OB Martin Staab im WOCHENBLATT-Sommerinterview / Teil 1
Corona und Klimaschutz

Martin Staab | Foto: Auf der Mettnau stellte sich der Radolfzeller Oberbürgermeister Martin Staab in diesem Jahr dem WOCHENBLATT-Sommerinterview. swb-Bild: dh
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Radolfzell. Auch in diesem Jahr stand der Radolfzeller Rathauschef dem WOCHENBLATT im Rahmen des Sommer-interviews Rede und Antwort. Im ersten Teil stehen Corona und Klimaschutz im Fokus.

WOCHENBLATT: Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?
Staab: Unter Hochspannung mit viel Neuem, was man lernen und umsetzen musste. Es war auf jeden Fall eine lehrreiche und in gewisser Weise auch spannende Zeit. Der Blick in andere Länder zeigt, dass wir in Deutschland gut durch die erste Welle gekommen sind und die Verantwortlichen richtig gehandelt haben in dieser Phase.

WOCHENBLATT: Welche Auswirkungen hat Corona auf die Stadt Radolfzell – gerade auch in finanzieller Hinsicht?
Staab: Wir spüren es dieses Jahr unmittelbar durch ein gewisses Maß an Mehrkosten. Das beginnt bei solchen Dingen wie Masken für Mitarbeitende, Desinfektionsmittel, die Spuckschutzvorrichtungen in städtischen Einrichtungen. Im Verhältnis ist das aber mit insgesamt rund 300.000 Euro noch eine kleine Summe. Interessant wird es, wenn wir am Jahresende tatsächlich wissen, was wir für Einbrüche bei den Steuereinnahmen haben. Das Worst-case-Szenario liegt bei 15 Millionen Euro, die die Stadt weniger im Haushalt zur Verfügung hat. Im Moment bin ich jedoch optimistisch, dass wir auch hier mit einem blauen Auge davonkommen und bei fünf bis sechs Millionen landen. Dann sind unsere Reserven aber auch aufgebraucht.

WOCHENBLATT: Macht Ihnen dann die aktuelle Situation Sorgen? Einige sprechen ja bereits davon, dass die zweite Welle schon anrollt.
Staab: Das glaube ich noch nicht. Ich bekomme die Situation im Krisenstab des Landkreises aus erster Hand mit. Wir hatten zwar wieder deutlich steigende Zahlen, aber es war kein diffuses Infektionsgeschehen, wie bei der ersten Welle, sondern es waren insbesondere Reiserückkehrer. In diesen Fällen gibt es jetzt die Regelung mit den Testungen, von daher ist auch das Gesundheitsamt optimistisch, dass sich das ganze eindämmen lässt.

WOCHENBLATT: Haben Sie das Gefühl, dass die aktuelle Situation zu einer Spaltung der Gesellschaft beiträgt?
Staab: Ja, das spürt man allenthalben. Ich denke, Ausschreitungen wie in Berlin, Stuttgart oder Frankfurt sind Ausdruck einer solchen Spaltung. Mehr Freiheitswünsche, das Gefühl, die Freiheit würde unverhältnismäßig eingeschränkt. Wir hier spüren das zum Glück nicht so. Wir sind als Mittelstadt mit einer sehr vernünftigen Bürgerschaft aufgestellt, aber die Spaltung ist da und wird auch stark ausgenutzt und verstärkt durch abstruse Verschwörungstheorien. Ich denke, dagegen können wir am besten etwas tun, indem wir wirklich mit Augenmaß handeln. Warum es zu Ausbrüchen wie in Berlin kommt, kann ich mir nicht erklären. Wenn ich mir die Demos in Radolfzell anschaue, geht es da um 20 Leute, die die Abstandsregeln einhalten. Das gehört zu einer Demokratie und ist auch gut so. Wir sind natürlich froh darüber, dass es bei uns keine solchen Exzesse wie in Berlin gibt.

WOCHENBLATT: Welche Lehren ziehen Sie aus den Erfahrungen der letzten Monate?

Staab: Ich glaube wir müssen besser aufgestellt sein für die Zukunft. Wenn man sieht, dass es auf Bundesebene bereits im Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012 Warnungen zu einer solchen Pandemie gab, die relativ folgenlos blieben, müssen wir jetzt vorbereitet sein für die nächsten Wellen.
Auf Kreisebene erarbeiten wir gerade eine Strategie, wie wir auf weitere Wellen angemessen reagieren können. Und es macht auch Sinn, hier auf lokaler Ebene solche Strategien zu haben. Wir sind jedenfalls vorbereitet. Dann ist aber auch das Stichwort Digitalisierung ein wichtiger Punkt. Gerade auch wir als Verwaltung müssen den Bürgern hier bessere Zugangsmöglichkeiten anbieten. Ich sehe hier Chancen für den Umweltschutz und hoffe, dass so manche Video-Konferenz in Zukunft manchen Flug ersetzen wird.

WOCHENBLATT: Beim letzten Sommerinterview haben Sie gesagt, dass der Klimaschutz das bestimmende Thema der kommenden Jahre sein wird. Wurde hierfür genug getan?
Staab: Ja, trotz Corona war uns wichtig, dass die Klimaschutz-Projekte ganz oben auf der Liste stehen. Wir hatten nicht nur einen Beschluss zur Klimakrise Radolfzell aktiv und zur Unterstützung der indigenen Völker im Regenwald, sondern auch bei den Schlüsselprojekten im Stadtentwicklungsplan, die den Klimaschutz betreffen, sind wir wichtige Schritte vorangekommen. Wir sind gerade in der Umsetzung der Stufen eins und zwei des Radwegekonzepts und kommen auch gut voran was das 10.000-Bäume-Programm angeht. Ich gehe davon aus, dass wir die Pflanzung der 10.000 Bäume in den zwei geplanten Jahren schaffen. Beim klimaneutralen Gewerbegebiet Blurado haben wir wichtige Schritte gemacht und auch mit der Photovoltaik-Pflicht bei Neubauten hat der Gemeinderat eine wichtige und mutige Entscheidung getroffen. Loben möchte ich unsere Fridays-For-Future-Aktivisten, mit denen wir in regelmäßigem und konstruktivem Austausch stehen.

Den zweiten Teil des Sommerinterviews, in dem es um eine Bilanz über geleistetes und Visionen für die Zukunft geht, gibt es in der kommenden Woche.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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