Hans-Peter Storz im Interview
„Ich habe Dinge, die auf mich warten“

- Er räumt bald das Büro: Der Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz hat seinen Rückzug aus der Landespolitik angekündigt.
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Singen. Hans-Peter Storz sitzt für die SPD im Landtag Baden-Württemberg. Für die anstehende Wahl im Jahr 2026 hat er angekündigt, sich nicht wieder zur Wahl stellen zu wollen. Im Interview spricht er über die Gründe und was er mit seiner Arbeit verbindet.
WOCHENBLATT: Herr Storz, im kommenden Jahr findet die Landtagswahl statt. Dieses mal ohne Sie. Was hat Sie dazu bewegt, nicht wieder zu kandidieren?
Hans-Peter Storz: Mein Beweggrund ist, dass ich oft höre und auch selber sage: Die Jungen sollen in die Politik. Ich erreiche 2026 das Rentenalter. Und wenn Rente ansteht, dann darf auch Rente sein.
Ein zweiter Grund ist, dass ich mehr Zeit für das Privatleben haben möchte, das unter der Herausforderung des Mandats natürlich gelitten hat. Ich habe mir ein neues Rennrad gekauft, um ein bisschen mehr Sport zu machen. Darauf habe ich Lust. Und darauf, wieder ein bisschen mehr Musik zu machen. Ich habe noch ein paar Dinge, die schon lange auf mich warten. Solange ich noch gesund bin und einigermaßen fit, möchte ich das erleben.
WOCHENBLATT: Gibt es auch etwas, was Sie dann vermissen werden aus dem Landtag?
Hans-Peter Storz: Ja, auf alle Fälle. Für mich waren immer die Begegnungen mit den Menschen, das Zuhören ganz wichtig. Ich weiß noch, in meinem ersten Wahlkampf war das Thema Zuhören ein ganz wichtiges Thema. Ich wollte, dass Menschen mich finden, dass sie wissen, dass sie hier einen Ansprechpartner haben.
Und das Zweite ist, dass man durch das Mandat im Landtag viele Kontakte zu Vereinen und Verbänden, in die Wirtschaft und zu Behörden hat. Auf einen Abgeordneten kommt eine unglaubliche Vielfalt an Aufgaben zu. Es ist etwas ganz Tolles, was man erleben darf.
WOCHENBLATT: Auf der anderen Seite gibt es aber bestimmt auch Dinge, die Sie nicht vermissen.
Hans-Peter Storz: Sicher. Ich war ja von 2011 bis 2016 im Landtag und jetzt wieder seit 2021. Und da merke ich schon einen großen Unterschied. Wir haben durch die Anwesenheit der AfD-Abgeordneten und ihre Redebeiträge inzwischen eine andere Wortkultur. Die Reden spalten mehr. Es ist vieles drin, was menschenverachtend ist. Und das tut weh, mitzubekommen, wie sich das verändert hat.
Daher hoffe ich, dass wir durch gute Arbeit die Menschen wieder für gute Politik begeistern können, die von den demokratischen Parteien gemacht wird.
WOCHENBLATT: Die Parteien der politischen Mitte haben es derzeit nicht einfach. Die politischen Ränder sind sehr stark. Fühlt man da Gewissensbisse, sich zurückzuziehen und das brennende Haus zu verlassen?
Hans-Peter Storz: Nein, gar nicht. Ich habe mit Giuliana Ioannidis eine gute Nachfolgerin, die hoffentlich nominiert und dann auch gewählt wird. Sie war Landesvorsitzende bei den Jusos, hat hier im Kreisverband viele Erfahrungen auf politischer Ebene gesammelt, ist ein sehr kluger Kopf. Sie bringt alles mit, was eine erfolgreiche Politikerin ausmacht.
Ich sehe unsere derzeitige politische Kultur und die politische Lage nicht als brennendes Haus, sondern als eine große Herausforderung und der muss man auf allen Ebenen begegnen. Ich glaube, dass junge Menschen mit anderen Rezepten und anderen Ideen rangehen. Ich werde weiter daran arbeiten, dass wir eine gute demokratische Kultur haben und diese pflegen.
WOCHENBLATT: Eine klassische Frage für Ruheständler ist: Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg? Ich frage anders: Ist es überhaupt noch sinnvoll, dem Nachfolger etwas auf den Weg zu geben oder sagt man lieber, er oder sie soll seinen eigenen Weg gehen?
Hans-Peter Storz: Ich glaube, Frau Ioannidis ist so selbstständig, dass sie ihren eigenen Weg gehen wird. Ich glaube aber auch, dass sie trotzdem dankbar sein wird für Begleitung, denn es tut ganz gut, wenn man am Anfang auch jemanden hat, bei dem man nachfragen kann. Der soll sich nicht aufdrängen, aber anbieten. So werden wir das Handhaben.
WOCHENBLATT: Was sehen Sie als Ihre größten Erfolge als Landtagsabgeordneter?
Hans-Peter Storz: Mein größter Erfolg ist, glaube ich, die Präsenz. Obwohl ich ja ein politischer Quereinsteiger bin, habe ich es geschafft, eine große Präsenz und ein großes Vertrauen bei den Menschen aufzubauen. Sie wussten, wenn der Storz da ist oder was macht, dann macht er das gut und richtig.
In der ersten Amtsperiode konnte ich zum Beispiel helfen, dass das Krankenhaus Konstanz mit einen Landes-Zuschuss von 50 Millionen gefördert wurde. Wir haben engen Kontakt mit dem Sozialministerium gehabt , um die Zuschüsse für das Krankenhaus Stockach, zu sichern.
Dass wir eine Gemeinschaftsschule zum Beispiel in Hilzingen bekommen haben, das war ebenfalls ein starkes Zeichen. Die Erweiterung und der Ausbau von Schulen, das war etwas, wofür ich mich immer eingesetzt habe.
WOCHENBLATT: Und wie sieht es mit Niederlagen aus?
Hans-Peter Storz: Ich würde es nicht als persönliche Niederlagen bezeichnen. Der Wechsel von Regierung in Opposition war natürlich eine Riesenveränderung. Von 2011 bis 2016 war ich Mitglied einer Regierungsfraktion und jetzt seit 2021 bin ich in der Opposition. Man schafft, wie man in der Opposition sagt, viel für den Papierkorb. Also wenn wir Gesetzesvorlagen machen oder Anträge für den Haushalt, dann wissen wir in der Regel im Vornherein, dass die abgelehnt werden. Das ist natürlich ein bisschen frustrierend.
WOCHENBLATT: Sie sind nicht nur Landtagsabgeordneter, sondern auch Mitglied im Kreistag und im Singener Gemeinderat. Dort haben die Amtsperioden gerade erst begonnen. Gibt es da Überlegungen, wie es weitergeht?
Hans-Peter Storz: Die nächste Kommunalwahl wird erst 2029 sein. Kreistag und Gemeinderat sind zwei Gremien, in denen ich hier vor Ort handeln kann. Hier sieht man konkret, was man bewirkt. Und die Bürgerinnen und Bürger fragen auch konkreter nach. Ja, das werde ich auf jeden Fall weitermachen.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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