Neujahrsempfang in herausfordernder Zeit
"Pessimismus war gestern"
Rielasingen-Worblingen. Der traditionelle Neujahrsempfang in Rielasingen-Worblingen lockte am vergangenen Sonntag so viele Gäste in die Talwiesenhalle, dass diese bis auf den letzten Platz gefüllt war. Bürgermeister Ralf Baumert nutzte in seiner Ansprache die Möglichkeit, einen kurzen Rückblick auf das Jahr 2022 zu geben. Dabei freute er sich über die überragende Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, die es zusammen mit dem wieder belebten Unterstützerkreis im Ehrenamt geschafft hatte, die große Anzahl ankommender Flüchtlinge in privatem Wohnraum unterzubringen. Durch die Bereitstellung einer Leichtbauhalle würde die Gemeinde in den kommenden Monaten weder kommunale Hallen noch weiteren Wohnraum zur Verfügung stellen müssen.
Viele Projekte seien in den letzten beiden Jahren angestoßen und umgesetzt worden, angefangen von Straßen- und Gebäudesanierungen bis hin zur Erschließung von Gewerbegebieten.
Photovoltaik für Klimaschutz
Viel Zeit verwendete das Gemeindeoberhaupt, um die Pläne für das kommende Jahr zu erläutern. »Wir gehen mit Optimismus ins Jahr 2023. Pessimismus war gestern«, wurde der Bürgermeister nicht müde zu betonen. Die Agenda, die sich die Gemeinde gesetzt hat, zeigte sich lang und anspruchsvoll.
»In Sachen Klimaschutz sind weitere Photovoltaik-Anlagen geplant, 15 Hektar sind vom Landratsamt bereits als geeignete Flächen gekennzeichnet«, betonte Ralf Baumert, um mit der geplanten Wärmeplanung fortzufahren. Auch wolle die Gemeinde der aktuellen Energiekrise gerecht werden und weiterhin mit entsprechenden Einspar- und Sanierungsmaßnahmen, wie der Anschaffung von stationären raumlufttechnischen Anlagen und den Schulen weitermachen.
Feuerwehr und Mobilität
Das Feuerwehrhaus werde auf KfW 40 Standard gebracht. Sichtbar stolz erklärte er das geplante Energiekonzept des künftigen Baugebiets »Langenäcker« in Worblingen, welches auf dem allerneuesten Stand durchgeplant werden wird. Ebenso bedeutend sei die städtebauliche Neu- und Umgestaltung der Rielasinger Hauptstraße mit einem ganzheitlichen Mobilitätskonzept, welches Autos, Fußgänger, Radfahrer, Kinder und alte Menschen gleichermaßen berücksichtigen werde. »Ich erwarte eine deutliche Verbesserung mit dem Park-Such-Verkehr«, sagte Ralf Baumert.
Als weitere wichtige Themen listete er die Weiterführung des Hochwasserschutzkonzepts an der Radolfzeller Aach auf, welches nach acht Jahren wieder Fahrt aufnehmen soll. »Eine Rielasinger Total-Überschwemmung, wie wir es 1938 erlebt hatten, darf es nie wieder geben«, forderte er.
Weiter stünde die Generalsanierung der Leichtathletikanlagen in der Talwiese und die Angebotserweiterung durch einen zweigruppigen Waldkindergarten ab Frühjahr 2024 auf der Agenda.
Ehrenmünzen der Gemeinde
In alter Tradition folgend gab es auch bei dem diesjährigen Empfang Ehrungen. Über eine »Ehrenmünze« durfte sich sowohl Musikschuldirektorin a. D. Ulrike Brachat als auch Werner Landsperger vom FC Rielasingen-Arlen freuen. Beide erhielten die Auszeichnung in Anerkennung ihrer außerordentlichen langjährigen Verdienste, Ulrike Brachat für ihr musikalisches Engagement und Werner Landsperger für die örtlichen Fußballvereine FV Arlen bzw. 1. FC Rielasingen-Arlen.
Laudator Edgar Auer würdige die langjährige großartige Leistung Ulrike Brachats. Dabei legte er den Fokus darauf, dass durch die Geehrte die Musikschule als kultureller Standortfaktor in der kommunalen Bildungslandschaft wichtig geworden sei. Die intensive Zusammenarbeit der Musikschule mit öffentlichen Schulen und Kindergärten sei Ulrike Brachat besonders am Herzen gelegen. Die Vorbereitung auf Wettbewerbe sei von ihr ein Add-on, also eine Zugabe gewesen. Dabei vergaß er nicht, dass sie die Musikschule bis in die Bundesfinalen katapultiert hatte. Und zuletzt habe sich im Bereich »Event und Unterhaltung« besonders verdient gemacht, fasste Laudator Edgar Auer zusammen. Die Geehrte bedankte sich mit einer ausführlichen Rede, in der sie aufzeigte, dass ihre Familie seit Generationen mit und für die Musik lebte. Sie nutzte ihre Rede in besonderer Weise, um sich darin für eine wertebasierte Gesellschaft stark zu machen. »Musik steht im Zentrum dessen, was wir als menschlich bezeichnen, Musik ist Humanismus«, erinnerte sie. Humanismus schaffe Verbindungen, wo es vorher vielleicht keine gab, sagte sie und schlug mit diesen Worten den weitgespannten Bogen vom gemeinschaftlichen Miteinander in einer Gemeinde bis hin zur großen Weltpolitik.
Auch Laudator Erwin Gräble hatte in seiner perfekt gehaltenen und unterhaltsamen Rede Mühe, das lange Wirken des geehrten 77-jährigen Werner Landsperger in einer kurzen Rede zusammenzufassen. Der Geehrte habe als 10-jähriger mit dem Fußballspielen begonnen, doch sollte es dabei nicht bleiben. Schon bald habe er Führungsrollen übernommen, beginnend als Mannschaftskapitän, später in den Vorstandsschaften der Vereine. Mitunter hatte er Mammutaufgaben zu stemmen, beispielsweise die Fusionierung der Fußballvereine zum 1. FC Rielasingen-Arlen. »Lange Zeit hast Du dort die Kasse gemacht. Das bei einem so großen Verein solch eine lange Zeit zu tun, verdient den größten Respekt«, lobte Erwin Gräble.
Bevor der stellvertretende Bürgermeister Rudolf Caserotto zum Sektempfang einlud, fand er in einer kurzen Ansprache bestätigende Worte für Bürgermeister Ralf Baumert, er fand aber auch Mahnende. »Wir gehen optimistisch in das Jahr 2023, aber wir werden viele Entscheidungen treffen müssen. Nicht alle Entscheidungen werden populär sein.« Dabei lud er alle Bürgerinnen und Bürger ein, sich bei der Meinungsfindung für die richtige Entscheidung zu beteiligen.
Abgerundet wurde der Empfang durch die Jugendmusikschule westlicher Hegau e.V. wobei zum Abschluss das »Klinghoff-Quintett« Premiere hatte und zwei wunderbare Stücke von Luigi Boccherini offerierte.
Autor:Uwe Johnen aus Singen |
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