Mögliche Zukunft in der Landwirtschaft
Wie ein Stockacher Ingenieur die Feldtechnik verändern will

Klaus Krombholz (links), Doktor der Ingenieur- und Landwirtschaftswissenschaften, und Andreas Jung, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, sprechen über Veränderungen in der Landwirtschaft. swb-Bild: Tobias Lange | Foto: Tobias Lange
  • Klaus Krombholz (links), Doktor der Ingenieur- und Landwirtschaftswissenschaften, und Andreas Jung, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, sprechen über Veränderungen in der Landwirtschaft. swb-Bild: Tobias Lange
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Singen. Als wir von der WOCHENBLATT-Redaktion unsere Leser aufriefen, uns Fragen, Antworten und Kommentare zum Thema Energiewende zu schicken, rechneten wir mit zahlreichen Reaktionen. Diese Erwartung haben unsere Leser erfüllt. Unter den Leserrückmeldungen war auch der Stockacher Klaus Krombholz, Doktor der Ingenieur- und Landwirtschaftswissenschaften. Statt Fragen oder Antworten trat er mit einem anderen Anliegen an das WOCHENBLATT: ein Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Andreas Jung.

Er habe ein Konzept zur künftigen Entwicklung der Landtechnik erarbeitet, mit dem auf den Feldern künftig erhebliche Energieeinsparungen möglich sind und außerdem die Schadverdichtungen der Ackerböden mit ihren zahlreichen Folgewirkungen vermieden werden können, erläuterte der pensionierte Landtechniker in seinem Schreiben an die Redaktion. Derzeit werde in der Landwirtschaft ein „Längszug-Prinzip“ eingesetzt. Das bedeutet, dass die Maschine – beispielsweise ein Pflug oder eine Erntemaschine – in gleiche Richtung mit dem Traktor arbeitet und Arbeitsbewegung und -geschwindigkeit damit identisch seien. Produktionssteigerungen seien hauptsächlich durch Vergrößerung der Maschinen erreicht worden. Größere und schwerere Maschinen bedeuten gleichzeitig aber auch eine Verdichtung und Schädigung des Bodens.

Kleine Maschinen und Energieeinsparungen

Klaus Krombholz spricht sich stattdessen für einen „Querzug-Prinzip“ in der Landwirtschaft aus. Dabei arbeitet das Werkzeug im Winkel zum Zugfahrzeug. „Werkzeug- und Vorschubbewegung sind damit entkoppelt und können weitgehend unabhängig voneinander verändert werden.“ Es müsse auch weniger Energie aufgebracht werden. „Bei einem heutigen Scheibenmähwerk brauche ich etwa die Hälfte der Leistung des Traktors für das Fahren und die andere Hälfte für das Mähen.“ Mit seinem Querzug-Prinzip könne hingegen 40 Prozent der Gesamtleistung eingespart und damit der Energieverbrauch verringert werden.

Zudem sei dieses Konzept vorzugsweise mit Feldrobotern zu realisieren, wodurch weitere positive Begleiterscheinungen dazukämen: Die Technik könne auf kleineren Feldern effektiv arbeiten und zu höherer Biodiversität und verringerter Erosionsgefahr führen. Des Weiteren seien Größe und Arbeitsweise der Feldroboter für einen Batteriebetrieb geeignet, was man sich bei der aktuellen Größe der landwirtschaftlichen Fahrzeuge nicht vorstellen könne.

Andreas Jung, Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie und klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, reagierte auf eine Einladung zu einem Gespräch zu diesem Thema zügig und mit Interesse, sodass kurz darauf ein Treffen zwischen dem Politiker und dem Ingenieur in den Redaktionsräumen des WOCHENBLATTs stattfinden konnte.

Deutschland in zweieinhalb Tagen gepflügt

„Ich muss feststellen, dass den Kollegen nichts anderes einfällt, als die Maschinen immer breiter, größer und schwerer zu machen, obwohl von Digitalisierung geredet wird, von Landwirtschaft 4.0 und vielen anderen Dingen mehr“, sagte Klaus Krombholz zu Beginn des Gesprächs. „Mit dieser Entwicklung sind Folgen verbunden, über die man gelegentlich redet: Große Maschinen brauchen große Felder, um effektiv zu sein. Die großen Felder gibt es nicht überall und wenn sie da sind, dann sind sie nicht unbedingt förderlich für Biodiversität und Erosionsschutz.“ Diese „Defekte“ seien zwar bekannt, aber es gebe scheinbar keinen Drang, von den schweren Maschinen wegzukommen. „Wenn ich allein die Traktoren ab 70 PS nehme, haben wir heute einen Bestand, mit dem man die gesamte Ackerfläche der Bundesrepublik von etwa elf Millionen Hektar in zweieinhalb Tagen pflügen könnte.“

Vor diesem Hintergrund und weil derzeitige Pläne sich auf einen übernächsten Schritt orientieren, habe er sich Gedanken gemacht, wie man dieser Entwicklung begegnen und wie der nächste Schritt aussehen könnte. „Was könnte näherliegend sein als etwas, was von der Lösung, seinen Effekten und von den Realisierungsmöglichkeiten überschaubar ist.“ Aber niemand wolle etwas davon wissen. Anfragen an Unternehmen und Politiker – darunter Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Ministerpräsident Winfried Kretschmann – seien bis dato unbeantwortet geblieben. „Ich will nicht behaupten, es ist der einzige Weg. Aber es ist ein Weg, mit dem heute damit begonnen werden könnte, Elektroantriebe für die Landtechnik aufs Feld zu bringen.“

Andreas Jung will Ideen weiterverfolgen

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung zeigte sich aufgeschlossen für die Ideen. Sie seien getragen von der Frage, wie die Landwirtschaft in Zukunft aussehen soll. „Sie haben die energiepolitischen Fragen angesprochen, die seit dem 24. Februar im Brennglas stehen. Weil wir alle sehen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass wir eine sichere Energieversorgung haben.“ Genauso müsse die Landwirtschaft unter dieses Brennglas, da es auch nicht selbstverständlich sei, dass wir Lebensmittel haben. „Die Lebensmittel werden von unseren Bauern produziert. Wir können froh sein, dass wir diese bäuerliche Landwirtschaft bei uns haben, dass Menschen hart arbeiten und in ihren Betrieben Lebensmittel produzieren.“

Die Frage sei nun, wie nachhaltiger und energieeffizienter produziert werden kann. „Ich glaube, dass es die Landwirte umtreibt. Im Gespräch in Hilzingen haben mir Bioenergie-Bauern dargestellt, wie exorbitant die Preissteigerungen sind.“ Auch bei der Biodiversität brauche es Verbesserungen. „Ich bin gerne bereit, diesen Gedanken weiterzutragen und Peter Hauk anzusprechen. Ich bin auch gerne bereit, das auf Bundesebene über unsere Fraktion und über den Bundeslandwirtschaftsminister einzubringen und zu überlegen, was die Potenziale sind und wie man weitermachen könnte.“ Der Abgeordnete möchte über das Thema aber nicht nur auf politischer Ebene sprechen. Er schlug vor, bei einem etwaigen zukünftigen Gespräch in Stockach Landwirte und den Bauernverband mit an den Tisch zu holen: „Es wäre interessant aus Sicht der Landwirtschaft zu hören, wie sie das bewerten und ob es eine Option wäre.“

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Autor:

Tobias Lange aus Singen

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