkte sehr schnell, dass das fast alle Arbeitsplätze der Stadtverwaltung, von den Kinderbetreuungseinrichtungen über Bauhof, Stadtwerke Engen GmbH bis hin zum Hauptamt, sind.
Problematisch war vor allem die Ankündigungspolitik von Bund und Land, weil die entsprechenden Verordnungen immer erst Tage später in den Rathäusern ankamen. Unzählige Anrufe erreichten jedes Mal unsere MitarbeiterInnen, die aber mangels Informationen gar keine Auskunft geben konnten. Und wir checkten regelmäßig bis Freitag nach Mitternacht den Posteingang, um dann am Samstag die notwendigen vorbereitenden Arbeiten, zum Beispiel die Kindernotbetreuung in der kommenden Woche gleich starten zu können. Engen wurde bislang zum Glück nicht hart getroffen. Es gab aber weitere Lichtblicke. So haben unsere Schulen relativ schnell auf einen digitalisierten Unterricht umgestellt und mit Unterstützung der Stadtverwaltung über die Pfingstferien - einmalig im Landkreis - die Notbetreuung der Schüler sichergestellt.«

WOCHENBLATT: Was für konkrete Folgen hat Corona mit all seinen Einschränkungen und Auswirkungen für die Stadt Engen?

Johannes Moser: »Wir spüren die Auswirkungen an allen Ecken und Enden. Das gesellschaftliche Leben ist lange Zeit komplett zum Erliegen gekommen und bis heute stark eingeschränkt. Es gab keine öffentlichen Veranstaltungen, das Vereinsleben ist heruntergefahren. Auch Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sind längst nicht im Normalbetrieb.
Die örtliche Wirtschaft, vor allem Handel und Gastronomie, hatten erhebliche Einnahmeausfälle. Der Rettungsschirm von Bund und Land ist gewaltig. Er wird jedoch nicht alle Verluste ausgleichen. Zudem sind die weltweiten Wirtschaftskreisläufe unterbrochen. Die gesamten Auswirkungen auf die Stadt, die Gesellschaft und die Wirtschaft sind heute nicht absehbar. Bei der Stadt Engen entsteht allein in diesem Jahr ein coronabedingter Verlust von knapp drei Millionen Euro. Dabei sind die bislang konkret zugesagten Ausgleichszahlungen von Bund und Land schon berücksichtigt.
Die Organisation der Corona-Pandemie beansprucht immer noch einen großen Teil unserer täglichen Arbeitszeit. Als Mitglied im Krisenstab des Landkreises und als Vorsitzender des Gemeindetages Baden-Württemberg, Kreisverband Konstanz, fallen mir zudem regelmäßig gemeindeübergreifende Koordinationsaufgaben zu. Die Bekämpfung der Pandemie »ist ein Marathon, dessen Ende wir nicht kennen«, wie es der bayrische Ministerpräsident Söder formuliert hat.

WOCHENBLATT: Welche kommunalen Vorhaben haben in der nächsten Zeit oberste Priorität, welche müssen in die Warteschleife?

Johannes Moser: »Dank unserer guten Rücklage können wir alle begonnenen Maßnahmen fortsetzen. Neben vielen mittleren und kleineren Projekten sind die Investitionsschwerpunkte die neue Sporthalle, die komplette Sanierung der Grundschule Welschingen, die Breitbandversorgung unter anderem von Biesendorf und Bittelbrunn, das Stadtsanierungsprogramm im Bereich Bahnhof, Breitestraße einschließlich Kornhaus, der Hochwasserschutz in Neuhausen, das Fußballzentrum des Hegauer FV in Welschingen und Fahrzeuganschaffungen bei den Feuerwehren. Momentan gehe ich davon aus, dass wir auch für das kommende Jahr keine Abstriche machen werden.«

WOCHENBLATT: Sie kandidieren zum vierten Mal für das Amt des Bürgermeisters in Engen und stecken eigentlich mitten im Wahlkampf. Wie sieht dies in Corona-Zeiten aus?

Johannes Moser: »Das ist schon eine besondere Herausforderung. Die direkte Kontaktaufnahme mit den Bürgern ist insbesondere bei Veranstaltungen in Bürgerhäusern und Gastronomiebetrieben wegen der Abstands- und Hygienevorschriften sehr schwierig. Einiges wird deshalb mehr digital gehen, so bin ich auf Instagram unter #bmjohannesmoser vertreten und habe eine eigene Webseite unter www.johannesmoser.de eingestellt. Momentan arbeite ich an einem Wahlprospekt und werde mit Terminen in allen Stadtteilen persönlich ansprechbar sein. Ich hoffe mit einer guten Arbeit in den vergangenen 24 Jahren das Vertrauen der Wähler für eine Wiederwahl erarbeitet zu haben.«

WOCHENBLATT: Was wollen Sie den Engener Bürgern für die kommende Zeit noch mitgeben?

Johannes Moser: »Wir stehen vor großen Herausforderungen und Veränderungen. Die Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht absehbar und brauchen noch einige Monate unsere volle Aufmerksamkeit. Nicht weniger wichtig sind Antworten auf Klimawandel, Digitalisierung, E-Government, der Zusammenhalt der Gesellschaft, demographischer Wandel, Erhalt der guten Finanzlage, die steigende Erwartungshaltung der Bürger und die damit verbundene, noch stärkere Einbindung der Bürger in kommunale Entscheidungsprozesse. Wir sind in allen Bereichen schon auf einem richtig guten Weg. Engen muss aber noch nachhaltiger werden. Nachhaltiges Handeln bedeutet, die ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekte so miteinander zu verbinden, dass auch unsere Kinder und deren Nachkommen noch ein vernünftiges Lebensumfeld vorfinden. Deshalb sollten wir unser Leitbild mit Bürgerbeteiligung fortschreiben, die Mobilität umweltgerechter gestalten, unter anderem über ein Fahrradkonzept und Ausbau der E-Mobilität. Dabei dürfen die sozialen Aspekte nicht unbeachtet bleiben, über mehr bezahlbaren Wohnraum und über gut ausgestattete Schulen, die Chancengleichheit erhalten. Dazu braucht es starke Unternehmen, die über Gewerbesteuern und Arbeitsplätze die finanzielle Grundlage schaffen. Persönlich werde ich mit ganzer Kraft zusammen mit Gemeinderat und Bürgern die Stadt Engen weiter positiv voran bringen.«

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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