Verzögerung, Verteuerung, Veränderung
Pflegeheimbau in schwierigen Zeiten
Radolfzell. Eigentlich sollte dieser Tage - im Juni - die neue Pflegeeinrichtung auf der Mettnau bereits bezogen werden. Das verzögert sich allerdings um mehr als ein Jahr. Einen Einblick gab es trotzdem, bei der Baustellenbesichtigung am Dienstag, 13. Juni.
Zu Beginn der Führung gab hier Radolfzells Bürgermeisterin Monika Laule einen Überblick über das Projekt Pflegeheim auf der Mettnau. So werde der Neubau in den drei Obergeschossen Kapazität für insgesamt 90 stationäre Wohngruppenplätze bieten - jeweils zwei Wohngruppen pro Etage mit je 15 Einzelzimmern. Im Erdgeschoss entsteht Raum für sechs Personen in der Kurzzeitpflege, etwa nach operativen Eingriffen und 24 Plätze bei der Tagespflege. Ebenfalls im Erdgeschoss werde es ein Café geben, die Verwaltung hat ihren Platz im Untergeschoss. Laule ist davon überzeugt, dass am Ende der Bauarbeiten eine "moderne Pflege in einer modernen Einrichtung in guter und stadtnaher Lage für Bewohner und Personal" stehen wird.
Weiterer Drei-Millionen-Sprung
Dabei war der Bezug zum Baustart 2021 für Juni dieses Jahres geplant, dieser hat sich nun allerdings auf voraussichtlich Herbst 2024 verschoben. Ein Grund für diese Verzögerung war beispielsweise, dass aufgrund der minderwertigen Qualität während der Bauphase der Trockenbauer ersetzt wurde. Dabei mussten die bisherigen Arbeiten sogar komplett entfernt und neu gemacht werden, was mit dem neuen Unternehmen gut funktioniere, wie der zuständige Architekt, Georg Schmitzvon GMS Architekten berichtet. Auch die Kosten, die schon vor einem Jahr um drei Millionen Euro auf etwa 22,3 Millionen Euro gestiegen waren, haben nochmals einen Sprung nach oben gemacht. Trotz Einsparungen in einzelnen Bereichen betragen die Kosten laut der Bürgermeisterin mit Stand vom Mai 2023 24,8 Millionen Euro, abschließend würde man wohl bei circa 25,5 Millionen Euro landen. Zwei Drittel werden dabei aus dem Eigenkapital der Spitalfonds-Stiftung finanziert.
Über den Investitionskostensatz (IK-Satz) werde dieser Geldbetrag über die Heimbewohner refinanziert. Im Bestand, dem Altenpflegeheim Hospital zum Heiligen Geist, sei dieser Satz aktuell relativ gering und erhöht sich entsprechend durch den Umzug. Wie diese Erhöhung durch Sozialleistungen abgefedert werden kann, befinde sich noch in Klärung, berichtete Monika Laule.
"Möglichst zugänglich"
Über die architektonischen Details klärte im Anschluss während der Führung Georg Schmitz auf. Das Projekt sei "barrierefrei und möglichst zugänglich" gestaltet, wenn das auch am Dienstag noch nicht so war. Dass das Gebäude im Moment noch mit Baumaterial voll gestellt sei, erklärt er mit der komplexen Organisation der Arbeiten aktuell, wo zehn Gewerke zugleich tätig sind. Das gelinge "Stand heute noch sehr gut".
Bei den Räumlichkeiten an sich wurde laut Schmitz viel Wert auf Flexibilität gelegt. So lässt sich der Besprechungsraum auch anderweitig, etwa für Veranstaltungen, nutzen und ein großer Raum im Bereich der Tagespflege bei Bedarf unterteilen. Damit die nur am Tag betreuten Personen miteinander in Kontakt kommen, gibt es eine "Kommunikationszone", sowie einen Ess- und Außenbereich, zudem eine Kochinsel als offene Möglichkeit zur Essenszubereitung und zwei Ruheräume.
Um von Fördergeldern zu profitieren, wurde die ursprünglich angedachte Pflegeoase zur Kurzzeitpflege, um das "kurz noch zu ändern", wurde eine Verzögerung durch belastetes Material im Boden genutzt. Genau wie bei der vollstationären Pflege sind hier die sechs Zimmer einzeln belegt.
Kurze Wege
Zwischen den beiden Wohngruppen in den Obergeschossen befindet sich zentral ein Personalaufenthaltsbereich, von dem wiederum der direkte Zugang zu den zwei Dienstzimmern möglich ist. Die Einzelzimmer sind jeweils mit Nasszelle, Bett, Tisch, Stuhl, Fernseher, Telefon und einer Fenster-Sitzbank inklusive Absturzsicherung ausgestattet. Im ersten Obergeschoss befindet sich außerdem eine spezialisierte Demenzstation, für besonders schwer an Demenz erkrankte Personen.
Das ganze Gebäude wird über eine Fußbodenheizung per Wärmepumpe beheizt. Das Dach wird begrünt und auf den verfügbaren Flächen mit Photovoltaik-Anlagen bebaut. Die Baumaterialien seien laut Georg Schmitz zum großen Teil nachhaltig, etwa durch Recycling-Beton und eine Holzständerbauweise. Hier habe man mit dem Bodenbelag aus Vinyl aufgrund von hygienischen Gründen den größten Kompromiss in puncto Nachhaltigkeit machen müssen.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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