21. Jahrhundert V
Wohnen in der Schnecke
Wie werden wir Wohnen in 50 oder 100 Jahren? Architekten sagen, dass die heute praktizierte Flächensiedlung keine sehr große Zukunft mehr hat. Unsere Landschaft ist endlich. Ein mehr und mehr verdichteter Wohnungsbau wird sich nach diesen Visionen in den nächsten Jahren immer weiter durchsetzen, die Menschen müssen näher zusammenrücken, auch um neue Formen der Energieausnutzung einführen zu können, wie auch um auf die immer stärker in den Vordergrund tretende Erscheinung des "Einzelmenschen" zu reagieren.
Wie die Wohnungen in der Zukunft aussehen, das wollte die Familie Willauer Ende letzten Jahres von Studenten der Blocherer-Schule für Innenarchitektur in München aus Anlass des 100-Jährigen Bestehens des Möbelhauses in Singen wissen. In 100 Jahren, so analysieren die Studenten, wird es auch die klassische Wohnung von heute nicht mehr geben. Die immer stärker geforderte Flexibilität und dadurch immer häufigere Wohnungswechsel wie auch die Entwicklung, dass viele Teile der Arbeit nach Hause verlagert wird und die immer weiter fortschreitende Vereinzelung der Menschen bringen einen neuen Typ des Wohnens hervor. Um weiter eine "Heimat" zu haben, haben sich die angehenden Innenarchitekten die Wohnung in der Wohnung ausgedacht. Ein Schneckenhaus, in das man sich zurückziehen kann, und das man mitnimmt, wenn man wieder die Stadt wechseln muss.
Info:
2000/2001: In Radolfzell, Singen und Stockach werden neue Stadtoberhäupter gewählt: Rainer Stolz und Andreas Renner sind wiedergewählt.21tes Jahrhundert: Wird der Islam zum Erzfeind der westlichen Welt? Das glaubten bereits 1993 47 Prozent der Deutschen.
2005: Handel, Bau, Verkehr, Fahrzeugbau, Bergbau und Landwirtschaft bieten keine sicheren Arbeitsplätze mehr, private Dienstleistungen sind der Renner.
2007: Die Schweiz ist EU-Mitglied, an der Grenze zwischen Konstanz und Rielasingen boomen neue Unternehmen.
Im Jahr 2007 werden Häuser durch flexible Bauweisen jederzeit umzubauen sein. Eine neue Architektur wird begründet. (Delphi-Report)
2009: Der Chirurg, der nunmehr einen Mikrometer genau arbeitenden Roboter bedient, wird in den meisten Kliniken Routine.
2010: 59 Prozent der deutschen Haushalte haben digitale Empfangshaushalte, in 80 Prozent der Haushalte stehen PC`s.
2010: Nachdem die ehemaligen GUS-Staaten sich vor der Weltbank als bankrott erklären, wird auch Rußland in die EU aufgenommen.
2010: In Australien könnten zwei von drei Menschen Hautkrebs haben. Nicht alle werden sterben, aber an allen Fällen ist das Ozonloch schuld.
2016: Fast nur noch weltweite Medienverbünde. Lokale Anzeigenblätter mit guter lokaler Redaktion gewinnen, weil der Mensch vor Ort seinen Halt findet.
Im Jahr 2015 kommt der Strom aus der Fensterscheibe: Transparente polymere Solarzellen werden großflächig als Fensterglas eingesetzt.
2015: In der westlichen Welt rauchen nur noch ein Prozent Tabakwaren. Virtuelle Drogen, berauschende Software ist die Droge Nummer eins geworden.
2016: Die molekulare Struktur des Gedächtnisses wird um das Jahr 2016 aufgeklärt, sagt der deutsche Delphi-Report.
2018: 80 Prozent der Mittelständler im Landkreis haben weltweite Netze aufgebaut, sind in Konkurs gegangen oder sind zu Kleinbetrieben geworden.
2019: Der Bau der Bundesstraße 33 neu zwischen Allensbach und Konstanz könnte fertiggestellt sein, wenn die Politik mitspielt.
2020: Eine Weltordnung ist aufgestellt, die alle Gesetze und ethischen Formeln der Welt berücksichtigt. Anders sind globale Konflikte nicht mehr zu lösen.
2025: 8,1 Milliarden Menschen werden die Erde bevölkern, rund 2 Milliarden mehr als derzeit.
2023: Das erste Ein-Liter-Auto steht bei den Autohändlern der Region. In den Schubladen der Entwickler liegt es seit 10 Jahren.
2024: Das Unwort des Jahres heißt Rentenversicherung: 54 Prozent der Rentner ohne private Vorsorge leben unter dem Existenzminimum.
2025: Uno-Truppen, die nur an Computern arbeiten, kämpfen gegen das organisierte Netzverbrechen, das auch Todesopfer fordert.
2033: 55 Millionen Menschen sind seit 1999 bei Autounfällen weltweit zu Tode gekommen, mehr als im Zweiten Weltkrieg.
2050: Gegen AIDS und die meisten Krebsformen sind Genmedikamente erfunden. Die Natur schlägt zurück: Ein neuer Virus beschäftigt die Menschheit.
2075: Meeresbauern füttern Thunfische, züchten Krill (kleine Krabben). Der 1/3-Anteil an Landmasse reicht nicht mehr, um die meisten zu ernähren.
2080: Der Gigaweizen ist geboren: Ähren, so groß wie Salat-Gurken lassen sich auch im Hegau mit Hilfe der Gentechnik züchten.
2300: Auf dem Mars werden die ersten Pflanzen gezüchtet. Das Geld für die teuren Anlagen auf dem roten Planeten kommt von China, den USA und der EU.
Rückblende: 1950 hatte Jack Gavoy, New Yorker Tourismusunternehmer, verkündet: "Die erste Pauschalreise zum Mond startet am 15. März 1975." Die Leute kauften Tickets wie verrückt.
Die Landschaft der Möbel wird das Gefühl der Familie ersetzen, dadurch, dass man die Wohnung mitnimmt, verliert die Wand immer mehr an Bedeutung. Das neue funktionale Arbeits- Schlaf und Kochmöbel ist eine Insel in einem Raum geworden. Das "Schlafei" ist Symbol für den Rückzug, den der Mensch der Zukunft antreten möchte, doch er hat den Draht zur Welt mit allen Medien bei diesem physischen Rückzug immer dabei. Ob die Visionen wahr werden? Auch schon in der Bauhaus-Ära gab es ähnliche Vorstellungen einer neuen Welt, die neue Formen braucht. Das war in den 20er Jahren. Daraus wurde in den 50er Jahren die Nierentisch-Ära mit tatsächlich neuen Formen, die doch in eine Rückkehr zu rustikalen Möbeln und nun schließlich in eine neue Welle der "Natürlichkeit" mündete, welche eher konservativ geprägt ist. Auch gab es in den 50er und 60er Jahren schon einmal einen wesentlich verdichteteren Wohnungsbau als heute. Das freistehende Einfamilienhaus hat sich als Statussymbol in den letzten Jahren gestärkt. Wir werden sehen.
Oliver Fiedler
Autor:Redaktion aus Singen |
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