Katrin Klodt-Bußmann im Interview
„Wir müssen die Ärmel hochkrempeln“

- Im Haus der IHK Hochrhein-Bodensee in Konstanz spricht Hauptgeschäftsführerin Dr. Katrin Klodt-Bußmann mit dem Wochenblatt über den Zustand der Wirtschaft und anstehende Herausforderungen auf nationaler und internationaler Ebene.
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Konstanz. Dr. Katrin Klodt-Bußmann ist seit Januar 2024 die Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee. Das WOCHENBLATT hat sich mit ihr im Vorfeld des IHK-Neujahrsempfangs am heutigen Mittwoch, 22. Januar, in Konstanz zusammengesetzt und über die regionale Wirtschaft, Hoffnungen, nationale wie internationale Herausforderungen und Forderungen an die Politik gesprochen.
WOCHENBLATT: Frau Dr. Klodt-Bußmann, wie steht es denn um die regionale Wirtschaft?
Katrin Klodt-Bußmann: Grundsätzlich geht es der Wirtschaft in der Region noch gut, obwohl wir in verschiedenen Branchen, zum Beispiel im Automobilzuliefererbereich, jetzt schon Rückgang von Auftragseingängen von bis zu 20 Prozent bemerken. Wir haben im westlichen Bereich des Gebiets der IHK Hochrhein-Bodensee einen höheren Exportanteil, teilweise über 60 Prozent und da sind wir natürlich sehr abhängig von der Exportentwicklung. Aber auch hier in der Region haben wir bis zu 50 Prozent Exportanteil, sodass uns das hier auch betrifft. Aber wie gesagt, der Wirtschaft geht es im Moment noch gut.
WOCHENBLATT: Und wie wird sich das entwickeln?
Katrin Klodt-Bußmann: Wir verfolgen die Entwicklung mit - ich möchte es nicht Sorgen nennen - eher mit Bedacht oder mit besonderer Aufmerksamkeit, weil wir in diesem Jahr zahlreich Entwicklungen in Politik, Geopolitik und auch zu sonstigen Fragen haben, sodass es doch einige Unbekannte gibt. Unbekannte heißt Unsicherheit und Unsicherheit ist nicht förderlich für eine florierende Entwicklung der Wirtschaft.
WOCHENBLATT: Was sind denn die Herausforderungen, mit denen die Wirtschaft konfrontiert ist? Schwingen Coronapandemie und Ukrainekrieg da noch mit?
Katrin Klodt-Bußmann: Diese Auswirkungen sind noch immer zu spüren. Angefangen von der Pandemie über alle geopolitischen Schwierigkeiten, inklusive der Lieferketten-Schwierigkeit und auch die Energiethematik. Ich möchte aber mal für uns mit etwas Positivem beginnen: Es ist sehr schön, dass noch vor Weihnachten die Verhandlungen zu einem bilateralen Abkommen zwischen der EU und der Schweiz abgeschlossen werden konnten. Damit schauen wir hier in unserer Region eigentlich - zumindest teilweise - mal zuversichtlich auf die Handelsbeziehungen mit der Schweiz. Das ist was für uns wichtig, denn die Schweiz ist neben den USA Top-Handelspartner der Region. Das Verhandlungsergebnis muss nun aber noch die Zustimmung des Schweizer Parlaments und der Stimmbevölkerung finden.
Eine große Unsicherheit – aber eventuell auch Chance – ist natürlich der 23. Februar mit den Bundestagswahlen. Wir müssen sehen, welche Bundesregierung sich bildet und wie die sich dann im neuen Kontext positioniert, zum Beispiel auch mit der neuen Regierung in den USA, die eben auch ein wichtiger Handelspartner für die Region sind. Wenn der Handel mit den USA schwieriger wird, werden wir es in der Region auch entsprechend spüren.
WOCHENBLATT: Mit Donald Trump gibt es wieder einen Präsidenten in den USA, der als schwer vorhersehbar gilt. Hat sich die regionale Wirtschaft seit seiner letzten Amtszeit vorbereitet?
Katrin Klodt-Bußmann: Man hat sich nicht direkt auf seine Rückkehr vorbereitet, weil man eigentlich nicht davon ausgegangen ist, dass er wirklich zurückkehrt. Jetzt ist er da und jetzt ist in der Tat die Wirtschaft dabei, sich vorzubereiten. Wir hatten zu unserem IHK-Neujahrsempfang in Schopfheim ganz bewusst mit Dr. Tobias Endler einen USA-Spezialisten als Redner eingeladen, um auch unserer Wirtschaft in der Region unter anderem zu erläutern, was eventuell zu erwarten ist durch die neue Situation und wie die Wirtschaft damit umgehen kann.
WOCHENBLATT: Dann verursacht die Trump-Präsidentschaft keine Schockstarre bei Ihnen.
