Fondium und Maggi verbindet Generationen
Zwei prägende Industrieriesen in direkter Nachbarschaft
Es gibt nur sehr wenige Industriebetriebe in Singen, die älter sind als die Stadt selbst. Hierzu zählen vor allem der Food-Gigant Maggi und der Gießereibetrieb Fondium.
Angefangen bei dem Unternehmen, welches seine Anfänge Mitte der 1880er Jahre durch Firmengründer Julius Maggi im schweizerischen Kemptthal nahm: „Damals entwickelte Maggi eine Art Suppe auf Mehlbasis aus eiweißhaltigen Hülsenfrüchten – dies wurde damals in Zeiten der Mängelernährung während der Industrialisierung zur wichtigen Proteinquelle, die auch für die geringbezahlten Fabrikarbeiter erschwinglich war“, erzählt Betriebsleiter Dominik Paintner.
Kurz danach erfindet Julius Maggi 1886 die Suppenwürze, um dem Essen der Fabrikarbeiter mit dem „gewissen Tröpfchen Etwas“ noch mehr Geschmack zu geben. Der Standort Singen wurde im Jahr 1887 zunächst nur als Abfüllstandort im Gütterli-Haus mit sieben Arbeiterinnen gestartet. „Der Grund waren zollpolitische Überlegungen – mit der Produktion auf deutschem Boden konnte das Produkt besser verkauft werden“, so Paintner. „Schnell merkte man, dass es mit nur dem Abfüllen hier nicht mehr reicht. Deshalb wurde bereits 1899 auch mit der Produktion der Flüssigwürze in Singen begonnen.“
Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen ca. 650 Mitarbeiter und produziert jährlich 60.000 Tonnen pro Jahr nur in Singen. Maggi als Arbeitgeber schrieb außerdem auch arbeitsrechtlich Geschichte, war es doch ihr Firmengründer Julius Maggi, der im Jahr 1907 mit einem „Arbeiterausschuss“ die Frühform des heutigen Betriebsrats gründete und 1911 den ersten Tarifvertrag in der deutschen Ernährungsindustrie abschloss. Dabei ist der Standort mit der Stadt selbst gewachsen, wie Paintner betont. „Jeder kennt die Maggi-Würze in Deutschland, jeder kennt die Maggi hier in der Umgebung. Jeder hat eine Verbindung zum Werk, da irgendwer mal dort gearbeitet hat, was sich auch über Generationen hinweg entwickelte“, so Dominik Paintner.
Eines dieser wachsenden Unternehmen ist der unmittelbare Nachbar der Maggi, die Gießerei Fondium. Dort begann alles im Jahr 1895, als sich die in Schaffhausen ansässige Firma Goerg Fischer zum ersten Mal ein Werk im Ausland bauen wollte, um dort Fittinge aus Temperguss herzustellen. Die Produktion dieser Teile lief bis in die 70er Jahre hinein, ehe in Singen dann mit der Produktion und Entwicklung von PVC-Fittings begonnen wurde, erzählt Manager Achim Schneider. Mit der Zeit hat man sich schließlich weg vom Eisenfitting auf das Thema Kundenguss spezialisiert, sprich die Produkte den LKW- und PKW-Herstellern zugeliefert. „Das hat sich von 80.000 Tonnen pro Jahr bis hin zu 200.000 Tonnen pro Jahr entwickelt“, erläutert Schneider. 2016 hat man noch mal 60 Millionen in eine große Anlage, die Produktionslinie 2, investiert, um die modernste Produktionslinie für Sicherheitsteile von LKWs in Europa aufzubauen.
Heute fertigt Fondium auf drei Produktionslinien etwa 150.000 bis 200.000 Tonnen pro Jahr. „Wir werden in Zukunft mit der Eisengießerei ein wichtiger Bestandteil in der Kreislaufwirtschaft sein, da wir zu 100 Prozent Altschrott recyclen“, so Achim Schneider. Fondium selbst stieß erst im Jahr 2018 durch einen Management-Buyout nach Singen, wie der Manager des Singener Werks schildert. „Ich und meine Kollegen waren damals alle drei in Schaffhausen bei Georg Fischer tätig und waren uns mit der Firma über diese Maßnahme übereingekommen, da das Unternehmen den Verbleib der beiden großen Werke in Singen und Mettmann nicht mehr im Konzern aus verschiedenen Gründen darstellen konnte und wir es deshalb auf mittelständische Beine stellen wollten.“ Generell sind für ihn die Mitarbeiter heute der wichtigste Rohstoff, um ein Unternehmen erfolgreich zu betreiben. Um deren Arbeitssicherheit bei Brandvorfällen zu gewährleisten, wurde sehr früh in den 1920er Jahren mit dem Aufbau der eigenen Werksfeuerwehr begonnen. Eine Maßnahme, welche Jahre später zu gemeinsamen Jahresproben mit der Betriebsfeuerwehr der Maggi führte, womit sich der Kreis der beiden Singener Industrieriesen wieder schließt.
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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