Mit 18 Jahren in den Kreistag?
Warum Julia-Tosca Schuler für gleich zwei kommunale Ämter kandidiert

Die 18-jährige Julia-Tosca Schuler kandidiert für den Gemeinderat und Kreistag. Dabei kann sie auf ihre Vorerfahrungen aus der Arbeit in der SMV und als Schülersprecherin am Nellenburg-Gymnasium bauen. | Foto: Anja Kurz
  • Die 18-jährige Julia-Tosca Schuler kandidiert für den Gemeinderat und Kreistag. Dabei kann sie auf ihre Vorerfahrungen aus der Arbeit in der SMV und als Schülersprecherin am Nellenburg-Gymnasium bauen.
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Raum Stockach. Die Jugend interessiert sich doch gar nicht für die Politik vor ihrer Haustür! Das ist ein Vorurteil, das den Jüngeren oft zugeschrieben wird. Aber stimmt das wirklich? Jedenfalls nicht immer, das zeigt Julia-Tosca Schuler, die für den Eigeltinger Gemeinderat und für den Kreistag kandidiert. Die 18-Jährige ist Schülersprecherin am Nellenburg-Gymnasium und Vorsitzende der Jungen Union (JU) Nellenburg. Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT erzählt sie, warum sie kandidiert und was es braucht, damit mehr Jugendliche sich vor Ort politisch engagieren.

WOCHENBLATT:
Woher kommt das Interesse, in den Gemeinderat von Eigeltingen zu gehen?
Julia-Tosca Schuler:
Ich will nach dem Abitur hier studieren und danach auch den elterlichen Betrieb übernehmen, der auch in der Region ist. Dazu gehört für mich auch, die Zukunft hier mitzugestalten, für die Gemeinde, für die Jugend hier und auch für mich eine Substanz aufzubauen. Oft werden Entscheidungen getroffen, welche vielleicht nicht die junge Perspektive in Betracht ziehen. Wenn es um Sachen geht, wie den ÖPNV, was die jungen Leute auch einfach in ihrer Freiheit und in ihrer Freizeit behindert.

WOCHENBLATT:
Warum zusätzlich zum Gemeinderat auch gleich die Kandidatur im Kreistag?
Julia-Tosca Schuler:
Das war tatsächlich eine Spontan-Kandidatur. Ich habe bei der JU schon ein paar Ämter und merke, wie viel Spaß mir das macht. Mit der CDU haben wir eine wirklich gute Zusammenarbeit, das gibt uns natürlich Rückenwind. Christoph Stetter (Vorsitzender der CDU Stockach) hat mich gefragt, ob ich nicht für den Kreistag kandidieren möchte. Darüber habe ich mir natürlich erst mal Gedanken gemacht. Schaffe ich das auch noch neben dem Abitur? Ich habe mich dann dafür entschieden, weil mir auch bewusst war: Es werden wenig junge Leute für den Kreistag kandidieren. Dafür habe ich mir verschiedene Schwerpunktthemen gesetzt: Die Stärkung des ÖPNV im ländlichen Raum, Jugendpartizipation, die Förderung von erneuerbarer Energie und den Erhalt der Kulturlandschaft.

WOCHENBLATT:
Wollen Jugendliche sich überhaupt beteiligen?
Julia-Tosca Schuler:
Im ersten Moment wirkt es nicht so. Da taucht immer dieses Wort 'Politikverdrossenheit' auf. Bei den Jugendlichen würde ich aber vor allen Dingen sagen, es geht um Frustration. Dass wir nur angehört und dann wieder zur Seite geschoben werden. Im Endeffekt darf man nichts sagen, war einfach ein Deko-Objekt. Das haben die Jugendlichen mittlerweile verinnerlicht. Ich glaube, dass zum Beispiel die Kandidatur mit 16 Jahren für den Gemeinderat eine Art Umdenken auslöst. Das muss man den Jugendlichen deutlich zeigen. Zum Beispiel bei uns an der Schule muss man die Motivation auch manchmal ein bisschen pushen. Wir haben jetzt endlich die Möglichkeit, da mitzuwirken, wo es uns früher nicht möglich war, weil wir als zu jung, als eventuell auch zu naiv oder zu ideologisch angesehen wurden. Ich würde genau das Gegenteil sagen. Auch ein 50-Jähriger kann teilweise schlechtere Entscheidungen treffen, als vielleicht ein 16-Jähriger. Das Alter sagt nichts über die Kompetenz aus.

