Interview mit WEFA-Chef Joachim Maier:
Weg vom Goldplating und mögliche Chancen in Asien

Joachim Maier (links) mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der WEFA-Niederlassung in Cedar Springs (USA).  | Foto: WEFA
  • Joachim Maier (links) mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der WEFA-Niederlassung in Cedar Springs (USA).
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Das Singener Unternehmen WEFA ist Spezialist für Präzisionswerkzeuge, sogenannte Strangpresswerkzeuge, die unter anderem im Kühlerbau in Klimaanlagen und für Medizintechnik eingesetzt werden. Und das Unternehmen ist international aufgestellt. Nun scheint die Welt immer chaotischer zu werden. Wie geht ein Unternehmen wie WEFA damit um, fragte das WOCHENBLATT Joachim Maier, der mit seinem Bruder Oliver Maier das Unternehmen mit mittlerweile 300 Mitarbeitern an sechs Standorten leitet. Das Interview fand per Messenger statt, konnte so zeitversetzt geführt werden und doch als echter Dialog.

Wochenblatt: WEFA ist in Amerika engagiert, seit 2009 sogar mit eigener Niederlassung in Cedar Springs, Michigan. Wenn man von hier in Singen auf die amerikanische Außenpolitik schaut und vielleicht noch auf die Börsenkurse, dann kann es einem bange werden, wenngleich wir in Europa auch einfach geschlafen haben. Wie geht es WEFA mit den internationalen Entwicklungen gerade? Werden die Marktbedingungen unsicherer?

Joachim Maier: Im Bereich der US Politik sorgt uns vor allem der Verlust an demokratischen Grundwerten sowie die möglichen Handelsbeschränkungen. Durch unseren eigenen Standort in den USA sehen wir allerdings auch Geschäftschancen - diese Möglichkeiten hat allerdings nicht jedes deutsche mittelständische Unternehmen ohne US Tochterfirma… …Das ist uns wohl bewusst.

Wochenblatt: Worin liegen die Chancen und was ist die Gefahr für WEFA aufgrund von möglichen weiteren Handelsbeschränkungen?

Joachim Maier: Die Gefahr liegt vor allem in der durch erhöhte Zölle sich verteuernden Waren sowohl für die US-Amerikaner als auch für uns Europäer. Dadurch stagniert sowohl die Ausgabenbereitschaft der privaten Haushalte als auch die der Unternehmen. Die Unsicherheit steigt und das ist Gift für die Wirtschaft, welche im Wesentlichen von dem Zutrauen in die freien Warenflüsse lebt. Unsere US Tochter ist durch die 25%-ige Erhöhung der Strafzölle, auf unsere nur in Europa verfügbaren Spezialstähle, betroffen. Chancen sehe ich leider eher wenig, da insbesondere die deutsche vom Export dominierte Wirtschaft vom freien Welthandel ganz maßgeblich profitiert hat und profitiert. Es macht aber wenig Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken, stattdessen gilt es, innovativ zu sein und sich mit Elan neue Möglichkeiten zu erarbeiten. Es gibt weiterhin unterschiedliche Weltregionen und Märkte, in welchen es möglich ist, sich, die Unternehmen und somit auch die Beschäftigten zu entwickeln.

Wochenblatt: Mit dem Kopf im Sand sieht man bekanntlich nichts mehr. In welchen Regionen siehst Du für WEFA und für die Exportwirtschaft im Land neue Chancen angesichts der neuen Lage?

Joachim Maier: Der gesamte asiatische Markt ist nach wie vor empfänglich für innovative Produkte "Made in Germany", im indischen Subkontinent mit seinen 1,4 Milliarden Menschen als das bevölkerungsreichste Land der Welt und mit einer wachsenden Mittelschicht sehen wir durchaus gute Absatzchancen. Wie in allen Ländern, in welche wir und andere deutsche mittelständische Unternehmen exportieren, gilt es, die Gegebenheiten vor Ort gut zu studieren und zu beachten, die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede zu respektieren.

