Seemaxx-Sortimentsanpassung
Ziel Feinabstimmung zwischen Seemaxx und Altstadt-Händlern

Sie war das bislang nicht ausreichend eingelöste Versprechen sowohl bei der Seemaxxeröffnung 2006 als auch 2016 bei der Erweiterung: Die bespielte und lebendige Einzelhandels-Achse zwischen See und Seemaxx. swb-Grafik: Wochenblatt | Foto: Wochenblatt-Archiv
  • Sie war das bislang nicht ausreichend eingelöste Versprechen sowohl bei der Seemaxxeröffnung 2006 als auch 2016 bei der Erweiterung: Die bespielte und lebendige Einzelhandels-Achse zwischen See und Seemaxx. swb-Grafik: Wochenblatt
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Auch wenn es nur um eine kleine Änderung geht, so ist die Feinabstimmung dennoch für alle Beteiligten wichtig: Das Seemaxx in Radolfzell muss sein Sortiment anpassen, um für Besucher wie für Storebetreiber attraktiv zu bleiben. Das Radolfzeller Outletcenter mit 8.500 Quadratmetern Verkaufsfläche ist seit 2019 in der Hand der internationalen Finanzgruppe Quilvest Capital Partners und dem Frankfurter Investor und Asset Manager »Kintyre« und wird vor Ort von Centermanagerin Christine Glasow rührig vertreten, die viele Jahre mit dem früheren Hesta-Chef Arnold Kannenberg dafür gesorgt hat, dass das Seemaxx ein Teil von Radolfzell wird und bleibt.

Die Verkaufsfläche soll im Gegensatz zu 2016 nicht vergrößert werden. Auf Einladung der Aktionsgemeinschaft, namentlich der Vorsitzenden Sandra Biller-Stocker, die für das städtebauliche Verfahren zur Sortimentsänderung eine Stellungnahme abgeben muss, stellte Christine Glasow letzte Woche die Änderungen vor und zur Diskussion. Im gesamten Verfahren war das sicherlich einer der wesentlichen Termine, auch wenn bereits diese Woche im Ausschuss weitere Meinungen angehört wurden. Im Hintergrund laufen aber auch Einzelgespräche zwischen Seemaxx und Einzelhändlern vor Ort, die natürlich Auswirkungen der Änderungen für ihre eigenen Umsatzchancen befürchten. Dabei spielt das gesamte Abstimmungsgeschehen vor einer größeren Bühne, auf der die Digitalisierung des Handels, eine Konsumzurückhaltung und letztlich teure Schwierigkeiten bei der Personalverfügbarkeit den Einzelhandel in Deutschland und damit in der Region samt Seemaxx ohnehin vor große Herausforderungen stellen.

Um was geht es genau?

Zusammengefasst aus dem Vortrag von Glasow braucht das Seemaxx beim derzeitigen (tendenziell gesunkenen) Umsatz pro Besucher rund 1,3 Millionen Besucher pro Jahr, um gut wirtschaften zu können. 2024 wurden knapp eine Million Euro Besucher erreicht, da hat auch eine Optimierung des Mietermixes unter anderem mit den Marken Adidas, Guess und Lindt nicht den Umsatzturbo bewirkt. Die Hersteller selbst, die als Mieter gewonnen werden können, oft selbst unter Druck, sind anspruchsvoller geworden. „Heute haben viele Markenhersteller fertige Storekonzepte mit Parfüms, Uhren, Sonnenbrillen und anderen Randsortimenten und wollen eben nur diese Konzepte umsetzen und die nicht auf jeden Standort anpassen“, so Glasow. „Wo das nicht möglich ist, mieten die Hersteller dann keine Flächen mehr an.“ Im Seemaxx sind nach derzeitiger Rechtslage solche Randsortimente weitestgehend ausgeschlossen.

Die Dimension, um die es für die Randsortimente im Seemaxx laut CIMA-Gutachten maximal gehen soll: 5 % der jeweiligen Flächen, das Seemaxx selbst will sogar lieber über die Stückzahl definieren, was möglich sein wird. So dürfte dann Adidas sein Deo verkaufen und Siggikind ein paar Stofftiere der gleichen Marke. Für den angestammten Radolfzeller-Altstadthandel kann das dennoch ein Problem sein, wenn zum Beispiel ein Optikergeschäft genau diese Marken mit im Sortiment hat. So sagte Erna Wehrle (Wehrle Optik), dass sie ein Interesse daran habe, dass offengelegt werde, wer da mit Brillen vertreten sei, damit man selbst nicht Marken ins Sortiment nehme, die es im Seemaxx (dann eben verbilligt, Anm. d. Verf.) schon bald gebe. Und Christine Glasow steht dazu, dass es ausgesprochen schwierig sei, die Randsortimente von bestimmten Marken im Seemaxx auszuschließen. Und die Stückzahlbegrenzung? Die würde im Ladengeschäft von der Centerleitung kontrolliert, aber im Lager eben nicht.

Zusätzlich allerdings geht es nicht nur um Randsortimente, sondern um zusätzliche Sortimente in eigenem Ladengeschäft. Und da stehen Spielwaren und Haushaltswaren zur Diskussion. Haushaltswaren sehe sie eher nicht, sagt die Centerleiterin, bei Spielwaren sieht es anders aus. Das könnten laut CIMA-Gutachten 50 bis 100 Quadratmeter sein. Für Spielwaren Swars beispielsweise ein Problem: „Wenn ein Lego-Shop ins Seemaxx käme, dann wären die Kinder nach dem Seemaxx-Besuch versorgt, die Familie fährt wieder nach Hause und kommt nicht mehr in die Altstadt“, sagt Heike Heinzelmann von Swars. Mit Ravensburger oder Playmobil habe sie weniger Probleme.

Aber: Lego ist eben der Magnet, für das Seemaxx wie für das angestammte Geschäft in der Altstadt. Und genau deshalb gibt es auch viele bilaterale Gespräche zwischen Seemaxx und Händlern. Vielleicht gelingt es so, angestammten Altstadt-Einzelhändlern möglicherweise sogar Popupstore-Möglichkeiten mit geringerem finanziellen Risiko bis zu fünf Monate lang zum Testen zur Verfügung zu stellen. Wenn es um Swars geht, steht dann natürlich die Frage im Raum, ob Lego bei solchen Konzepten mitmachen würde. Aber der inhabergeführte Handel hat in der Welt von heute zunehmend das Problem, dass alle Fixkosten zu unkalkulierbaren existenziellen Risiken werden. Nochmals Heike Heinzelmann: „Die Angst nach Corona sitzt tief: Wären wir damals nicht im eigenen Haus gewesen, hätten wir es nicht geschafft.“

Wie geht es nun weiter? Die Stimmen von letzter Woche wurden aufgezeichnet und fließen zusammen mit den Ergebnissen weiterer Runden in den weitreichenden Beteiligungsprozess ein und am Ende steht ein vom Gemeinderat abgesegneter städtebaulicher Vertrag zwischen Seemaxx und Stadt, der wohl eher nicht mehr vor den Sommerferien unter Dach und Fach kommt. Es ist aber in der Veranstaltung auch klar geworden, dass diese Sortimentskonflikte nicht der Kern des Problem des Radolfzeller Handels sind.

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Autor:

Anatol Hennig aus Singen

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