WOCHENBLATT:
Wie lässt sich das alles unterkriegen: Freizeit, ehrenamtliches Engagement und diese Ämter?
Julia-Tosca Schuler:
Es ist immer ein Riesenkraftakt und manchmal auch eine deutliche Herausforderung. Ich bin aber der Überzeugung, dass ich das auf jeden Fall hinkriege. Mit einem guten Zeitmanagement vor allen Dingen und mit Unterstützung von Familie, Freunden oder auch der JU. Ich bringe auch die entsprechende Motivation mit, dass ich für mich und andere etwas in der Zukunft gestalten will. Und ich weiß, dass ich das politische Amt bekleiden kann. Dadurch bin ich auch erst in die Kandidatur reingegangen, sonst würde es ja keinen Sinn machen. Es wird am Anfang viel sein und ich weiß auch, welche Verantwortung das alles mit sich bringt. Aber im Endeffekt bringt es etwas und dadurch entsteht Motivation und auch ein Durchhaltevermögen.

WOCHENBLATT:
Was ist die Motivation, für die Kandidaturen so viel zu 'opfern'?
Julia-Tosca Schuler:
Für meine Freizeit ist das teilweise schon eine Belastung. Aber ich sehe für mich immer einen Sinn dahinter. Ich will ja was für die Gemeinschaft bewegen und sehe zum Beispiel bei der SMV, wie positiv die Auswirkungen dann auf mein Umfeld sind. Das gibt einem den Kick, weiterzumachen.

WOCHENBLATT:
Als Gemeinderat steht man aber doch in der Öffentlichkeit und kriegt durchaus auch mal Kritik ab.
Julia-Tosca Schuler:
Aus der Vergangenheit würde ich sagen: Wenn man ein Projekt angeht, dann kriegt man sehr viel positive Kritik zurück. Es gibt aber auch immer jemanden, der irgendwas zu nörgeln hat. Damit umzugehen, fällt einem erst mal schwer, weil das auch Selbstzweifel aufwirft. Aber die Meinungsverschiedenheiten machen eine konstruktive Politik ja gerade aus, um im besten Fall am Ende auf einen gemeinsamen Konsens zu kommen. Ich setze immer auf eine Diskussion mit logischen Argumenten und mit Faktenwissen, indem ich mir wirklich beide Seiten pro und kontra gezielt und ausgiebig anschaue. So treffe ich Entscheidungen, bei denen ich denke, dass es für die Mehrheit positiv sein könnte.

WOCHENBLATT:
Was ist an der Arbeit im Gemeinderat und im Kreistag besonders reizvoll?
Julia-Tosca Schuler:
Natürlich gibt es im Gemeinderat manchmal nicht so viel Handlungsspielraum, weil es schon von höherer Ebene bestimmte Vorgaben gibt. Da sind es dann die kleinen Dinge, die so ein Gemeindeleben ausmachen, die aber auf die Gemeinschaft eine Riesenauswirkung haben. Im Kreistag wäre dann schon deutlich mehr Handlungsspielraum, wo man vielleicht auch auf die eigene Gemeinde wieder einen positiven Effekt haben könnte. Dort habe ich auch die Hoffnung, dass man vielleicht manchmal an höhere Ebenen herantreten kann, um in größeren Entscheidungen mitzuwirken. Zum Beispiel bei der Energiepolitik oder Bildungspolitik oder wenn es um die Verteilung von Geldern geht.

WOCHENBLATT:
Warum sollten sich mehr junge Menschen engagieren?
Julia-Tosca Schuler:
Viele beschweren sich ja immer über irgendwas, auch was in der Politik entschieden wurde, nicht nur bei der jungen Generation. Aber meiner Meinung nach muss man sich selbst einbringen und im besten Fall werden die Ideen dann auch umgesetzt. Das ist ja der Sinn dahinter, dass jetzt das Wahlalter auf 16 Jahre runtergeschraubt wurde, damit Jugendliche einen gewissen Handlungsspielraum bekommen. Insgesamt würde ich sagen: Nicht nur meckern, sondern machen.

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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