WOCHENBLATT-Interview mit GLKN-Geschäftsführer Peter Fischer
»Wir wollen Stockach nicht schlucken«

Peter Fischer  | Foto: Kein Interesse an einer Übernahme des Stockacher Krankenhauses: Peter Fischer, der Geschäftsführer des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz.swb-Bild: GLKN
  • Peter Fischer
  • Foto: Kein Interesse an einer Übernahme des Stockacher Krankenhauses: Peter Fischer, der Geschäftsführer des Gesundheitsverbunds Landkreis Konstanz.swb-Bild: GLKN
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Stockach/Singen. Die Zeiten, in denen sich das Stockacher Krankenhaus wie das gallische Dorf in den »Asterix«-Comics allein im Landkreis Konstanz behauptete, sind vorbei. Bürgermeister Rainer Stolz und Geschäftsführer Berthold Restle haben eine über fünf Jahre laufende Rahmenvereinbarung über eine engere Zusammenarbeit im medizinischen und nichtmedizinischen Bereich mit dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) unterzeichnet. Dazu ein Interview mit GLKN-Geschäftsführer Peter Fischer.

WOCHENBLATT: Stockach wollte mit seinem Krankenhaus immer eigene, landkreisferne Wege beschreiten. Warum ist es aus Ihrer Sicht nun doch zu einer Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz gekommen?

Peter Fischer: Es liegt auf der Hand, dass Krankenhäuser in einem Landkreis zusammen arbeiten. Stockach war zwar dabei, als es darum ging, den Gesundheitsverbund zu gründen, es hat sich dann aber doch zunächst für eine Zusammenarbeit mit den Kreiskliniken Sigmaringen entschieden. Aber eine Zusammenarbeit über Kreisgrenzen hinweg ist schwierig, und diese Kooperation kam auch unter der Federführung des damaligen Geschäftsführers des Stockacher Krankenhauses zustande.

Zu dessen Nachfolger Berthold Restle haben wir ein ausgezeichnetes Verhältnis, denn er ist ein ausgewiesener Fachmann im Gesundheitswesen und auch menschlich in Ordnung. Dass er und die Stadt Stockach das Krankenhaus zur wohnortnahen Versorgung aufrechterhalten wollen, ist absolut verständlich. Aber es hat sich aus wirtschaftlicher und medizinischer Sicht angeboten, dass die Krankenhäuser im Landkreis nicht nebeneinander herleben, sondern ihre Kräfte bündeln.

WOCHENBLATT: Brauchen kleine Häuser einen Partner?

Peter Fischer: Ja. Denn wenn kleine Häuser meinen, solitär arbeiten zu müssen, haben sie langfristig keine Überlebenschance. Krankenhäuser, die sich nicht einem Verbund in irgendeiner Form der Kooperation anschließen, werden es auf Dauer weder in wirtschaftlicher noch in medizinischer Hinsicht schaffen zu überleben. Bei den ständig steigenden Strukturanforderungen an die Medizin kann man alleine nicht bestehen. In finanzieller Hinsicht ist ein eigenständiges Überleben Stockachs möglich, solange die Stadt das Defizit trägt. Doch die wachsenden Herausforderungen im Strukturbereich kann das Krankenhaus nur in Zusammenarbeit mit einem Partner bewältigen.

WOCHENBLATT: Sie sprechen vom finanziellen Überleben Stockachs. Das Krankenhaus schlägt mit einem Abmangel von durchschnittlich etwa 500.000 Euro pro Jahr zu Buche. Glauben Sie, dass das auf Dauer zu stemmen ist?

Peter Fischer: Das müssen die Stockacher entscheiden. Ich kann nur für unseren Verbund sprechen, und die Bilanz des Gesundheitsverbunds ist durch die Kooperation ja auch für Stockach interessant. Wir konnten 2016 einen Umsatz von über 260 Millionen Euro verzeichnen, wobei der Personalaufwand mit 163 Millionen Euro zu Buche schlägt. 62 Prozent unseres Umsatzes entfallen also auf den Personalbereich. Und wir beschäftigten 2016 im gesamten Verbund 3.600 Mitarbeitende auf 2.600 Stellen. Im Verbund haben wir Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren, ein Altenheim, das Hegau-Jugendwerk, und wir sind im ambulanten Bereich und in der Nachsorge tätig.

