Heiner Geißler löst Weinstrafe ein und Narrengericht setzt noch einen drauf
Schwäbisch kann der Wein sein

Foto: Weinstrafe eingelöst: Fürsprech Michael Nadig, Beklagter Heiner Geißler, Kläger Thomas Warndorf und Narrenrichter Frank Bosch.swb-Bild: Weiß
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Stockach (sw). Übertreiben will er es auch nicht: »Bei der Hitze rühre ich keinen Finger.« Dabei hatte Heiner Geißler doch angekündigt, dass er »seinen« Wein persönlich und eigenhändig in der Keller in der Stockacher Oberstadt tragen werde. Und nun macht er es doch nicht? »Ich bin eben faul«, erklärt der CDU-Generalsekretär a. D. mit herzerfrischender Unbekümmertheit. Die ist zwar charmant, doch sie hat ihn auch nicht vor einer Verurteilung bewahrt: Am »Schmotzigen Dunschdig« war der 83-Jährige vom Stockacher Narrengericht zur Zahlung von drei Eimern Wein österreichischen Maßes oder 180 Litern verknackt worden.

Eigentlich, so hatte Narrenrichter Frank Bosch verkündet, handelte es sich dabei um eine »Holschuld«. Er und seine Gerichtsnarren wollten den edeln Rebensaft persönlich bei Heiner Geißler abholen. Doch der vom Beklagten genannte Termin, eine Woche nach dem »Schweizer Feiertag«, war zu ungünstig gelegen. Schließlich, so Frank Bosch, wollten er und seine Mannen in einer würdevollen, angemessenen Zahl erscheinen.

Da also nun das Narrengericht nicht zu Geißler kam, kam Geißler zum Narrengericht. Und da sein eigener Weinberg zu klein ist, um die gefordete Menge aufzubringen, wich er auf einen anderen Lieferanten aus: Grauburgunder, Dornfelder und Grauer Silvaner, so meint der Jurist, müssten dem Narrengericht doch eigentlich munden. Schließlich hätten es die Stockacher ja trotz einiger Versuche in historischen Zeiten nicht geschafft, selbst Wein anzupflanzen. Sie hätten daher auf den Hohentwiel und Meersburg ausweichen müssen. Macht aber nichts. Denn dank Geißler ist der Weinkeller nun gut gefüllt.

Trotz seiner Bedenken wegen der Hitze und trotz einer Bronchitis ließ es sich der Rüstige nicht nehmen, einige Kartons selbst in den dafür vorgesehenen Weinkeller zu hieven. Belohnt wurde er dafür mit einer kleinen Geschichtsstunde von Kläger Thomas Warndorf, der den Besucher über die historische Bedeutung der Stockacher Keller aufklärte. Mit Blick auf seine Gesundheit ging Geißler dann aber wieder ans Tageslicht.

Denn es gab viel zu tun. Er musste sich noch ins Narrenbuch eintragen. Das, so erklärte Fürsprech Michael Nadig, war am »Schmotzigen Dunschdig«, dem Tag seiner Verurteilung, nicht erfolgt. Denn über‘s Knie brechen wollte Heiner Geißler seinen Eintrag nicht. Der, so war seine Ansicht, musste gut überlegt sein. So wurde der Eintrag nachgeholt.

Und im Stockacher Ringhotel »Goldener Ochsen« gab es dann einen Empfang für den Beklagten 2013. Kläger Thomas Warndorf und Fürsprech Michael Nadig ließen dabei noch einmal die besten Augenblicke von Geißlers Auftritt vor dem Narrengericht Revue passieren: So hatte er beim Laufnarrenschlag erklärt, dass er keinen Schwur leisten würde, den er nicht kenne. Legendär waren sein Mittagsschläfchen und seine Eingriffe in das Setzen des Narrenbaums. Und das Zerbrechen seines Hörgeräts. Vielleicht, so mutmaßten die beiden Gerichtsnarren, lag das Kaputtgehen ja auch daran, dass Bürgermeister Rainer Stolz am »Schmotzigen« solange geredet habe.

Einen innernarrengerichtlichen Schlagabtausch gab es auch: »Der Kläger redet, aber außer ihm weiß niemand, was er meint«, schlug Michael Nadig zu. Und auch Heiner Geißler wusste sich zu wehren. Die Stockacher hätten ihn gut behandelt, aber nicht das Narrengericht. Das müsste sich an Gesetze halten und daher Urteile fällen, von denen es nicht überzeugt ist. So sei das Urteil gegen ihn ein krasses Fehlurteil gewesen.

Das sieht die Bosch-Truppe freilich anders. Frank Bosch und sein Kollegium können nun in üppigen Rebensaft-Freuden schwelgen. Denn sie bekamen reichlich, überreichlich Wein geliefert: Eigentlich hatte der baden-württembergische Ministerpräsident a. D. Lothar Späth am »Schmotzigen Dunschdig« verkündet, einen von Geißlers Strafeimern übernehmen zu wollen. Doch da sie Schwabens Großzügigkeit grundsätzlich misstrauen, haben die Gerichtsnarren schon einmal die ganzen 180 Liter, also alle drei Eimer, von Geißler eingefordert. Lothar Späth kündigte via Schreiben an, seiner Verpflichtung nachkommen zu wollen. So kann sich das Stockacher Narrengericht über vier statt nur über drei Eimer Wein österreichischen Maßes freuen. Und dass der von Lothar Späth gelieferte Wein vielleicht sogar schwäbischer Natur ist, nehmen sie billigend in Kauf.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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