BOaktiv und BEST
Berufsorientierung weitergedacht

Auch an beruflichen Schulen – oder viel eher gerade dort – spielt die Orientierung über den eigenen Weg ins Arbeitsleben eine große Rolle. Damit dabei alles glatt läuft arbeiten (von links) Andreas Maier (Leiter Berufskolleg und Wirtschaftsgymnasium), Franziska Laqua (BEST-Trainerin), Dirk Archner (BOaktiv Technik) und Anika Herbusch (BOaktiv Kooridnatorin) zusammen. | Foto: Anja Kurz
  • Auch an beruflichen Schulen – oder viel eher gerade dort – spielt die Orientierung über den eigenen Weg ins Arbeitsleben eine große Rolle. Damit dabei alles glatt läuft arbeiten (von links) Andreas Maier (Leiter Berufskolleg und Wirtschaftsgymnasium), Franziska Laqua (BEST-Trainerin), Dirk Archner (BOaktiv Technik) und Anika Herbusch (BOaktiv Kooridnatorin) zusammen.
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Stockach. Je näher es an den Abschluss geht, desto drängender wird die Frage nachdem „danach“. Möchte ich studieren? Eine Ausbildung machen? Welcher Beruf passt zu mir? Als Unterstützer, Ratgeber und Wegweise der Schülerinnen und Schüler nehmen Schulen und Lehrerschaft in dieser Phase eine wichtige Rolle ein. Seit kurzem soll das Landesprogramm „BOaktiv“ dem einen neuen Geist einhauchen, auch am BSZ in Stockach.

„BOaktiv soll den Übergang von der Schule in den Beruf, die schulische Weiterbildung oder in das Studium unterstützen“, erklärt Anika Herbusch. Sie ist Lehrerin am BSZ und koordiniert dort die Umsetzung des Berufsorientierungskonzepts. BOaktiv löse dabei den Vorgänger, die Kompetenzanalyse „Profil AC“, ab. Der größte Unterschied sei laut Herbusch, dass BOaktiv schulartübergreifend funktioniere. Einen großen Teil der Veränderung mache die Verknüpfung der Angebote, die die Schule schon hat, mit den Möglichkeiten der digitalen Plattform aus.

Das birgt für das BSZ aber auch seine Herausforderungen: Zwar ist die digitale Plattform, auf der die Erkenntnisse aus den verschiedenen Maßnahmen gespeichert werden, gleich. Die Maßnahmen und Möglichkeiten der verschiedenen Schularten, die sich beim BSZ unter einem Dach befinden, sind allerdings ganz unterschiedlich. Die genaue Umsetzung der Berufsorientierung werde in Zusammenarbeit mit den Kollegen aus den jeweiligen Schularten erarbeitet, so Anika Herbusch. Denn BOaktiv soll zwar schulartenübergreifend sein, möchte aber dennoch individueller auf den Schüler und dessen Stand in der Berufsorientierung eingehen. Über die kommenden zwei Jahre wird BOaktiv nach und nach mit den Klassen umgesetzt.

Jeder Weg ist individuell

„Es geht darum herauszufinden: Was ist der beste Weg für jeden einzelnen Schüler?“ Dazu gebe es unterschiedliche Tests, beispielsweise zur sozialen, emotionalen oder auch digitalen Kompetenz. Aber auch berufsbezogene Tests werden eingebaut. Wie viel Theorie oder Praxis BOaktiv am Ende ausmacht, sei den Schulen selbst überlassen. Am BSZ Stockach sei das relativ ausgeglichen und auch je nach Stufe, Schulart und den daraus folgenden Möglichkeiten unterschiedlich. Angehängt sei dann immer wieder eine Beratung und ein Feedback-Gespräch, sagt Herbusch. Tests können dabei auch wiederholt werden, um Entwicklungen zu sehen.

Auch die Reflexion der Tests und Ergebnisse sei wichtig. Damit kann auch eine Sackgasse in der Berufsfindung noch zu Erkenntnissen führen. Sowohl der Schüler als auch ein Beobachter, zum Beispiel eine Lehrkraft, machen diese Reflexion, um beides miteinander vergleichen zu können. Besprechen und Reflektieren bezeichnet Anika Herbusch als die wichtigsten Bausteine der Berufsorientierung: „Damit man wirklich eine Erkenntnis daraus hat.“ Daraus ergebe sich für jeden Schüler ein individueller Förderplan, mit dem besten Weg in Beruf oder Studium.

