Vernissage im Engener Museum
Die eigene Sprache der abstrakten Kunst
Engen. Abstrakte Kunst – damit kann nicht jeder etwas anfangen. Auf diese verbreitete Grundhaltung ging auch Dr. Velten Wagner, Leiter des Städtischen Museums Engen, in seiner jüngsten Laudatio ein. Ausgestellt sind dort seit dem 28. Juni Bilder von Viola Bittl unter dem Ausstellungstitel "Form Follows Form".
"Da erkenn‘ ich ja gar nix drauf"
Auf die Malerin sei er 2020 während der Ausstellungstour "Jetzt! Junge Malerei in Deutschland" gestoßen, blickte Velten Wagner zurück. Bittl kommt aus der gegenständlichen Malerei und vertrete ihm zufolge eine aktuelle Position der abstrakten Malerei. Die jedoch bleibe für viele eben genau das: abstrakt. Den Grund sieht der Museumsleiter darin, dass hierbei nicht abgebildet wird, was aus dem täglichen Leben bekannt ist. "Ich hoffe, dass wir dieses Hindernis auflösen und in das Gegenteil verkehren können", setzte er seiner Einführung daher als Ziel. "Immerhin ist die abstrakte Malerei so spannend, wie es die gegenständliche nicht sein könnte."
Seiner Ansicht nach seien beide Darstellungsformen gar nicht so unterschiedlich, denn "es passiert das gleiche, nur in einer anderen Sprache formuliert". Auch abstrakte Formen würde der Betrachter schnell mit Dingen assoziieren, die er kennt, aus der Natur, vom menschlichen Körper, aus dem Alltag. "Der Mensch, der das nicht macht, muss noch geboren werden."
Dramatik im Pinselschwung
Auch im Bereich des Abstrakten könne dabei eine Dramaturgie entstehen, "durch die Mittel der Malerei", wie Velten Wagner ausführte. Bei Bittl sehe er die sehr breiten Pinsel als ein solches Mittel, aber auch die vielen Farbschichten auf ihren Leinwänden.
Im Gespräch mit der Künstlerin führte diese aus, dass ihre Herangehensweise und der Entstehungsprozess der Gemälde immer wieder anders sei – das dauere mal "nur" einen Monat, in Ausnahmefällen aber bis zu einem Jahr. Sie arbeite mit dick aufgetragenen Ölfarben, die trocknen müssen, ehe es an die nächste Schicht gehen kann.
"Man braucht diesen Prozess, um durch diese Schichten und vielleicht auch zu diesen Formen zu kommen", so Bittl. "Ich sage 'Stopp', wenn alles seinen Platz hat." Das geschehe intuitiv, aber: "Ich lebe ja in dieser Welt. Ich glaube schon, dass diese Eindrücke mit hineinkommen, eben durch verschiedene Filter." Um das Verständnis des Gemäldes für den Betrachter offenzulassen, verzichte sie auf Titel. Zwar arbeite sie mit Skizzen, bevor sie an die Leinwand gehe, aber durch den Größenunterschied falle das Ergebnis dann doch manchmal anders aus, als geplant. "Dann geht es wieder auf eine neue Suche", sagte Viola Bittl. "Ich male so lange, bis ein Bildraum entsteht."
Bei der Vernissage in den großen Räumen des alten Klosters kam sie in den Genuss, ihre Werke einmal aus einer anderen Perspektive zu sehen. "Ich liebe es, die Bilder auch so von Weitem betrachten zu können." Üblicherweise sehe sie die Leinwände aus der Nähe, in ihrem engen Atelier.
Die Ausstellung verbleibt bis zum 25. August im Museum und kann zu den Öffnungszeiten, Dienstag bis Freitag zwischen 14 Uhr und 17 Uhr, sowie Samstag und Sonntag zwischen 11 Uhr und 18 Uhr, besucht werden.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
Kommentare