Das Leben mit dem Wochenblatt
Ein Unternehmen ist ein Familienmitglied (fast) wie jedes andere

"Der wichtigste Ort ist und war für mich immer dort, wo das Wochenblatt als lokale Wochenzeitung erscheint und das ist seit 56 Jahren in dieser Region." | Foto: Kim Kroll
  • "Der wichtigste Ort ist und war für mich immer dort, wo das Wochenblatt als lokale Wochenzeitung erscheint und das ist seit 56 Jahren in dieser Region."
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  • hochgeladen von Anja Kurz

Es gibt einen Moment, wenn einem bewusst wird, dass in der eigenen Familie nicht nur Menschen leben, die einem wichtig sind, sondern auch ein Unternehmen. Ein Unternehmen, das zur Familie gehört und einen fast gleichen Status einnimmt, zwischen 'Ich liebe meine Familie' und 'Ich liebe sie grad nicht' und der Frage, wo und wie ich ihnen aus Liebe und Überzeugung verpflichtet bin.

Bei mir war so ein Schlüsselerlebnis mit ungefähr sieben Jahren. Wie Kinder so sind, war ich mit meiner Familie in einem Spielwarengeschäft und wollte unbedingt ein Spielzeug. Das gab es aber für mich nicht, "zu teuer". Ganz bewusst nahm ich den Gedanken wahr: "Warum haben wir bloß so eine blöde Zeitung, die zu unserer Familie gehört und nicht so ein tolles Spielwarengeschäft." Ab da war das Unternehmen in meiner erlebbaren Familie angekommen und hat mich auch auf allen weiteren Lebensstationen begleitet. Ob in der Schule, wenn ein Lehrer einen Artikel im Wochenblatt zum Anlass nahm, mich direkt anzusprechen und es dann zu einem Austausch im Klassenzimmer kam. Oder Reaktionen in der Öffentlichkeit. Oder als Schulkind zusammen mit meiner Schwester, als es auf dem Weg zur Schule Personenschutz gab, weil der Verleger, also mein Vater, aufgrund einer Berichterstattung im Wochenblatt Drohungen gegenüber dem Verlag und seiner Familie erhalten hat. Die Aufforderung, eine Ausbildung anzustreben (in meinem Fall mit dem Verlag Südkurier), die zum Unternehmen passt. Somit haben meine Schwester und ich die Ausbildung zur Verlagskauffrau absolviert. Die entweder sorgenvollen Gespräche am Esstisch - "Wie kommen wir mit dem Unternehmen über die Runden?" - oder die faszinierenden Gespräche über Politik, Sport, Gewerkschaft, Wirtschaft oder Kultur. Und später auch, wie gut es uns familiär geht; welche Sicherheit es einer Familie gibt, wenn das Unternehmen sich erfolgreich am Markt positioniert.

Eines war dabei immer gewiss: Das Wochenblatt ist ein Familienmitglied. Und ein Familienmitglied bleibt. Das gibt man nicht einfach so wegen Eigeninteressen und spontanem Ausprobieren auf.

Wir beide, meine Schwester und ich, sind früh in das Unternehmen eingestiegen. Da kam eine weitere wichtige Erkenntnis dazu. Damit es einem Unternehmen gut geht, es seine Aufgabe erfüllen kann, von Lesern und Kunden einen Wert erhält und sich über Jahrzehnte Vertrauen erarbeitet, braucht es Menschen. Menschen, die "Ja" zu diesem Unternehmen sagen, die Ideen einbringen, sich engagieren, bleiben, wenn es auch mal ungemütlich wird. Sich für das Unternehmen einsetzten und im Idealfall das Unternehmen lieben. Ansonsten wäre es nur eine Idee, Geräte, Mauern, Fahrzeuge, Papier. Nichts, was für irgendjemanden wichtig wäre.

Dies alles und der Wille, die Idee unseres Vaters, eine kostenlose lokale Zeitung für alle Menschen unseres Verbreitungsgebietes zu ermöglichen, versöhnt für so viele nicht gelebte persönliche Träume. Versöhnt, dass die Achtsamkeit familiär nicht alleine nur uns Kindern entgegengebracht wurde, sondern auch dem Unternehmen; ganz oft war ich auf die Zeit und den Fokus, der auf das Unternehmen gerichtet wurde, eifersüchtig. Gibt dem eigenen Leben Sinn und Beständigkeit.

Es hat wohl wenig mit dem erfolgreichen Manager-Tun zu tun. Dafür fehlt oft der persönliche Abstand, und man ist vielleicht auch schon zu lange zu nah dran. Das ergibt oft einen verklärten und nicht ganz vorurteilsfreien Blick. Auf der anderen Seite ist man da. Eben genau wegen alldem. Und wenn man wie ich mit knapp 60 Jahren das alles mal so Revue passieren lässt, dann war ich in all den Jahren nicht das Kampfboot, sondern eher der Leuchtturm. Und bin dankbar und zufrieden.

Portrait:

Name: Carmen Frese

Alter: 59 Jahre

Wohnort: Singen

Mich verbindet mit der Region: "Die Menschen; dass man sich kennt, schätzt, sich austauscht und miteinander auseinandersetzt. Ich schätze es sehr, in einem meiner Lieblingsgeschäfte sein zu dürfen, dort auf Menschen zu treffen, die mich kennen und somit auch die Beratung viel persönlicher wird und daneben auch ein kleiner Plausch möglich ist. Ich schätze sehr, dass Menschen in die Familie Frese und dem Wochenblatt Vertrauen haben und mit ihren Sorgen zu uns kommen oder mit Themen, die Ihnen am Herzen liegen."

Was mich in meinem Tun antreibt:
"Das gleiche, was mich mit der Region verbindet und zusätzlich, dass wir mit dem Wochenblatt für ein lokales Miteinander in dieser Region mithelfen und mitgestalten können und somit auch ein Teil sind, wie Sozialverbände, Verwaltungen, Schulen, Vereine und viele mehr."

Autor:

Redaktion aus Singen

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