Wochenblatt: Ich würde gerne schwenken von der großen Welt in die kleine Welt, in das Unternehmen vor Ort. Wie gelingt es Euch, im Unternehmen ein bisschen Sicherheitsgefühl zu bieten bei all der Unvorhersehbarkeit auf den Weltmärkten?

Joachim Maier: Hier ist die Kommunikation über die Zusammenhänge zu nennen. Idealerweise ohne die panikhafte Erläuterungen, wie sie oft aus dem Außen auf die Mitarbeitenden einprasseln, sondern sachlich und mit einem gewissen "Adlerblick". Das gelingt natürlich nicht immer, aber ist, denke ich, der einzig gangbare Weg, um den Beteiligten ein Gefühl von zumindest etwas Sicherheit und Überblick zu vermitteln.

Wochenblatt: Die Wahl ist vorbei und jetzt geht es in der Politik in Deutschland darum, im Zweifel auch fernab der Wahlversprechen einzelner Parteien Zukunft zu gestalten. Was muss gestaltet werden, damit der Standort Deutschland für ein Unternehmen wie WEFA attraktiv bleibt, bzw. wieder attraktiver wird?

Joachim Maier: Ich könnte jetzt in die üblichen (und viel benannten) Klagen über die Hindernisse wie hohe Energie- und Arbeitskosten und den ausufernden bürokratischen Wahnsinn usw. schwadronieren oder aber es so sehen, wie es die ehemaligen Bundesminister Steinbrück und de Maiziere und deren überparteiliches Konsortium dieser Tage veröffentlicht hat: In der "Initiative für einen Handlungsfähigen Staat" (externer Link, öffnet in neuem Fenster) sind gute nach vorne gerichtete Vorschläge zur nötigen Veränderung des Standortes Deutschland beschrieben. Die neu zu bildende Bundesregierung scheint sich bereits damit auseinander gesetzt zu haben - eine schnelle Umsetzung ist vonnöten, um den weiteren Niedergang der industriellen Basis in unserem Land um zu kehren.

Wochenblatt: Ich will doch noch einmal etwas auf das Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft eingehen. Gibt es vielleicht einen Wert, der zwischen Politik in Deutschland und den Unternehmerinnen und Unternehmern mehr werden müsste, wenn ja, was wäre das für ein Wert?

Joachim Maier: Vertrauen in Freiheit - Vertrauen auch darin, dass nicht alles bis ins allerletzte geregelt sein muss und trotzdem gute Lösungen gefunden werden von den wirtschaftlich Handelnden. Bei der EU spricht man hinter vorgehaltener Hand vom "German Goldplating" - so dass eine (oft schon an sich hochbürokratische) neue (EU-)Richtlinie durch deutsche Behörden teilweise sogar nochmals aufgebläht und verkompliziert wird.
                                                                                                                         
Wochenblatt: Und dann wieder dazu führt, dass die EU ihre Richtlinien noch komplexer gestaltet. Wo hat Deutschland konkret Nachholbedarf gegenüber anderen WEFA-Standorten?

Joachim Maier: Kurz gesagt: Wir befinden uns in Deutschland im wirtschaftlichen Krisenmodus. Wandel und Disruption werden zum Normalzustand. Damit wir in Zukunft gestärkt aus Veränderungen hervorgehen können, sollten wir in den Aufbau organisatorischer Resilienzprogramme investieren. Hier haben wir definitiv einen Nachholbedarf. Das läuft sowohl in einigen der Länder unserer Tochterunternehmen als auch in einigen der Länder unserer Partner und Kunden besser - soll heißen, das Bewusstsein dafür und die Lösungsansätze sind dort weiter gediehen.

Wochenblatt: Herzlichen Dank für das Interview und das Einlassen auf das etwas außergewöhnliche Interviewformat.

Zur Geschichte der Firma WEFA lesen Sie hier in unserer Familienunternehmen-Kampagne mehr:

Autor:

Anatol Hennig aus Singen

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