Ganztagesbetreuung an Grundschulen
Wie die Kommunen mit dem neuen Gesetz umgehen

Ab August 2026 gilt für alle Erstklässler ein Anspruch auf Ganztagesbetreuung, der in den folgenden Jahren um jeweils eine Klassenstufe ausgeweitet wird. Davor stehen aber noch einige Arbeiten an - wie beispielsweise hier in der Bruderhofschule in Singen. | Foto: Juleda Kadrija Montage: Kim Kroll
  • Ab August 2026 gilt für alle Erstklässler ein Anspruch auf Ganztagesbetreuung, der in den folgenden Jahren um jeweils eine Klassenstufe ausgeweitet wird. Davor stehen aber noch einige Arbeiten an - wie beispielsweise hier in der Bruderhofschule in Singen.
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Landkreis Konstanz. Nach dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz folgt nun auch die Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter. In 2026 tritt ein entsprechendes Gesetz in Kraft, das die stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder regelt. So gehen die Kommunen in der Region damit um.

"Mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter soll eine Betreuungslücke geschlossen werden, die nach der Kita für viele Familien entsteht, sobald die Kinder eingeschult werden", heißt es seitens des Gesetzgebers. Darin wird festgelegt, dass ab August 2026 alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch darauf haben, ganztägig gefördert zu werden. Dies wird dann in den folgenden Jahren jeweils um die zweite, dritte und vierte Klasse erweitert. Das bedeutet, dass ab August 2029 ein Rechtsanspruch für alle Grundschüler auf Ganztagesbetreuung besteht.

Der Rechtsanspruch sieht eine Betreuung von acht Stunden - inklusive Unterrichtszeit - an allen fünf Werktagen vor und gilt auch in den Ferien. Schließzeiten sind demnach für maximal vier Wochen möglich. Eine Pflicht, das Angebot auch in Anspruch zu nehmen, gibt es aber nicht. Dabei gibt es einen Spielraum, wie dem Rechtsanspruch nachgekommen werden soll. Möglich ist das beispielsweise über Horte, Ganztagsgrundschulen oder mit der verlässlichen Grundschule.

Mitten in der Vorbereitung ist die Stadt Singen. Hierzu gab es jüngst im Ausschuss für Schule und Sport einen ausführlichen Sachstandsbericht. "Bereits in den 2000er Jahren wurde das Thema Ganztag umfassend umgesetzt", heißt es darin. "Stand heute ist, dass alle sechs Grundschulen in der Kernstadt als Ganztagsschulen genehmigt sind. Bei den Ortsteilgrundschulen ist ein Betreuungsangebot in Form der verlässlichen Grundschule oder der flexiblen Nachmittagsbetreuung gegeben." Damit verfüge die Stadt über eine sehr gute Basis, um die Umsetzung des Rechtsanspruchs zu stemmen.

Allerdings stehen der Stadt Investitionsmaßnahmen bevor. Denn während beispielsweise in der Beethovenschule die Mensa ausreichend groß und Räumlichkeiten ausreichend zur Verfügung stünden, müsste etwa in der Bruderhofschule die Mensa neu gebaut werden. Die notwendigen Maßnahmen sind für die Jahre 2025 und 2026 geplant.

Aufbauen auf Erfahrungen

Ein sehr umfassendes Angebot vorweisen kann die Stadt Radolfzell, wie Birgit Reichmann, Fachbereichsleiterin für Bildung, Jugend und Sport, auf Nachfrage des WOCHENBLATTs mitteilte. So werde derzeit an der Tegginerschule, der Ratoldusschule und der Storchenschule Böhringen sowie dem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum Lernen (SBBZ) ein Ganztagesangebot für Grundschüler angeboten.

„An allen Grundschulen in der Stadt gibt es ergänzend oder auch parallel zum Ganztag ein umfassendes Schulkindbetreuungsangebot, die sogenannte Kinderzeit“, so Reichmann. Diese biete Betreuung von 7 Uhr bis Schulbeginn und von Schulende bis 14, 16 oder 18.30 Uhr. Die Endzeit dieses Angebots richte sich laut Birgit Reichmann nach dem Bedarf der Eltern.

