560.000 Euro Neubau in Radolfzell
Endlich die erste "Toilette für alle"

- Vertreter der Stadt, des Gemeinderates, der beteiligten Firmen des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg und der Behindertenbeauftragte des Landkreises Konstanz vor dem Gebäude. Rechts führen OB Simon Gröger und die Geschäftsführerin des Verbandes, Jutta Pagel-Steidl, die neuen Geräte der Behindertentoilette vor.
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Radolfzell. „Wir haben hier nicht die Sparversion“, sagt Oberbürgermeister Simon Gröger stolz bei der Vorstellung der neuen 560.000 Eure teuren Toiletten an der Seepromenade. Bei dem Neubau mit inklusive Lager und Mitarbeiter-WC für die Seebar wurde nämlich vor allem Wert auf die Ausrüstung des Behinderten-WCs gelegt. Vorgestellt und finanziert wurde das Projekt mit Hilfe des Landesverbands für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen, des Landes Baden-Württembergs und den Inhabern der Seebar. Für den Behindertenbeauftragten des Landkreises Konstanz, Dieter Johne, sollten solche Toiletten eigentlich der Standard sein.
Das ist anders an der Toilette
So lag auch der Fokus bei der Vorstellung der neuen öffentlichen Toilette besonders auf den Gerätschaften des Behinderten-WCs. „Ich sage immer mit vollen Hosen kann man nicht teilhaben“, sagt die Geschäftsführerin des Landesverbands für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen, Jutta Pagel-Steidl. Zusammen mit dem Oberbürgermeister demonstrierte und erklärte sie die Wichtigkeit der einzelnen Installationen.
Neben einer barrierefreien Toilette gibt es nämlich drei neue Geräte: Einen an der Decke beweglichen Patientenlifter, einen luftdichten Windeleimer und einen höhenverstellbaren Tisch. „Diese Toilette können alle benutzen. Alle Menschen, ob sie ein WC benutzen können oder Windeln tragen“, sagt Pagel-Steidl. Neben der Behindertentoilette gibt es jeweils auch öffentliche Toiletten jeweils für Frauen und Männer sowie die genannten Räume der Seebar.
Ein bisher einmaliges Projekt in Deutschland
Pagel-Steidl betont gerade die Wichtigkeit einer Wickelmöglichkeit auch für erwachsene Menschen immer wieder. Für viele Menschen sei die Notwendigkeit eines Wickelraumes nämlich nicht so sichtbar und das Wickeln habe bisher oftmals in nahe gelegenen Gebüschen oder auf Wiesen stattfinden musste. Der Landesverband geht davon aus, dass etwa 380.000 Menschen allein in Baden-Württemberg leben, die unter anderem wegen unzureichender öffentlicher Sanitäranlagen benachteiligt werden.
Deswegen wurde mit dem Ministerium Soziales und Integration Baden-Württemberg die landesweite Förderung „Toiletten für alle“ ins Leben gerufen. Die Idee kommt aus Großbritannien, aber Baden-Württemberg ist bisher das einzige Bundesland mit dieser Förderung. Doch Pagel-Steidl muss zu dem Projekt auch klarstellen, dass damit nicht genderneutrale Toilette gemeint sind - eine Inklusion aller Geschlechter gehört also nicht dazu. Es geht bei diesen Toiletten eher darum, dass Menschen sie benutzen können, die eine barrierefreie Toilette nicht ohne Hilfe benutzen können, so Pagel-Steidl.
Weitere Toiletten im Landkreis geplant
Das ist nicht billig, doch da kommt die Förderung ins Spiel: Die neuen Geräte können etwa zwischen 5.000 Euro und 11.000 Euro kosten. Das Ministerium für Soziales und Integration in Baden-Württemberg finanziert diese „Toiletten für alle“ mit einem Zuschuss von 90 Prozent und maximal 12.000 Euro. Im Falle des Neubaus in Radolfzell bezahlte den Rest die Stadt und der Inhaber der Seebar, Winfried Kounz und Juliane Meier. „Das Budget war auf 560.000 Euro angedacht. In diesem Rahmen sind wir aktuell auch“, so die Architektin und Projektleiterin Margit Klauza, es seien allerdings auch noch nicht alle Rechnungen bei ihr angekommen.
Der Behindertenbeauftragte des Landkreises Konstanz, Dieter Johne, ist glücklich über den Neubau: „Da wir am Bodensee auch viele Touristen haben, ist eine solche Ausstattung wünschenswert.“ Auf der Insel Meinau gibt es bereits eine. Laut Johne ist auch in Konstanz eine solche Toilette geplant. Einen Plan zur Umsetzung gebe es aber noch nicht. „Es ist Schade, dass es kein Standard ist“, sagt Johne abschließend.


Autor:Sebastian Ridder aus Konstanz |
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