Clara Schumann beim Stockacher Meisterkonzert
Das Gesicht vom alten 100-Mark-Schein zum Leben erweckt

Chin-Fen Lee und Georg Mais durften einen sehr innigen Schlussapplaus genießen, natürlich mit Zugabe. | Foto: Fiedler
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Stockach. Das Gesicht der Komponistin, Pianistin und und achtfachen Mutter Clara Schumann hat zumindest die ältere Generation des Öfteren in den Fingern gehabt, meist ohne zu wissen, wer überhaupt hinter dem Portrait steckt. Da Clara Schumann in diesem Jahr ihren 205. Geburtstag gefeiert hätte, war dies für den Macher der Stockach Meisterkonzerte, Georg Mais, der Anlass für einen besonderen Konzertabend im Bürgerhaus Adler-Post gewesen.

Besonders allein schon, weil die Geschichte der Clara Schumann eben auch eine ganze besondere gewesen ist, mit Kompositionen von ihr selbst, von ihrem früh verstorbenem Mann Robert Schumann wie von Johannes Brahms, mit dem sie viele Jahre sehr freundschaftlich verbunden war. Was bis heute als Anlass für manche Spekulationen sorgt, wurde von Mais gemeinsam mit der begnadeten Pianistin Ching-Fen Lee aus Freiburg ein besonders berührender Abend zelebriert.

Spürbar war gleich von Anfang an, dass sich Georg Mais hier tief in die Geschichte dieser außergewöhnlichen Frau hinein gekniet hatte, deren musikalische Karriere durch ihren Vater schon früh vorbestimmt wurde und schon als Kind mit ihrem Talent Geld verdienen sollte. Clara Schumann führte ein Leben für die Musik, in ganz verschiedenen Facetten und mit vielen Winkeln des Schicksals, schon durch den frühen Tod ihres Manns Robert Schuhmann aufgrund eines psychischen Leidens aus einer Beziehung heraus, in der die immer für das Temperament stand und aus der acht Kinder in kurzer Zeit hervorgingen, nach deren Geburt sie alsbald wieder auf Reise gehen musste.
Mais erzählte mit Augenzwinkern auch die Anekdote vom Kochbuch, welches ihr Robert geschenkt hatte im Wunsch auch mal auf diese Weise verwöhnt zu werden. Doch das war das Genre, das gar nichts für Clara Schuhmann gewesen ist. Und natürlich ging es immer wieder um das Verhältnis zur Johannes Brahms, der wohl von den Schuhmanns mehr als gefördert wurde, wobei der jüngste Spross der Familie aber gesichert nicht seiner Vaterschaft entspringe.

Für die musikalischen Einsätze musste Georg Mais nun einen kleinen Wink in Richtung von Ching Fen Lee geben, die dann die Musik zur Geschichte meisterhaft auf dem Klavier in Szene zu setzen wusste. Angefangen von Robert Schuhmanns so impressionistischen "Die bist wie eine Blume" über das so turbulente "Spinnerlied" vom Inspirator und Förderer in der Leipziger Zeit, Felix Mendelssohn-Bartholdy, und dann natürlich die Reminiszenz von Clara Schumann an Bach mit einer Fuge in g-moll zu einer Zeit, da Bach in der Stadt seines Wirkens fast 100 Jahre vergessen wurde.
Wie innig die Beziehung zu Brahms gewesen sein mag, kam in kleinen Stücken wie "Meine Liebe ist grün" oder etwa "Es brausen der Liebe Wogen" als sehr intensive Ausführung an die spannenden Erzählungen aus dem Mund von Georg Mais aus den so virtuosen Händen der Pianistin, die mit gleicher Klasse selbst aus einem Kinderlied wie Robert Schuhmanns "Träumerei", welche dieser wohl wirklich seinen eigenen Kindern gewidmet hatte, so wie auch das ganz zum Schluss hier präsentierte Albumblatt "Ahnung" von 1838, das erst 2009 aus dem Archiv in Überlingen wieder an die Öffentlichkeit gelangte, nachdem man seine Handschrift den Noten zuordnen konnte.
Auch das bekannte Puppenwiegenlied reihte sich hier ein, wenngleich die Schumanns des Geldverdienens wegen ständig unterwegs gewesen sind und deren Ehe durch den Suizidversuch Roberts im Rhein zu Düsseldorf sowie der damit verbundenen  Unterbringung in einer Anstalt, zu der Clara Schuhmann keinen Zugang bekam und Brahms hier als Besucher die Stellvertretung der Familie übernahm, jäh abbrach.
Und irgendwie wurde diese Zeit lebendig des 19. Jahrhunderts. Ein bereichernder Abend war das, denn die Musik kam sozusagen aus dem Leben dieses "Dreiecks" in dem, durch das Unterwegssein, wohl an die tausend Briefe geschrieben wurden, die Brahms schlussendlich auf Verlangen von Clara Schuhmann zum größten Teil vernichten musste.

Chin-Fen Lee und Georg Mais durften einen sehr innigen Schlussapplaus genießen, natürlich mit Zugabe. | Foto: Fiedler
Georg Mais bei seinem recht hintergründigen Vortrag über Clara Schumann, für den er sogar J. S. Bach wieder auferstehen ließ. | Foto: Fiedler
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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