Klares Signal zum Erhalt der Streuobstwiesen
Gerhard-Thielcke-Preis für die Initiatoren des Artenschutz-Volksbegehrens

Tobias Miltenberger, die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch und David Gerstenmeier bei der Übergabe des Gerhard Thielcke-Preises am Donnerstagabend im Rahme der Radolfzeller Naturschutztage. | Foto: Miklas Hahn / BUND BW
  • Tobias Miltenberger, die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch und David Gerstenmeier bei der Übergabe des Gerhard Thielcke-Preises am Donnerstagabend im Rahme der Radolfzeller Naturschutztage.
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Radolfzell. Der BUND Baden-Württemberg hat am Donnerstag bei den 46. Naturschutztagen am Bodensee den Gerhard-Thielcke-Preis an Tobias Miltenberger und David Gerstmeier verliehen. Die beiden Imker initiierten im Jahr 2019 das „Volksbegehren Artenschutz: Rettet die Bienen“ im Land. Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert und wird seit dem Jahr 2006 durch den BUND-Landesvorstand an besonders engagierte Natur- und UmweltschützerInnen vergeben.

"Mit unglaublichem persönlichen Einsatz haben Tobias Miltenberger und David Gerstmeier dabei den Spagat gemeistert, Verbände, Institutionen und sogar Unternehmen an einen Tisch zu bekommen“, erklärt Sylvia Pilarsky-Grosch die Entscheidung des Landesvorstands. Die Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg lernte die beiden 2019 kennen und war besonders von der Beharrlichkeit und Geschwindigkeit aber auch von der großen Kompetenz und dem moderaten Ton beeindruckt, mit dem sie ihr Vorhaben verfolgten. „Eigentlich haben die beiden alles gleichzeitig gemacht: die möglichen Verbündeten angesprochen, dabei aber im Frühjahr 2019 auch schon (fast) mit dem Start der nötigen UnterstützerInnen-Unterschriften begonnen.“ Am Ende fanden sich neben dem Trägerkreis für das Volksbegehren, dem 13 Verbände, Institutionen und Unternehmen angehörten, über 100 weitere Unterstützer.

Im Mittelpunkt des Volksbegehrens standen Forderungen an das Land, Streuobstwiesen zu schützen, öffentliche Flächen bienenfreundlich zu gestalten, künstliche Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden abzuschalten, den Biotopverbund zu stärken, Pestizide in Schutzgebieten zu verbieten oder zu reduzieren sowie den ökologischen Landbau zu fördern. „Wir wollen die größte ökologische Katastrophe unserer Zeit in Baden-Württemberg bekämpfen und unseren Kindern ein lebenswertes Ländle hinterlassen“, erklärten Tobias Miltenberger und David Gerstmeier ihren Einsatz für das Volksbegehren.

Fulminanter Start des ersten Volksbegehrens im Land

„Zwischen Ende Mai und Ende Juli 2019 unterschrieben rund 36.000 stimmberechtigte Bürger den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens – mehr als das Dreifache der gesetzlich vorgeschriebenen Stimmen“, erinnert sich Pilarsky-Grosch an den fulminanten Start. Ende Juli 2019 übergaben die Initiatoren und die weiteren Mitglieder des Trägerkreises dem baden-württembergischen Innenministerium den Zulassungsantrag mit den Unterschriftenlisten und einem ausgearbeiteten Gesetzentwurf. Ab Ende September 2019 startete dann das erste Volksbegehren Baden-Württembergs. Um das Volksbegehren mit seinem Gesetzentwurf in den Landtag zu bringen, hätten binnen eines halben Jahres zehn Prozent der Wahlberechtigten (knapp 770.000) dafür unterschreiben müssen.

