Gregor Thomann vor Duell mit Zwillingsbruder
„Wenn du das Spiel nicht liebst, spielst du nicht in Konstanz“

"Allein schon die Tabellenkonstellation sorgt dafür, dass es eine besondere Partie wird." (Gregor Thomann (links) vor dem Duell gegen seinen Zwillingsbruder Julian und die Wölfe Würzburg). | Foto: Michael Elser
  • "Allein schon die Tabellenkonstellation sorgt dafür, dass es eine besondere Partie wird." (Gregor Thomann (links) vor dem Duell gegen seinen Zwillingsbruder Julian und die Wölfe Würzburg).
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Konstanz. Für Gregor Thomann ist das Heimspiel der HSG Konstanz am Freitag, 18. November um 20 Uhr in der Schänzle-Hölle gegen die Wölfe Würzburg ein ganz besonderes. Dann trifft er auf seinen eine Minute jüngeren Zwillingsbruder Julian, Trainer der Wölfe. Gregor Thomann, 30 Jahre alter Rechtsaußen, war im Sommer vom HBW Balingen-Weilstetten mit der Erfahrung aus 100 Erstliga-Partien zur HSG zurückgekehrt und erzielte bislang 24 Saisontore. Im Interview spricht er über die „fruchtende Zusammenarbeit“ mit Lukas Köder, wiedergewonnenen Spaß und Stärke, die besondere Bindung zu seinem Zwillingsbruder und zwei Highlight-Spiele hintereinander.


Gregor, vor ein paar Wochen hattest du konstatiert, dass die HSG im Moment „nicht das Niveau der anderen Mannschaften in der 2. Bundesliga“ zeige. Wenige Wochen später tritt die Mannschaft komplett anders auf und hat inzwischen sieben Punkte auf dem Konto. Woher kommt diese Wende innerhalb so kurzer Zeit?

Zum großen Teil liegt das daran, dass wir nun näher an unserem Topniveau sind. Es lag vor allem an uns. Wir haben Zeit benötigt, um in dieser Liga anzukommen und haben dafür viel investiert. Die letzten Wochen machen einfach nur Spaß.

Du selbst hattest vor der Saison als persönliches Ziel ausgegeben, „mit Spaß zurück zu alter Stärke“ zu finden. Ist das gelungen?
Auf jeden Fall. Ich spiele denke ich eine stabile Runde, nachdem es nach einem schweren letzten Jahr nicht einfach war, wieder richtig reinzukommen. Dafür habe ich hart gearbeitet, meine Probleme mit der Patellasehne in den Griff bekommen und mich in der Abwehr gesteigert. Ich fühle mich sehr gut und habe einiges an Selbstvertrauen getankt. Auch weil es im Team einfach gut passt. Insbesondre mit meinem Gespannpartner Lukas Köder.

Die HSG hat mit Lukas und dir zwei starke Rechtsaußen. Wie geht ihr mit der Situation um und wie läuft die Zusammenarbeit?

Wir kommen super miteinander klar. Ich nehme dies als sehr wertschätzende, fruchtende Zusammenarbeit wahr, die richtig viel Freude macht. In unserem tollen Sport ist es nicht so wichtig, wer wann spielt. Dass wird die Punkte holen steht im Vordergrund. Darüber hinaus freuen wir uns, wenn der andere etwas gut macht oder sieht, was man besser machen könnte. Für mich ist das kein Konkurrenzkampf, sondern wir wollen zusammen Spiele gewinnen, gönnen uns die Erfolge und wechseln uns teilweise untereinander aus. Wenn Luki acht von acht wirft, stehe ich an der Bank, wedele mit dem Handtuch und reiche das Wasser. Wenn ich gebraucht werde, bin ich mit Freude zur Stelle.

Das letzte Spiel stand unter dem Motto „wenn du das Spiel liebst“. Die Antwort war klar. Was macht dieses Team aus?

Wenn du das Spiel nicht liebst, spielst du nicht in Konstanz. Hier hat jeder richtig Bock auf Handball, möchte Leistung zeigen und besser werden. Jeder weiß, dass er hier auch noch etwas neben dem Handball machen muss. Keiner bezeichnet Handball hier als Arbeit. Bei der HSG steht ein Team auf der Platte, das zusammenpasst und zusammenhält.

