Teil drei der Englischen Woche für die HSG
Pulver, Emotionen, Ideen auch in Lübeck?
Konstanz. Teil drei der Englischen Woche: Am Sonntag, 26. März um 16 Uhr tritt die HSG Konstanz im rund 900 Kilometer entfernten Lübeck an der Ostseeküste an. Das nächste Heimspiel in der Schänzle-Hölle findet am Freitag, 31. März, um 20 Uhr gegen Hüttenberg statt.
„Gefühle sind sehr intensiv. Ich fühle mich lebendig“
Nach der enttäuschenden Vorstellung in Dresden legte die HSG Konstanz eine bemerkenswerte Reaktion und Energie auf die Platte. Gegen den Tabellenachten und ein Schwergewicht der Liga wie die Eulen Ludwigshafen war die HSG 55 Minuten lang das dominierende und klar bessere Team – konnte sich aber nach einer Sechs-Tore-Führung „nur“ mit einem Punkt belohnen. Auf der anderen Seite bleibt festzuhalten, dass ein Punktgewinn vor dem Spiel wohl schon von vielen als Erfolg verbucht und nach dem Auftritt an der Elbe nicht für möglich gehalten worden wäre. „Holen wir uns in den letzten zwei Minuten einen Punkt nach Rückstand gegen die Eulen, gehen alle glücklich nach Hause. So sind wir alle traurig“, hatte Jörg Lützelberger im ersten Moment seine Gefühlslage beschrieben. Doch wer gegen Ludwigshafen näher an vier Punkten in beiden Spielen ist als an weniger, der hat sein Potenzial und Leistungsvermögen für die 2. Bundesliga zugleich nachgewiesen. „Man muss den Bildern manchmal einen anderen Rahmen geben“, so der Head Coach. „Nach dem abermals dramatischen Ausgang sind die Gefühle sehr intensiv. Ich fühle mich lebendig“, lächelt der 37-Jährige zwei Tage später. Schon längst wieder mittendrin in der Aufarbeitung und den Details.
„Noch nirgends so viele unglaubliche Wendungen erlebt“
„Wir gehen dort mental und handwerklich rein“, verrät er. Wenngleich sich solche Druck- und Stresssituationen nicht komplett im Training simulieren lassen und die Cleverness sich vor allem mit der Erfahrung und Reife entwickeln dürfte, so fordert Lützelberger in diesem Bereich Fortschritte von seiner Mannschaft, die in den letzten Spielminuten in dieser Saison bereits fünf bis sieben Punkte aus den Händen gegeben hat. „Auf der anderen Seite ist es auch schon eine Leistung, überhaupt dort hinzukommen“, findet er. Mit den vielen Spielen auf Augenhöhe mit den Topteams hat die HSG Konstanz unter Beweis gestellt, dass sie nach schwierigem Saisonstart schon viele Entwicklungsschritte gemacht hat und in der stärksten zweiten Liga der Welt voll konkurrenzfähig ist. Lützelberger: „Ich bin stolz über jeden einzelnen Punkt, den wir in dieser Liga holen.“ Was fehlt, ist die Ruhe und Erfahrung und „vorher in diesen Momenten gnadenlos zu sein“, wie der EHF-Mastercoach es beschreibt. „Schon die Körpersprache muss signalisieren, dass wir alles unter Kontrolle haben.“ Immer im Moment bleiben lautet das Credo des ehemaligen Bundesligaprofis, der trotz seiner rechthaltigen Erfahrung aus über 550 Spielen auf Topniveau „noch nirgends so viele unglaubliche Wendungen“ in den Schlussphasen der Partien – sei es zu Gunsten der HSG oder für die Gegner – wie in den letzten 20 Monaten als Trainer der HSG Konstanz erlebt hat. „Das ist eine große Show und beste Unterhaltung, das kann nur der Sport“, lacht der dreifache Europapokalgewinner.
Wie ein Feuerwerkskörper
Im Saisonendspurt tut er zusammen mit seinen vielen jungen Spielern alles dafür, dass es am Ende wieder zur großen Freude in gelb und blau kommt. Der nächste Stopp beim Marathon durch die 2. Bundesliga, in der die Konstanzer über 20.000 Kilometer zu den Auswärtsspielen bewältigen müssen, ist in Lübeck. Schon am Samstag nimmt die HSG die rund 900 Kilometer in Angriff, die zweite weite Auswärtsreise innerhalb einer Woche. „Für mich“, gibt Lützelberger Einblick in seine Verarbeitung der Geschehnisse in dieser turbulenten Woche, „hat die Reaktion schon in der Halbzeit in Dresden begonnen. Die erste Hälfte war abgehakt, danach wurde es schon besser. Nach dem Spiel haben wir dort direkt weitergemacht.“ Dann sei seine Mannschaft wie ein Feuerwerkskörper gewesen, der nur darauf gewartet habe, 72 Stunden später mit „Pulver, Emotionen, Ideen und einer neuen Geschichte und Strategie“, so der HSG-Coach, „voll dagegenzuhalten.“ Das Bild, das er zeichnete, war die Parallele zum Tauziehen: In Dresden ging es mit einem Ruck los und sein Team lag mit der Nase schon nach wenigen Minuten im Schlamm. „Gegen Ludwigshafen wollten wir sofort reinkommen und diesen Dosenöffner mit dem Rausch in der ersten Halbzeit, mit dem wir die Schänzle-Halle früh zur Schänzle-Hölle gemacht haben.“
„Gut und frei spielen, damit beim Gegner weiter Druck entsteht“
Am Sonntag bekommen die Gelb-Blauen immerhin ein wenig Unterstützung aus Hamburg und von einigen HSG-Fans aus dem hohen Norden. Zudem wurde die Belastungssteuerung im Vergleich zur letzten Englischen Woche noch einmal angepasst. Gut reisen, gut trainieren und alles auf die Platte bringen sind die Vorgaben, um auch beim derzeit in Topform befindlichen VfL Lübeck-Schwartau bestehen zu können. Der liegt aktuell zwar nur vier Punkte vor den Bodensee-Handballern, konnte jedoch zuletzt ein dickes Ausrufezeichen mit einem Auswärtssieg bei der HSG Nordhorn-Lingen setzen. Zuvor fehlte den Schleswig-Holsteinern nur ein Tor zum Punkt in Lübbecke und Dessau – davor holte man Punkte gegen Tabellenführer Balingen und Eisenach. Vom Begriff „wichtiges Spiel“ hält Lützelberger: „Nichts. Jedes Spiel ist wichtig. Wir brauchen Punkte, wenn wir drinbleiben wollen.“ Lübeck zählt in der aktuellen Verfassung für ihn jedoch zu den Topteams und ist aus seiner Sicht daher „hoch favorisiert. Die Trauben in Lübeck hängen hoch. Wir wollen gut und frei spielen, damit beim Gegner weiter Druck entsteht.“
Nächstes Heimspiel am 31. März
Schon am Freitag, 20 Uhr, findet das nächste Heimspiel in der Schänzle-Hölle statt. Zu Gast ist dann der Traditionsverein TV Hüttenberg. Tickets sind unter www.hsgkonstanz.de/ticketsgünstiger als an der Abendkasse erhältlich.
Autor:Andreas Joas aus Konstanz |
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