Was das Kriegergrab so besonders macht
Das Gold von Güttingen
An was erinnert sich eine Person gerne zurück, die sich durch den Beruf jeden Tag mit der Vergangenheit beschäftigt? Für Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald ist die Antwort recht einfach. „Mein persönliches Highlight stammt aus einem Gräberfeld in Güttingen. Dort, wo heute ein Netto-Markt steht.“
Im Jahr 2009 stieß er dort auf ein Grab aus der Zeit 1500 bis 1350 vor Christus mit bemerkenswertem Inhalt. „Von dem Skelett war fast nichts mehr erhalten. Es lag aber eine Gewandnadel im Grab und ein Schwert“, berichtet der Archäologe. „Es gehört zu den ersten Schwertern, die es überhaupt gab. Vorher gab es nur Dolche.“
Solche Schwerter waren alles andere als Massenware. „Die Materialmenge für so ein Bronzeschwert ist beachtlich. Dann kommt der Guss- und Schmiedevorgang dazu, der nur von Spezialisten ausführbar war. Das war ein echter Wertgegenstand“, sagt Jürgen Hald.
Doch es blieb nicht bei dem Schwert allein. „Ich erinnere mich noch gut daran. Einer der Studenten, die damals mitgearbeitet haben, rief mich an – ich war zu der Zeit bei einer Grabung in Bodman - und sagte: ‚Ich glaube, da ist Gold‘.“ Und tatsächlich: „Wo der Schwertgriff gewesen sein muss, steckte ein Goldring aufrecht in der Erde.“ Im Bereich des Halses fanden sich zudem zwei kleine „Spiralen“ aus Gold, die in Zöpfe oder den Bart eingeflochten worden waren. „Das zeigt seinen sozialen Status als besserer Landwirt, dem der Hof gehörte. Das waren Bauern, die zu einem gewissen Wohlstand gekommen waren und das demonstrativ zeigten“, so der Archäologe.
Entsprechend groß war dann auch die Freude, erinnert sich Jürgen Hald. „Das sind außergewöhnliche Funde, die man nicht jeden Tag hat.“ Die Kombination Goldring und Schwert gebe es „nur zwei-, dreimal in Baden-Württemberg“. Dennoch war das Ausgrabungsteam darum bemüht, nicht zu früh mit diesem Fund an die Öffentlichkeit zu gehen.
„Wir haben eher so reagiert, dass wir gesagt haben: ‚Hoffentlich hat es noch niemand gesehen‘. Wir wollten es nicht sofort publik machen, sondern in Ruhe dokumentieren und es erst mitteilen, wenn alles geborgen ist“, erklärt Hald. Es sei befürchtet worden, dass sich ansonsten jemand nachts an den Funden bedient, die noch nicht herausgenommen werden konnten, weil sie noch nicht dokumentiert worden sind. „Da ist dann sogar die Polizei Streife gefahren.“
Neben Gold und Schwert machte Jürgen Hald in diesem Grab einen weiteren, interessanten Fund: Ein kleines, jungsteinzeitliches Steinbeil, das der Bestattete vermutlich in einer kleinen Tasche mit sich getragen hat. „Das war damals schon eine Antiquität. Das hat er wahrscheinlich irgendwo am Ufer bei einer Pfahlbausiedlung aufgesammelt. Zu dem Zeitpunkt war das schon 2000 Jahre alt.“ Dies zeige, dass schon die früheren Bewohner der Region an der Vergangenheit interessiert waren. „Das ist doch eine tolle Geschichte, dass der Bronzezeit-Krieger schon eine Antiquität bei sich hatte. Das hatte dann Amulett-Charakter. Es war ein Glücksbringer, ein Schutz vor Unheil.“
Die Fundstücke von damals können übrigens heute von jeder und jedem gesehen werden. Sie sind ausgestellt im Archäologischen Hegau-Museum in Singen.
Portrait:
Name: Dr. Jürgen Hald
Alter: 57
Wohnort: Konstanz
Beruf: Archäologie
Was treibt mich in meinem Tun an: Die Begeisterung für die Archäologie und auch die Notwendigkeit, diese unwiederbringlichen Quellen zu sichern und für die Nachwelt zu bewahren. Auch wenn wir momentan nicht immer alles sofort auswerten können.
Was verbinde ich mit der Region: Ich fühle mich inzwischen mit dem Hegau sehr verwurzelt. Auch wegen meiner Tätigkeit, wodurch ich ihn sehr gut kennengelernt habe. Ich lebe mittlerweile länger im Hegau als irgendwo anders – einschließlich der Kindheit.
Der Ort:
Bei einem so bedeutenden Fund wie dem Kriegergrab von Güttingen ließ es sich die regionale Politprominenz – etwa OB Jörg Schmidt - nicht nehmen, dem Fundort einen Besuch abzustatten.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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