Am Freitag, 20 Uhr, kommt es in der Schänzle-Hölle zu einem ganz besonderen Duell gegen deinen eine Minute jüngeren Zwillingsbruder Julian, Trainer der Wölfe Würzburg. Wird vor diesem Duell noch über Handball gesprochen, oder will sich keiner in die Karten sehen lassen?

Wir tauschen uns täglich zu verschiedenen Themen aus. Dabei geht es in erster Linie gar nicht um Handball. Wir haben eine tolle Bindung zueinander. Lange Jahre haben wir immer zusammengespielt. Das war für uns immer ein Extra-Push. Dadurch waren wir beide bestimmt nochmal 20 Prozent besser als ohne den anderen. Was das Spiel angeht: Jeder schaut Videos und verfolgt die Teams, da gibt es keine Geheimnisse. Als Außen bin ich zudem ein Abschlussspieler und zum Beispiel kein Rückraumspieler, bei dem man sich vielleicht auf Zweikämpfe besonders vorbereiten kann.

Wie wird es dann beim ersten Duell gegeneinander? Ein besonderer Moment?

Es wird ein besonderes Spiel, ganz klar. Vor allem aber, weil es viele uns bekannte Menschen sehen wollen. Zudem sorgt allein schon die Tabellenkonstellation dafür, dass es eine besondere Partie wird. Ich freue mich sehr auf diesen Abend und ein tolles Event, ein tolles Match und sportlichen Wettkampf. Wer beim Gegner Trainer ist, war mir immer ziemlich egal.

Auch jetzt, wenn er Julian Thomann heißt?

Ich freue mich darauf und werde sicher besonders motiviert sein. Während der 60 Minuten wird mich das aber nicht beschäftigen. Ich bin heiß auf die immer voller werdende Schänzle-Hölle, viele Freuende und Bekannte in der Halle. Wir wollen zeigen, was wir draufhaben und das Heimspiel gewinnen.

Wie würdest du deinen Zwillingsbruder als Menschen und Trainer beschreiben?

Als Menschen, der eine hohe Empathiefähigkeit besitzt. Der sich gut in Menschen hineinversetzten kann, der ein gutes Gespür dafür hat, wie und wann seine Spieler gut spielen können. Mit absoluter Härte zu sich selbst, Wille, Ehrgeiz, mit dem richtigen Maß an Anspruch an seine Spieler. Ich habe großen Respekt davor, dass er in seinem Alter den Weg bei einem gestandenen Zweitligisten geht und wie er mit der schlechten Phase umgeht. Mit welcher Integrität, welchem Selbstbewusstsein er mit 30 Jahren auftritt.

Was für ein Spiel erwartest du zwischen Konstanz und Würzburg?

Ich sehe keinen Favoriten, dafür zwei Vereine, die ich sehr zu schätzen gelernt habe und die sich in vielen Bereichen sehr ähnlich sind. Würzburgs Stärken sind die Eingespieltheit und die Ruhe im Verein. Es gibt mit Patrick Schmidt und Steffan Kaufmann Spieler, die dem Verein schon lange die Treue halten. Das gefällt mir, ich war dem HBW auch lange verbunden. Aktuell sieht man jedoch auch, dass die Wölfe auf dem Zahnfleisch gehen. Hier wollen wir unsere Leichtigkeit und jugendliche Frische entgegensetzen. Der Gegner kommt mit einer Niederlagenserie, wir konnten in den letzten Wochen viel Selbstvertrauen tanken.

Eine Woche später wartet schon das nächste Highlight. Deine Rückkehr nach Balingen zu dem Club, bei dem du fast dein ganzes Leben gespielt hast.

Darauf freue ich mich auch wirklich unfassbar. Viele tolle Menschen und Teamkameraden werde ich dort sehen, die Halle wird ausverkauft sein und wir werden von beiden Fanlagern eine ganz tolle Stimmung erleben. Ich möchte in diesem Spiel zeigen, was ich kann. Für die HSG ist das ein Spiel, das wir nicht gewinnen müssen. Das ist ein Highlight-Spiel, in der Halle, in der ich wahrscheinlich 500 Mal als Spieler des HBW eingelaufen bin – und nun das erste Mal auf der anderen Seite als Gegner. Für mich gilt es, ein gutes Maß an Emotionalität zu finden, denn ich könnte ohne Warmmachen sofort loslegen. Dann kann alles passieren – das ist das Geile an unserem Sport.

Autor:

Andreas Joas aus Konstanz

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