Alle Testergebnisse, Dokumentationen und Erfahrungsberichte aus Praktika werden auf der browserbasierten Online-Plattform gespeichert. Im Falle des BSZ Stockach wird die von Lehrer Dirk Archner betreut, der für die Technik bei BOaktiv zuständig ist und Herbusch in der Koordination unterstützt. Auf ihr Profil können die Schüler selbst, sowie berechtigte Lehrer zugreifen.

Die digitale Umsetzung erleichtert auch die Weitergabe der bisherigen Erkenntnisse im Falle eines Schulwechsels – zumindest, wenn der Schüler dazu das Einverständnis gibt. Wie wichtig dieses Wissen ist, verdeutlicht Andreas Maier für das Berufskolleg, wo die Schüler teils nur ein Jahr an der Schule sind. Damit soll fast nahtlos in der Berufsorientierung weitergearbeitet werden können.

BOaktiv werde Großteils parallel zum normalen Unterricht laufen, meint Anika Herbusch. Dabei sei es zwar sowieso Pflicht, aber auch im eigenen Interesse der Schüler: „Es soll ihnen individuell helfen, ins Berufsleben zu finden.“ Zusätzlich sieht Herbusch darin eine Chance, dass Unternehmen mit unbesetzten Ausbildungsplätzen und Ausbildungssuchende besser zueinanderfinden.

BEST-Seminar als Entscheidungshilfe

Egal ob keine Idee oder zu viele Möglichkeiten: Wichtige Entscheidungen sind selten einfach oder eindeutig. Das trifft insbesondere auf die Entscheidung der Berufswahl zu. Um an diesem Punkt den Schülerinnen und Schülern Strategien an die Hand zu geben, führt BSZ-Lehrerin Franziska Laqua die „BEST-Seminare“ durch.

BEST steht dabei für „Berufs- und Studienorientierung“ und wurde vom Land Baden-Württemberg für die gymnasiale und berufliche Oberstufe entwickelt. Franziska Laqua ist ausgebildete BEST-Trainerin, zusammen mit einer Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit führt sie die Seminare für die zwölften Klassen der beruflichen Oberstufe durch. So sollen die Schülerinnen und Schüler rechtzeitig, mehr als ein Jahr vor ihrem Abschluss bei ihrem Entscheidungsweg unterstützt werden.

Das Seminar an sich finde mit je circa 20 Schülern an zwei Tagen statt, erklärt Laqua. Allerdings nicht an einander folgenden Tagen, sondern mit einem Intervall, der zum Konzept dazu gehört. „An Tag eins ist das Thema Selbsterkundung“, erklärt die Lehrerin. In verschiedenen Test und Aufgaben erforschen die Schüler sich selbst - ihre Fähigkeiten, Werte, Ziele und mehr.

Im Intervall danach gehen die Schüler eigenständig mit den gewonnenen Eindrücken auf Entdeckungsreise und suchen nach weiteren Impulsen. In diesem Jahr überschneide sich dieser Zeitraum mit dem Karrieretag des BSZ, wo Schüler laut Franziska Laqua dann direkt nach einer passenden Ausbildung oder einem Studium schauen können.

Dann folgt der zweite Seminartag, der das Bisherige vertieft: „Da machen wir uns wirklich konkret Gedanken: Welche Studien- oder Berufsfelder könnten passen.“ Auch hier sollen die Schüler eigenständig Dinge in Erfahrung bringen und die wichtigsten Fragen für sich klären, mit der Unterstützung der beiden Seminarleiterinnen in der Hinterhand.

BEST stehe zwar für „Berufs- und Studienorientierung“, sei aber laut Laqua mehr noch ein Entscheidungstraining. „In vielen Sachen lernt man: Wie kann ich mich überhaupt entscheiden?“ Das Ziel des Seminars sei nicht, dass am Ende der Berufsweg feststeht. „Aber ich habe als Schüler eine Idee, wo ich weitergehen will. Mit mehr Strategien, wie ich mich entscheiden kann.“

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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