Katrin Klodt-Bußmann: Das ist genau der Punkt: Wir können natürlich jammern, dass es jetzt alles ganz schlimm wird und irgendwelche Zölle kommen. Wir können aber auch überlegen und das haben wir schon viel mit USA-Vertretern diskutiert, was können wir eigentlich tun, damit USA weiterhin gerne mit uns Handel treiben möchten. Und wir haben in der Tat erfahren, dass da durchaus Deutschland als starker Partner noch gesehen wird und insbesondere auch unsere Region. Da müssen wir einfach auch mal mit Zuversicht die Ärmel hochkrempeln und schauen, was wir tun können, damit wir auf dem Wirtschaftswege diese Beziehungen erhalten, vielleicht auch an mancher Stelle ausbauen können. Fakt ist ja zumindest, dass die Trump-Regierung die Wirtschaft fördern wird und wenn wir es schaffen, hier bereichernde Zusammenarbeit für beide Seiten anzubieten, dann könnten wir uns schon vorstellen, dass Wege gefunden werden können.
WOCHENBLATT: Wie weit können Unternehmen denn aktiv werden, wenn es darum geht, sich auf die Zukunft vorzubereiten? Was können Unternehmer da von sich aus leisten?
Katrin Klodt-Bußmann: Das können wir im Moment noch nicht genau sagen, weil wir ja noch nicht genau wissen, was passiert. Es gibt unterschiedliche Szenarien: Entweder ist es in Bezug auf das Produkt so interessant, dass die USA und deren Firmen die Kooperation benötigen. Es könnte natürlich auch sein, dass man überlegt, in den USA eine Tochtergesellschaft zu gründen. Im Prinzip muss man sich überlegen: Was bin ich, was kann ich anbieten, möchte ich diesen Handel, passt der in mein Portfolio und wenn ja, wie. Und dann ist die Frage, ob man mit den bisherigen Strategien agieren kann oder ob es vielleicht neue geben muss, etwa gezielte Kooperationen direkt zwischen Unternehmen.
WOCHENBLATT: Inwiefern haben sich die Herausforderungen verändert zu dem, was man früher hatte? Auch in Bezug auf die Verlässlichkeit der USA?
Katrin Klodt-Bußmann: Wir haben die internationalen Organisationen, wir haben internationale Vertragswerke, zum Beispiel in Bezug auf den Handel auch die Basisplattform des Allgemeine Zoll- und Handelsabkommens GATT über die Welthandelsorganisation WTO und wir sehen, dass Trump in seinem Agieren und in seinen Entscheidungen gar keine Relevanz sieht in diesen internationalen Verträgen. Er setzt sich darüber unkommentiert hinweg. Auch WTO-Rechtsprechung beziehungsweise Streitbeilegung werden von ihm weder respektiert noch berücksichtigt. Er möchte seine eigene Handelspolitik machen, ohne multilaterale Verpflichtungen oder Einschränkungen. Zudem möchte er, dass Europa sich selbst verteidigt. Das heißt, man muss einfach damit rechnen, dass zahlreiche Themen mit den USA neu gestaltet werden müssen. Ich will damit aber auf keinen Fall sagen, dass die USA kein verlässlicher Handelspartner bleiben, das wäre im Moment weder zielführend noch korrekt. Es wird sich einiges verändern. Alles Weitere bleibt abzuwarten.
WOCHENBLATT: Kommen wir auf unsere Politik zurück. Was fordern Sie von der Politik für die heimische Wirtschaft?
Katrin Klodt-Bußmann: Ich fordere eine Vereinfachung für das wirtschaftliche Handeln. Es muss wieder einfacher werden für wirtschaftlich aktive Menschen und Unternehmer, Ideen umzusetzen und Unternehmen zu führen. Es ist wichtig, dass es Unternehmer gibt, denen es gut geht und die investieren können, die forschen können und die Arbeitsplätze erhalten können. Die Wirtschaft ist die Basis für eine ausgeglichene Gesellschaft und man kann nichts umverteilen, wenn man nichts hat. Man kann nichts umsetzen, wenn man nichts hat. Die Säule der Gesellschaft ist das wirtschaftliche Auskommen und deswegen muss die nächste Regierung signalisieren, dass sie sich der Funktion der Wirtschaft bewusst ist und sie handeln lässt, ihnen wieder eigene Verantwortung überlässt, „Beinfreiheit“ gibt.
WOCHENBLATT: Am 23. Februar wird in Deutschland gewählt. Was versprechen Sie sich von der nächsten Regierung?
Katrin Klodt-Bußmann: Was ich mir verspreche, kann ich so nicht sagen. Was ich hoffe, kann ich Ihnen sagen: Ich hoffe, dass wir eine wirtschaftsfreundliche Regierung der Mitte bekommen, die sich der Verantwortung bewusst ist, dass jetzt die Gesellschaft ermutigt werden muss, mit Zuversicht und Tatkraft, um unsere Region und auch Deutschland so zu erhalten, wie wir es aus erfolgreichen Zeiten kennen.


Autor:Tobias Lange aus Singen |
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