Fridays for Future kritisieren Aufschiebebeschluss des Konstanzer Gemeindenrats
"Konstanz bricht mit dem Klimanotstand"
Konstanz. Eineinhalb Tage campierten die KlimaschützerInnen von Fridays for Future vor dem Tagungsort des Gemeinderates um nach 36 Stunden Mahnwache am Ende schockiert zu erfahren,dass der Gemeinderat sich soeben vollends von der Einhaltung der 1,5 Grad Grenze verabschiedet hatte. Dieser hatte sich nach langer Diskussion nicht dazu durchringen können, eine 1,5 Grad kompatible Klimazielsetzung zu beschließen. Wie der Konstanzer OB Uli Burchhardt den Medienvertretern erklärte, sei es als nicht machbar gesehen worden im Gemeinerat, das Jahr 2030 festzumauern als Stichtag.
Stattdessen soll nun ein Jahr lang untersucht werden, wie Konstanz bis 2035 klimaneutral werden könne, um dann in einem Jahr noch einmal die Entscheidung zu fällen, ob Konstanz sich diese neue Zielsetzung gibt. Zustande gekommen war das, laut Fridays for Future, “Gemeinderatsdesaster”, als sich SPD, CDU, Freie Wähler und die FDP dagegen entschlossen, dem von Fridays for Future initiierten Antrag von Freier Grüner Liste, Jungen Forum Konstanz und Linker Liste zu folgen.
Mit einer hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme verhinderten sie die 1,5 Grad kompatible Zielsetzung. Angenommen wurde jedoch der Antrag der Stadtverwaltung, der vorsieht, innerhalb eines Jahres Studien für verschiedene Absenkpfade zu entwickeln. Mit Hilfe dieser solle dann in einem Jahr entschieden werden, welche Klimazielsetzung sich Konstanz setzt.
Nach Meinung von Fridays for Future ist dieser Antrag ein Hohn und ein Ablenkungsmanöver. Die Stadt Konstanz, in der als erste in Deutschland der Klimanotstand proklamiert wurde, habe mit den aktuellen Entscheidungen eine Vorreiterolle aus der Hand gegeben.
Dass eine Studie für einen Absenkpfad erarbeitet werden soll, sei bereits im Klimahaushalt mit inbegriffen. Nun sei nichts Neues beschlossen worden, sondern nur, dass man ein weiteres Jahr auf diese Studie warten müsse. Das sei nichts als Symbolpolitik und keinesfalls ein historischer Beschluss, wie der Oberbürgermeister nach der Entscheidung meinte, empört sich die Schülerin Frida Mühlhoff. Und für weitere Symbolpolitik sei die Lage einfach zu dringend, das mahne die Wissenschaft, betont Fridays for Future immer wieder.
Damit Konstanz seinen Beitrag zur Einhaltung der 1,5 Grad Grenze leistet, müsste die Stadt innerhalb der nächsten 10 Jahre klimaneutral werden, ein sehr kurzer Zeitraum für so große Veränderungen. Daher sei es ein Eklat, die endgültige Entscheidung über eine Klimazielsetzung und -strategie um ein weiteres Jahr zu verschieben. Dafür dürfe das Erarbeiten einer Klimaschutzstrategie auch nicht als Vorwand genutzt werden.
Denn Fridays for Future begrüßt es durchaus, dass Konstanz beim Erarbeiten einer Klimaschutzstrategie mit dem IFEU Institut zusammenarbeitet. Manuel Oestringer von Fridays for Future erklärt dazu: “Es ist hinreichend bekannt, dass 1,5 Grad eine überlebenswichtige Grenze ist. Das wurde letztes Jahr mit dem Klimanotstandsbeschluss auch einstimmig vom Gemeinderat anerkannt. Jetzt zu kommen und zu sagen, wir untersuchen das Ganze erstmal ein Jahr, um uns dann zu entscheiden, ist ein Schlag ins Gesicht für alle jungen Menschen. Das ist dasselbe wie ihnen zusagen: Wir untersuchen jetzt erstmal ein Jahr, was genau es bedeuten würde, euch einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen, um uns dann zu entscheiden.”
Denn das Konstanz bis spätestens 2030 klimaneutral werden müsse ist wissenschaftlich gut begründet: Nach Berechnungen des Weltklimarates muss die weltweite Klimaneutralität bis 2030 erreicht werden um mit einer zwei Drittel Wahrscheinlichkeit die 1,5 Grad Grenze einzuhalten. Als wissenschaftlicher Konsens gilt mittlerweile, dass jenseits von 1,5 Grad dramatische Konsequenzen folgen, die die Lebensqualität von Milliarden Menschen massiv beeinträchtigen werden.
Einige Studien warnen auch davor, dass jenseits von 1,5 Grad Kippelemente aktiviert werden könnten, die die Erderhitzung weiter anheizen. Die Folge wäre, dass der Mensch machtlos wäre gegen eine sich verschlimmernde Klimakrise und die heutige entwickelte Zivilisation vermutlich noch in diesem Jahrhundert zusammenbrechen würde. Im Anblick dieser Prognosen ist Noemi Mundhaas von Fridays for Future sehr verzweifelt über die Entscheidung des Konstanzer Gemeinderats: “Vor einem Jahr hat Konstanz als erste deutsche Stadt den Klimanotstand ausgerufen und damit die wissenschaftlichen Fakten über die Klimakatastrophe offiziell anerkannt. Nun, ein Jahr später, konnten sie nicht den Mut aufbringen diese Fakten ernst zu nehmen. Es war absolut erschreckend, diese geballte Ignoranz zu erleben. Konstanz ist eine Stadt die prädestiniert dazu wäre mutig voranzugehen umso mehr schockiert mich die Visionslosigkeit des Gemeinderats und der Stadtverwaltung.” Mit dieser Entscheidung gebe Konstanz seine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz auf, denn andere Städte hätten mehr Mut voranzugehen. Kommunen wie beispielsweise Tübingen, Marburg, Heidelberg oder Münsterb hätten bereits eine Zielsetzung “2030 klimaneutral” beschlossen.
- Redaktion
Autor:Redaktion aus Singen |
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