Darüber hinaus bietet die Stadt Radolfzell für seine Grundschüler ein zentrales Ferienbetreuungsangebot in allen Schulferien des Jahres außer drei Wochen (Weihnachten/Neujahr und eine Woche in den Pfingstferien) an, wozu man sich wochenweise anmelden kann. Hierbei werde Reichmann zufolge auch die Lücke für die Vorschüler, die mit Ende des letzten Kindergartenjahres, meist Ende Juli, endet aus der Kita ausscheiden und erst Mitte September in die Schule aufgenommen werden, geschlossen.

Das Ganztagesangebot wird derzeit von 259 SchülerInnen wahrgenommen, was rund 22 Prozent der GrundschülerInnen ausmacht. „Das Kinderzeitangebot wird aktuell von 447 Schülerinnen und Schüler wahrgenommen, sprich 38 Prozent der Grundschüler, die Ferienbetreuung hatte im vergangenen Jahr über 800 Anmeldungen“, ergänzt Reichmann. Der Städte- und Gemeindetag rechnet ihr zufolge mit 70 bis 80 Prozent Nachfrage für 2026 bis zu den Folgejahren 2029. „Aktuell decken wir bereits 60 Prozent der Grundschüler mit einem bedarfsgerechten Angebot ab. Wir rechnen damit, dass die Nachfrage noch steigen wird. Zehn Prozent unserer Grundschüler wären etwa 120 Kinder mehr im Ganztag oder Kinderzeit.“

In Radolfzell habe man derzeit einige Überlegungen vorangebracht, um den Bedarf hierfür abzudecken, wie Reichmann verrät: "Der Ausbau der Kinderzeit wurde bereits seit 2016 von Bürgermeisterin Monika Laule mit Unterstützung des Gemeinderats an allen Grundschulen inklusive Ortsteile vorwärtsgetrieben, mit dem Ziel, Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen. Die Kinderzeit hat ein eigenes pädagogisches Konzept und ein eigenes Weiterbildungsmodul für die eingesetzten Betreuungskräfte. Wir sind aktuell in Gesprächen, eine weitere Grundschule als Ganztagsschule auszubauen. Insgesamt wollen wir das bisherige Konzept beibehalten und sind dabei, die Kinderzeit insbesondere hinsichtlich seiner pädagogischen Ausrichtung weiter zu stärken. So stellen wir aktuell für die Kinderzeit mehrere pädagogische Teamleitungen und auch eine pädagogische Fachberatung ein."

Steigende Nachfrage in den Ferien

In Tengen wird bereits seit 2012 an der Grundschule -Nachbarschaftsschule- angeboten. „Parallel zur Ganztagsschule bietet die Randenstadt auch ein kostenpflichtiges Kernzeitangebot an. Die Betreuungszeit liegt hier von 7 Uhr bis 13.30 Uhr“, teilte Hauptamtsleiterin Ramona Huber dem WOCHENBLATT mit. Aktuell gehen in Tengen von 213 Schülern 73 in die Ganztagesbetreuung, was rund 34 Prozent entspricht.

„Wir gehen nicht von einem sehr viel höheren Bedarf der Ganztagesbetreuung an Schultagen aus, sondern hauptsächlich bei der Betreuung während der Schulferien“, erläutert Bürgermeister Selcuk Gök den Bedarf bis 2029. Hier habe man bei der Ferienbetreuung, die seit 2020 in einer Woche der Pfingstferien und in zwei Wochen der Sommerferien angeboten werden, die Erfahrung gemacht, dass dieser Bedarf immer mehr ansteige. Aktuell werde in Tengen der Ganztagesbetrieb und die Ferienbetreuung von einem engagierten, verlässlichen und motivierten Team durchgeführt, die den SchülerInnen immer wieder ein abwechslungsreiches Angebot ermöglichen. „Zum einen muss und wird dieses Team erweitert werden, zusätzlich gibt es auch Überlegungen wie die vielfältigen Vereine in Tengen in diese Betreuung eingebunden werden können“, so Gök.