Heftige Diskussion und ein Angebot der Regierung

Aber es sollte anders kommen. „Landauf, landab wurde diskutiert und auch richtig heftig über das Volksbegehren gestritten“, erklärt die Landesvorsitzende. „Dies erkannte auch die Politik“. Auf Geheiß des Ministerpräsidenten mussten sich Umwelt- und Landwirtschaftsministerium an einen Tisch setzen, um ein Eckpunktepapier zum Volksbegehren als Verhandlungsangebot der Landesregierung vorzulegen. „Die beiden Ministerien, der Trägerkreis des Volksbegehrens und mehr als 30 landwirtschaftliche Verbände aus Baden-Württemberg erarbeiteten daraus bis Dezember 2019 einen alternativen Gesetzentwurf, dem mit einer Ausnahme alle am ,Runden Tisch‘ vertretenen Akteure zustimmten.“

Seit 1. Januar 2021 gilt nun in Baden-Württemberg das Biodiversitätsstärkungsgesetz, das aus dem Volksbegehren hervorging. Für die Umsetzung des Gesetzentwurfs wurden 62 Millionen Euro zusätzlicher Mittel aus dem Landeshaushalt für zwei Jahre zur Verfügung gestellt. „Der Kompromiss ist uns zwar schwergefallen. Wir sind ihn aber eingegangen, weil dadurch die Landwirtschaftsverbände weniger Pestiziden und mehr Öko-Landbau zugestimmt haben“, erinnert sich Tobias Miltenberger.

Es gebe aber nach wie vor viel zu tun. „Für die Zukunft wünsche ich mir eine konsequentere Umsetzung des Gesetzes“, so Miltenberger. „Die Zielvorgaben müssten schneller erreicht werden. Wir müssen jetzt Gas geben“, findet David Gerstmeier. Sonst könne man das Artensterben mit dem Gesetz nicht aufhalten, auch wenn es sehr weitreichend sei. „Auch wenn wir derzeit mit der Umsetzung des Gesetzes noch alles andere als zufrieden sind, ist es dem persönlichen Einsatz der beiden Preisträger zu verdanken, dass wir uns nun darauf berufen und die Umsetzung der Vorgaben einfordern können. Sie haben damit den Natur- und Artenschutz im Land nachhaltig geprägt“, betont Sylvia Pilarsky-Grosch.

Schon in jungen Jahren viel bewegt

Dabei sind die beiden Preisträger auch vor dem Einsatz für das Volksbegehren schon viel herumgekommen und haben einiges bewegt. David Gerstmeier machte nach der Schule eine Ausbildung zum Imker. Danach hat er mehrere Jahre in Westafrika verbracht und dort das Imkereiprojekt „Miel des Savannes“ aufgebaut. Heute leitet der 32-Jährige die Demeter-Imkerei Summtgart in Leutkirch im Allgäu.
Tobias Miltenberger ist gelernter Energieelektroniker und lernte auf einer Südamerika-Reise die Bienen kennen. Nach seiner Rückkehr absolvierte der gebürtige Neckarsulmer deshalb noch ein Landwirtschaftsstudium. Nach weiteren Stationen als Solartechniker und Imker, gründete der heute 46-Jährige mit David Gerstmeier 2016 „proBiene – Freies Institut für ökologische Landwirtschaft“ in Stuttgart. Als Geschäftsführer des gemeinnützigen Instituts engagiert er sich dort bis heute für Insekten- und Artenschutz, ökologische Bienenhaltung und Bildung für nachhaltige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

Die Auszeichnung mit dem Gerhard-Thielcke-Preis ist für Tobias Miltenberger „eine schöne Wertschätzung für unser Engagement und die Sache.“ Auch David Gerstmeier freut sich, dass damit „die gemeinsame Leistung der vielen engagierten Unterstützer“ geehrt wird. Das Preisgeld möchte er in jedem Fall wieder für den Naturschutz einsetzen. Tobias Miltenberger möchte damit ein Kooperationsprojekt von „proBiene“ in Nigeria unterstützen. „Wir werden damit unser Kinderbuch über die Honigbiene übersetzen und kulturell anpassen, um es vor Ort einsetzen zu können“, so der Stuttgarter.

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Presseinfo aus Singen

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