Sonderausstellung „Hölle & Paradies. Der deutsche Expressionismus um 1918“
Vorstellung „Sonnenprinzessin“ von Hans Otto Orlowski
»Zeichnerische Delikatesse«
Engen. Die Wiedereröffnung des Städtischen Museums Engen + Galerie und damit der Sonderausstellung „Hölle & Paradies“ soll heute mit einer kleinen zeichnerischen Delikatesse gefeiert werden – mit der „Sonnenprinzessin“ des Künstlers Hans Otto Orlowski, die um 1923 entstanden ist.
Bei dieser gerade einmal handgroßen Zeichnung handelt es sich um ein Capriccio, also um ein scherzhaftes Phantasiegebilde, das in der Laune des Augenblicks entstanden ist, und eine imaginäre Prinzessin in vollem Ornat, wenn man so will, aber mit unstatthafter Entblößung ihrer Brüste zeigt. Diese feinsinnige Zeichnung aus ineinanderlaufenden blauen und braunen Aquarellfarben, gitter- und wellenförmigen Tuschlinien changiert zwischen Ornament, Abstraktion und einer Figürlichkeit, die durchaus nicht ohne Hintersinn ist, bedenkt man die vollen Lippen, geblähten Nüstern und den durchdringenden und zugleich zweideutig in sich versunkenen Blick der Prinzessin, je nachdem, in welches Auge man gerade schaut. „Det Weib hat et in sich“, würde der Berliner sagen, trotz ihrer Zartheit und Zierlichkeit. Dazu gibt es noch einen Spruch, den der Künstler direkt neben sein Werk geschrieben hat, und der da lautet: „So lebt die Sonnenprinzessin nun als Göttin der kleinen Spieläffchen“.
Da muss der Künstler wohl zwei Gedanken in einen geschoben haben, denkt der geneigte Leser, und so ungefähr ist es auch. Dadaistisch, nennt man diese Kunstform, in der es nicht auf einen rational zu erschließenden Sinn ankommt, sondern auf den geistigen Anstoß und die Inspiration, die ein vermeintlicher Unsinn hervorbringen kann. Die „Göttin“ gesteht man der „Sonnenprinzessin“ gerne zu, und die Spieläffchen verweisen darauf, dass die Zeichnung eben ein schalkhaftes Spiel aus Farben, Linien, Riesenlocken, Schwarzweißformen und Worten ist. Noch ein paar Sätze zu dem Künstler selbst: Orlowski, 1894 geboren, war Ostpreuße und stellte schon 1918 in der Berliner Sezession aus. Er war vor allem ein Meister des Holzschnittes und illustrierte über 120 Bücher. Seine Farbholzschnitte sind Raritäten auf dem Kunstmarkt, und nicht minder seine expressionistischen Gemälde. Die hat der Künstler nämlich fast vollständig und eigenhändig vernichtet und steht damit nicht allein unter den Expressionisten, auch Felixmüller hat viele seiner Gemälde in den Ofen gesteckt. Warum? Das ist eine Geschichte, die wir bei anderer Gelegenheit erzählen werden (und die natürlich im Ausstellungskatalog nachzulesen ist).
Autor:Ute Mucha aus Moos |
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