WOCHENBLATT: Das Stockacher Krankenhaus hat eine Spezialisierung auf Schulterchirurgie etabliert, um das Angebot der medizinischen Grundversorgung aufrechterhalten zu können. Halten Sie das Konzept für zukunftsfähig?

Peter Fischer: Das ist sicher ein gangbarer Weg, denn dieses Modell funktioniert innerhalb des Gesundheitsverbunds ja auch in Radolfzell. Radolfzell ist ein Haus der wohnortnahen Grundversorgung im Bereich der Inneren Medizin und der Chirurgie und hat eine Spezialisierung auf Diabetologie, Fußchirurgie und seit geraumer Zeit das Zentrum für Altersmedizin.

WOCHENBLATT: Es gibt immer wieder Diskussionen über Notfallversorgung in Stockach.

Peter Fischer: Das ist Sache der Stockacher. Darüber gibt es keine Vereinbarung mit uns.

WOCHENBLATT: Wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?

Peter Fischer: Wir haben dafür einen Stufenplan ausgearbeitet, dessen erste Stufe in der Erneuerung und dem Ausbau bestehender Verträge besteht. Denn es gab ja schon vor dem Vertragsabschluss eine Zusammenarbeit zum Beispiel in den Bereichen Einkauf, Apotheke und Radiologie, und nun bietet sich ein weiterer Strauß an Möglichkeiten der kollegialen Kooperation auf Augenhöhe an. Weitere mögliche Bereiche der Zusammenarbeit sehen wir unter anderem in den Bereichen Reinigung, Betriebsarzt, Krankenhaushygiene. Wir haben zum Beispiel einen Experten für Krankenhaushygiene vor Ort, der in Stockach zum Einsatz kommen könnte. Daneben streben wir eine Intensivierung der Kooperation im IT- und EDV-Bereich an: Es ist ja bekannt, dass die Einrichtungen des GLKN die nahezu vollständige Digitalisierung (papierloses Krankenhaus) realisieren werden. In diese Digitalisierungsmaßnahme soll auch das Krankenhaus Stockach mit einbezogen werden. In der nächsten Stufe sollen dann Kooperationsmodelle geprüft und vereinbart werden, die über reine Dienstleistungen hinausgehen, wie beispielsweise gemeinsame Klinikpfade, ein gemeinsames Medizinkonzept oder gemeinsamer Personaleinsatz.

WOCHENBLATT: Der Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz bringt ein größeres Gewicht in diese Krankenhaus-Ehe mit Stockach ein. Wie profitiert der GLKN als größerer Partner von der Verbindung?

Peter Fischer: Eine Kooperation ist keine Krankenhaus-Ehe, sondern eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Durch die Zusammenarbeit haben wir eine Win-Win-Situation, von der auch wir profitieren. Ein Beispiel: Wir arbeiten eng im Bereich der Apotheke zusammen. Auch nehmen wir für das Krankenhaus Stockach den IT-Service in Verbindung mit der Teleradiologie wahr. Wir können auch Patienten aus Stockach in der Diagnostik oder zu einer weitergehenden medizinischen Versorgung übernehmen. Und durch die Zusammenarbeit werden wir Behandlungsprozesse so miteinander verbinden, dass in vielen Bereichen eine Vernetzung zum Vorteil der Patienten stattfindet.

WOCHENBLATT: Wie geht es in fünf Jahren nach dem Ablauf der Kooperationsvereinbarung weiter?

Peter Fischer: Soweit kann man aus heutiger Sicht nicht in die Zukunft sehen.

WOCHENBLATT: Ist der Kooperationsvertrag nur ein erster Schritt hin zum Verlust der Stockacher Eigenständigkeit?

Peter Fischer: Wir haben keinerlei Interesse daran, Stockach zu schlucken. Es war uns wichtig, dass die Krankenhäuser im Landkreis zum beiderseitigen Vorteil und zum Wohle der Patienten enger zusammenarbeiten, aber eine Übernahme liegt nicht in unserem Interesse. Daher waren die Verhandlungen auch von einem großen Vertrauen zwischen Bürgermeister Rainer Stolz und Geschäftsführer Berthold Restle auf der einen Seite und uns auf der anderen Seite geprägt. Und Stockach beschreitet in der Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz meines Erachtens den richtigen Weg.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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