Aber: der Kubiki-Eimer wurde eingeführt
Zweimal Freispruch für Wolfgang Kubicki vor dem Narrengericht
Stockach. Das Stockacher Narrengericht hat am Donnerstag den Beklagten Wolfgang Kubicki tatsächlich vom Vorwurf des Sexismus freigesprochen, und auch vom kuriosen Anklagepunkt des »intriganten Königsmordes«, wie Narrenrichter Jürgen Koterzyna nach einer höchst unterhaltsamen Verhandlung verkündete, in der sich Kubicki selbst in seiner Verteidigungsrede als Virtuose des politischen Floretts erwies.
Allerdings hatte ihn das Narrengericht im dritten Anklagepunkt – der Gefährdung der politischen Kultur – doch für schuldig befunden. Und weil es mehr als ein Gerücht sein soll, dass der Weinkeller des Narrengerichts nach zwei Corona-Jahren ziemlich leer sein soll, wurde freilich ein neues Weinmaß erfunden: Der »Kubicki-Eimer« fasst nämlich 180 Liter Wein statt 60, was eigentlich dann wieder drei Eimer wären. Zudem wurden Kubicki 30 weitere Liter Wein aufgebrummt, weil er die Alt-Stockacherinnen beim Einzug in die Halle so bezirzt habe, dass sie sich bei ihm unterhakten und das sonst obligate Tau nicht eingesetzt werden konnte. Weiterhin verlangt das Narrengericht, dass Kubicki beim nächsten Damenkaffee der Alt-Stockacherinnen als Eintänzer fungieren müsse und will von ihm zum »Sylter Frühstück« mit Austern und Champagner eingeladen werden. Kubicki sah das Urteil als Einladung zum gemeinsamen Trinken an, und willigte deshalb ein.
Er sei ein »weißer alter Mann und auch noch stolz drauf«, wurde bei seiner Vorstellung gesagt. Er sei sogar »der alte weiße Mann«, sagte Kläger Wolfgang Reuther, der ihn als Marktschreier oder gar »Quartalsirren« bezeichnete: Angeklagt wurde er wegen sexistischem Handeln, intrigantem Königsmord und der Gefährdung der politischen Kultur.
Baggerwitze
Der vermeintliche Frauenversteher habe in 2010 gestanden, eine Europaabgeordnete »angebaggert« zu haben, was er später als Flirt habe verkaufen wollen. Wegen solchen Typen wie ihm müssten sich die Frauen in der FDP hinter ihren Männern verstecken und hätten deshalb auch alle Doppelnamen, folgerte der Kläger Reuther, der zuweilen auch mal unter die Gürtellinie griff. Zudem habe Kubicki damals Westerwelle in der Partei an die Macht gebracht, habe ihn dann zugunsten von Rösler fallen lassen und hätte auch bei der Wahl Lindners zuletzt seine Finger wieder im Spiel gehabt. Er sei sozusagen der »Macbeth« der FDP, sei zum Thema »Politische Kultur« sozusagen das Sturmgewehr in der Partei gewesen, habe den Rücktritt aller in der Partei gefordert, deren Namen ihm gerade eingefallen seien, auch der damaligen Bundestagsabgeordneten Birgit Homburger hier aus dem Landkreis. Als »Wüterich des Nordens« arbeite er sich weiter an seinem Lieblingsfeind Karl Lauterbach fest. Er kultiviere eine Sprache der Gosse, meinte Reuther weiter, der beim Strafmaß in die Vollen ging: Vier Eimer Wein und dazu noch zehn Sozialstunden in einem Frauenhaus hier in der Region forderte er ein.
»Das ganze klingt wie eine Bewerbung für den letzten freien Platz hier im Narrengerichtskollegium«, meinte Narrenrichter Jürgen Koterzyna dazu.
Fürsprech Michael Nadig zeigte sich zu Beginn seiner Rede zuversichtlich: »Heute wird's ein Freispruch!«, rief er ins Publikum. Er sei eigentlich ein Vertreter der »letzten Generation«, eben einer der letzten Politiker mit Ecken und Kanten. »Was mein Mandant lebt, ist gelebte Narrengerichtspraxis«, meinte Nadig weiter.
Ein Frauenfreund
Dieser Beklagte sei der erste in seiner Art, der die Grobgünstigkeit in seiner DNA habe, und er forderte gar wirklich, dass Kubicki nicht nur unschuldig gesprochen werde, sondern als gewiefter Anwalt sogar diesen freien Sitz im Narrengericht bekommen solle. Kubicki ist nach Ansicht Nadigs ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle. Als Anwalt habe er gar eine Fahrerin, die sich sogar ihr Auto aussuchen dürfe, führte Nadig ins Feld. Er gehe als Strafverteidiger den Dingen genau auf den Grund. »Der Inhalt machts, genauso wie beim Wein.«
Kubicki erwies sich als Meister des Austeilens, was viele nicht erwartet hätten: Wenn er sich den Kläger so ansehe, dann glaube er, dass dieser gar nicht wisse, was flirten ist. Dazu gehöre aufmerksam sein, schickte er nach. Wenn man ihn des Sexismus anklagen wolle, nur wegen seiner liberalen Haltung, dann bekenne er sich gerne schuldig. Die Monarchie in Deutschland sei vor über 100 Jahren schon abgeschafft worden, wie wolle man ihn da des Königsmordes anklagen, brachte er flugs das Publikum an seine Seite, das nach der Verhandlung lautstark den Freispruch forderte. Und: wie solle er politische Kultur gefährden, die gerade auf Meinungsfreiheit beruhe. Davon mache er genau Gebrauch. Das überzeugte das Publikum, die Richter in diesem Fall nicht.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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