Furioses Finale der Meisterkonzerte gefeiert
Koloratur und Kollaboration

Stockach. Die Saison der Stockacher Meisterkonzerte war furios gewesen, mit den ständig anderen Bedingungen und auch wieder Verschiebungen. Doch das machte es möglich, einmal im Mai ein im doppelten Sinne nachgeholtes Neujahrskonzert zu erleben. Denn zum geplanten Termin konnte ja damals die Staatsphilharmonie Lemberg nicht anreisen wegen des Virus und der dadurch gesetzten Beschränkungen, zum Nachholtermin nun war ja bekannterweise der Krieg in der Ukraine ausgebrochen. Deshalb wurde nun "Frühling in Wien" mit dem Acelga Bläserquintett daraus, die man hier keineswegs als "Ersatz" sehen sollte.
Denn die hochprofessionelle Gruppe führte dem Publikum sehr treffend vor, wie man hier aus fünf Instrumenten eine überraschend "kolorierte"  Vielstimmigkeit zaubern kann, um hier mal eine Anleihe im Gesang zu nehmen. Was Hanna Mangold (Flöte) und ihr Mann Sebastian (Fagott) der als "Auswechselspieler" einsprang, Sebastian Poyault (Oboe), Prof. Julius Kirchner (Klarinette) und Amanda Kleinbart (Horn) hier musikalisch servierten, war richtig gut perlender Champagner, wie an Neujahr eben.
Und das fing schon mit einer Premiere an, die Overtüre zur "Fledermaus" von Johann Strauß spielte das Quintett, das seine Wurzeln in der Stundenzeit des Quintetts hat, das sich inzwischen zwischen Karlsruhe, Ludwigshafen und bis Köln verteilt, zum ersten Mal vor Publikum. Das wurde erst nachher erzählt. Spürbar war vor allem die Spielfreude, mit der hier ans Werk gegangen wurde. Ein Bläserquintett von "Giuseppe Cambini" war dann eines der wenigen Stücke, die dieser Formation wie auf den Leib komponiert wurden, mit seinen so differenzierten Stimmungsbildern. Es zeigte auch auf, wieviel Einsatz hier durch die Musiker nötig ist, um den "Flow" eines solch beschwingten Stück zu halten.
Bekannte Klänge wurden mit Mozarts »Andante in für die eine Orgelwalze angeblasen, mit Haydn »Divertiemto Nr. 1« in vier Sätzen erwuchs das Quintett schon mal zum »richtigen Orchester« und zauberte einen regelrechten Choral hier von der Bühne ins Auditorium. In der Kollaboration, dem wechselnden Gleichklang der Instrumente, bei sich abwechselden Flöte und Oboe, Fagott und Horn oder auch Klarinette aufeinander einstimmten, und dadurch eine neue Tonfärbung erzeugen konnten,  wurde für Momente ein wirkliches Orchester simuliert und eben doch immer wieder überraschende Vielfalt erzeugt in Verdis berühmter Overtüre zur »Macht des Schicksals«, die ja gerade vom den zarten Tonfärbungen lebt und bei denen sogar das Atem holen zur Musik wurde.
Das eigentliche Meisterwerk des Abend war dann freilich ein größerer Auszug aus Puccinis »La Bohème« das »Acelga« hier von Volker Schmitz sozusagen auf den Leib adaptiert wurde, die Hanna Mangold ankündigen konnte. Beeindruckend, wie viele »neue Töne« da aus der Harmonie entstanden. Und manchmal hatte man gar das Gefühl, als wollten die Musiker da in einen Himmel entschweben in den fröhlicheren Phasen der so tiefgründigen Oper, die ja eigentlich vom Gesang lebt. Dvoráks »Slawischer Tanz« wurde nach dem großen Klangereignis da schon zur Zugabe des Abends, der mit einer unglaublichen musikalischen Dichte imponierte.
Das  »Acelga Quintett« kann in diesem Jahr übrigens den zehnten Geburtstag feiern. Das erklärt auch ein wenig, weshalb hier die Passagen so perfekt ineinander greifen können. Da werden sicher nicht viele weitere namhafte Preise von Festivals dazu kommen. Georg Mais als Organisator der  Stockacher Meisterkonzerte zeigte sich sehr zufrieden nach diesem Abend zum Abschluss dieser Saison. Schon bald werden die Abonenten Post bekommen mit der Vorschau auf die nächste Saison, die im September starten wird, kündigte Kulturamtsleiterin Corinna Bruggaier an. Denn die wurde jetzt schon im Frühjahr vorbereitet - mit der guten Hoffnung auf wieder reguläre Bedingen für die Kulturbranche.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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