Anders sieht es in Stockach aus, wo laut Hauptamtsleiter Hubert Walk derzeit an allen Grundschulen ein Betreuungsangebot eingerichtet ist. „In fünf Schulferienwochen gibt es ein zentrales Ferienbetreuungsangebot an der Grundschule Stockach. Hinzu kommt der Schülerhort mit dem einem sehr weitgehenden Angebot.“ Derzeit seien ihm zufolge im Schülerhort 45 Plätze belegt, in der flexiblen Nachmittagsbetreuung sind es an allen Standorten rund 170 bis 180 Kinder. „Die Ganztagsschule in Stockach hat aktuell 69 angemeldete Kinder“, so Walk.

Aktuell gehe man seiner Aussage nach in Stockach nicht davon aus, dass der Bedarf allein wegen des Rechtsanspruches steigen werde, so werden schon heute die Angebote nicht in vollem Umfang genutzt. „Gleichwohl richten wir uns aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen auf eine leicht steigende Nachfrage ein“, erläutert Hubert Walk. Zur Bedarfsdeckung sei in Stockach derzeit ein Grobkonzept in Arbeit, welches dem Gemeinderat noch in diesem Frühjahr vorgestellt werden soll.

Vom Land fehlen noch Antworten

Auch in Steißlingen gibt es bereits eine Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter, wie Bürgermeister Benjamin Mors erklärt. Von 50 zur Verfügung stehenden Plätzen seien demnach derzeit 48 belegt. Inwiefern sich die Nachfrage in Zukunft steigern wird, kann noch nicht gesagt werden. „Im Moment sind keine Bedarfe über das bestehende Angebot der Gemeinde hinaus bekannt, was grundsätzlich auch ein Argument gegen die unnötige Schaffung eines Rechtsanspruchs darstellt“, betont der Bürgermeister. „Es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass es mittel- und langfristig zu einem Anstieg der Nachfrage kommen wird.“
Problematisch sieht Benjamin Mors, dass es noch immer offene Fragen gibt, die die Landesregierung beantworten muss und die einem Konzept im Wege stehen. „Wir haben noch immer nicht die nötige Verwaltungsvorschrift dazu“, sagt er. So sei beispielsweise ungeklärt, welche konkreten Anforderungen an das Personal gestellt werden. „Ohne das zu wissen, können wir nicht in ein Konzept einsteigen.“

Ähnliche Töne gibt es aus Bodman-Ludwigshafen zu vernehmen. „Insgesamt sind noch nicht alle Fragen vom Kultusministerium geklärt“, teilt Bettina Donath mit, die bei der für das Sachgebiet Kindergärten und Schulen zuständig ist. „Hier warten wir auf weitere, klarstellende Informationen.“ Auch hier gibt es bereits Ganztagesbetreuung und „verlässliche Grundschule haben wir in der Gemeinde seit über 20 Jahren“. Dabei werden weder für verlässliche Grundschule noch Nachmittagsbetreuung Elternbeiträge erhoben.

Seit vier Jahren gibt es zudem eine von der Gemeinde organisierte Schulferienbetreuung, deren Nachfrage insbesondere in den letzten beiden Wochen der Sommerferien erfahrungsgemäß hoch sei. „Für die Pfingstferien gibt es in der Regel keinen großen Bedarf, weil hier viele Familien ihren Haupturlaub machen. In den Herbstferien gab es bisher immer zu wenige Anmeldungen.“ Räumlich sei die Schule gut ausgestattet. Derzeit werden noch Räume übergangsweise vom Kindergarten St. Michael genutzt. Diese werden 2025 aber wieder frei, sodass dann vier Klassenzimmer zur Verfügung stehen. "Problematischer dürfte es werden, Personal für die Betreuung, insbesondere in den Schulferien zu bekommen."

von Philipp Findling und Tobias Lange

Autor:

Redaktion aus Singen

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