Neujahrsempfang
"Eine Stadt ist nie fertig und das ist auch gut so"
Engen. "Die Projekte gehen nicht aus" in der Stadt unter dem Hohenhewen: Das machte der Engener Bürgermeister Frank Harsch mit seiner Ansprache zum Neujahrsempfang am 10. Januar in der Stadthalle deutlich, in Rück- und Ausblick gleichermaßen.
Dass in der Stadt mehr und mehr Kinder leben, führe zum Beispiel dazu, dass Kindergärten aus- oder neugebaut werden müssen. Beim Kindergarten Glockenziel sei damit inzwischen begonnen worden, so Harsch. Beinahe fertiggestellt ist die Anschlussunterbringung für Geflüchtete in Anselfingen, das Kroneareal. Noch in der Planungsphase befinde sich wiederum das Millionen Euro schwere Projekt der Stadtsanierung. Dabei betonte der Bürgermeister: "Unser Ziel muss sein, dass wir heuer mit den konkreten Baumaßnahmen beginnen."
Nachhaltigkeit gilt auch für Finanzen
"2025 geht es dann gerade so weiter", fuhr Harsch fort. "Eine Stadt ist nie fertig und das ist auch gut so." Als große Aufgabe nannte er den Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Windkraftanlagen und Nahwärmenetzen, sowie die Netzverstärkung. Insbesondere die Kosten für den Netzausbau fordere die Engener Stadtwerke massiv. Aber: "Bei alledem haben wir einen kommunalen Haushalt, der nachhaltig gestaltet werden muss", unterstrich der Bürgermeister.
Genau zwischen dem Narrentreffen Ende Januar und der Gewerbeschau im Stadtteil Welschingen findet 2025 die Bundestagswahl statt. Und das in einer Zeit, wo nach Harschs Ansicht zwischen Immigration und Klimawandel "genügend politischer und gesellschaftlicher Sprengstoff in der Luft liegt". Neben der Rolle einer neuen Bundesregierung betonte er auch die der Bürgerinnen und Bürger: Die Wahl möge einen Neuanfang darstellen, aber "lassen Sie uns hier in unserer Stadt Engen damit beginnen".
Gleich sieben Vorbilder dieser Anpackmentalität wurden beim Neujahrsempfang in der Stadthalle geehrt. Ein großer Teil davon stand dabei im Zeichen der Kommunalwahlen 2024: Für die jahrelange, aktive Mitgestaltung der Stadt wurden die ehemaligen Mitglieder des Gemeinderates Erika Fritschi (25 Jahre), Peter Kamenzin (25 Jahre) und Heinrich Holl (15 Jahre), sowie die ehemaligen Biesendorfer Ortschaftsräte Markus Hildebrand (25 Jahre) und Ewald Kaufmann (22 Jahre) geehrt. Für ihren Dienst bei der Feuerwehr und darüber hinaus wurden Karl Müller und Josef Trunz geehrt.
Eine NRW-Reform für Deutschland?
Einen "Vollprofi" im Themenbereich Gesundheitssystem kündigte Frank Harsch mit Bernd Sieber als Gastredner an. Sieber ist seit fünf Jahren Geschäftsführer des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz (GLKN) und nahm die Gäste mit auf eine Reise durch den GLKN, das Gesundheitssystem und dessen Finanzierung.
Die Kliniken des GLKN sind, wie viele Krankenhäuser in Baden-Württemberg, kommunal getragen. Mit einer Konsequenz, so Sieber: "Wir sind die Kreisumlage-Treiber im Land." Denn es sei aktuell für ein Krankenhaus praktisch unmöglich, sich finanziell selbst zu tragen. Veränderung verspricht die Krankenhausreform, doch Bernd Sieber sieht ein großes Problem: "Die Reform wurde in Nordrhein-Westfalen (NRW) entwickelt." Das Bundesland weise eine deutlich höhere Krankenhausdichte auf, während im Land Baden-Württemberg diesbezüglich "die Hausaufgaben gemacht" und viele Veränderungen in der Krankenhausstruktur umgesetzt seien. Trotzdem werde das Konzept aus NRW nun über Deutschland gestülpt. "Sie merken: Ich bin kein Fan." Doch das schlimmste am neuen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz - kurz KHVVG: "Es wird die Quadratur der Bürokratie."
Ein starker Träger und ein Bekenntnis
20 Jahre lang sei von Bund und Land zu wenig in die Krankenhäuser investiert worden. Statt der eigentlich vorgesehenen 100 prozentigen Förderung übernehme das Land Baden-Württemberg meist 50 bis 60 Prozent der förderfähigen Kosten. Das führte wiederum dazu, dass Investitionen aufgeschoben würden und die Krankenhaus-Infrastruktur veraltet sei. Aus eben jenem Grund sei auch die Klinik in Radolfzell geschlossen worden. Bei alldem könne man sich den Landkreis Konstanz als starken Träger des GLKN glücklich schätzen.
Selbstverständlich kam der GLKN-Geschäftsführer auch auf den Klinik-Neubau zu sprechen. 2024 fiel die Wahl des Standortes letztlich auf ein Grundstück im Singener Norden, in das nach aktuellem Stand eine Summe von weit über 400 Millionen Euro gesteckt werden soll. Interessant werde für das Projekt die Verteilung der Leistungsgruppen, was in den nächsten Monaten auf Landesebene passieren soll. Und, für Sieber ebenfalls ein wichtiges Anliegen, auch weiterhin werde in den bestehenden Standort in Singen investiert. Die neue und größere Zentrale Notaufnahme beispielsweise werde Ende 2025 in Betrieb gehen.
Auch zur Gesundheitsversorgung in Engen verlor Sieber ein paar Worte. Das Krankenhaus dort wurde 2015 geschlossen. Doch als Gesundheitszentrum mit verschiedenen Praxen, dem Seniorenheim und einem ambulanten OP-Zentrum sei der Standort dennoch, wenn auch in einer anderen Form, erhalten geblieben. Hier bekannte sich Bernd Sieber zudem in aller Deutlichkeit: "Das GLKN wird diesen Standort weiterführen."
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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