Wie die Energieversorger sich rüsten
Was tun, wenn die Lichter ausgehen?

So sind wir es gewöhnt, wenn alles reibungslos funktioniert: In der warmen, hellen Stube am Computer sitzen, telefonieren oder gemütlich Fernsehen schauen. Doch auch ein Strom- oder Gasausfall kann gut überstanden werden, wenn man sich richtig darauf vorbereitet. | Foto: Amrit Raj
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  • So sind wir es gewöhnt, wenn alles reibungslos funktioniert: In der warmen, hellen Stube am Computer sitzen, telefonieren oder gemütlich Fernsehen schauen. Doch auch ein Strom- oder Gasausfall kann gut überstanden werden, wenn man sich richtig darauf vorbereitet.
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Kreis Konstanz. Die Energiekrise, Versorgungsengpässe und die hohe Inflation lassen vielen Menschen mit Sorge in die Zukunft blicken. Was wird der Winter bringen? Drohen eine Energiemangellage oder gar ein Blackout? Im »worst case« gäbe es dann kein Licht, kein Fernsehen und kein Internet mehr und auch die Heizungen würden ausfallen. Wie wird die Situation und mögliche Szenarien von den Energieversorgern der Region und den politisch Verantwortlichen eingeschätzt und was kann der Einzelne tun, um gut durch den Ernstfall zu kommen? Diesen Fragen ist die Wochenblatt-Redaktion nachgegangen und hat sich umgehört.

„Die Lage ist stabil, kann sich aber verschlechtern“

Die Bundesnetzagentur versichert zwar, dass „die Versorgungssicherheit in Deutschland derzeit weiter gewährleistet und die Gasversorgung in Deutschland im Moment stabil ist“, die Lage aber angespannt sei und eine weitere Verschlechterung der Situation nicht ausgeschlossen werden könne.

In der Nachbarschaft

Damit rechnen auch die Schweizer Nachbarn. So verteilte der Kanton Thurgau vergangene Woche einen Wurfzettel, auf dem aufgelistet war, wie sich die BürgerInnen auf einen möglichen Stromausfall vorbereiten sollten. Ein „Ratgeber für die Eigenvorsorge“ mit dem Titel „Blackout – was dann?“ wurde zum Beispiel von der Stadt Rosenheim in Bayern heraus gegeben. Oberste Gebot lautete dabei: „Ruhe bewahren und überlegt handeln“. Dies ist auch nach Angaben des Info-Dienstes des Kantons Thurgau die Absicht dieser frühzeitigen Information der Bürgerschaft: Man soll sich informiert und vorbereitet fühlen aber nicht in Panik geraten. Der empfohlene Notvorrat reicht von Wasserrationen und haltbaren Nahrungsmitteln über Medikamente und Tiernahrung bis hin zu Windeln und Babynahrung und einem Radio mit Batteriebetrieb.

Als äußerst gering sieht man bei der EKS in Schaffhausen die Wahrscheinlichkeit einer sogenannten »Strommangellage«. Der Energiekonzern versorgt auch die Höri und Gemeinden am Randen mit Strom und wird alle Vorkehrungen treffen, um diesen Fall nicht eintreten zu lassen, wurde gegenüber dem Wochenblatt versichert. Sollte es dennoch knapp werden, so würde man rotierende Abschaltungen durchführen, die aber rechtzeitig angekündigt werden – in Deutschland würde dies über die Gemeinden geschehen.

Der Krisenstab

Auch Johannes Moser rechnet nicht mit baldigen Mangellagen. Der Vorsitzende des Gemeindetags des Landkreises Konstanz, möchte nicht zu früh die Pferde scheu machen. „Wenn ein Blackout droht werden wir zeitnah reagieren und die Bevölkerung informieren und dies möglichst einheitlich“, erklärt er. Für ihn haben derzeit die Vorgaben des Landes zur Senkung des Energieverbrauchs um 15 Prozent in öffentlichen Gebäuden Vorrang. Zudem hat die Stadt ein Notstromaggregat für die Feuerwehr angeschafft, an das auch die Stadtverwaltung angeschlossen werden kann, um dringendste Aufgabe zu erledigen. Weitere Vorbereitungen für eine Mangelsituation werden in einem Krisenstab zur Energielage des Landkreises erarbeitet, kündigte Johannes Moser an.

Dieser Krisenstab wird in dieser Woche erstmals im Konstanzer Landratsamt zusammenkommen. Vertreten sind dabei die drei großen Kreisstädte Konstanz, Radolfzell und Singen, der Engener Bürgermeister Johannes Moser als Vertreter der übrigen Gemeinden, die Handwerkskammer und IHK wie die Zuständigen im Katastrophenschutz aus dem Landratsamt, die sich nun regelmäßig besprechen wollen. Den Vorsitz des Krisenstabs hat seitens des Landratsamts Harald Nops als Leiter des Dezernats für Verwaltung und Digitalisierung übernommen. »Uns ist es wichtig hier für eine Koordination für eventuelle Maßnahmen zur Mangellagen herstellen zu können damit auch alle auf dem gleichen Stand sind«, so Harald Nops. »Das liegt eigentlich in der Selbstverantwortung der Kommunen aber es ist letztlich einfach wichtig dass hier auch durch unsere Kommunikation eine einheitliche Linie hier Region gefahren werden könnte, so Nops weiter auf Nachfrage des Wochenblatt. In den Gesprächen werde auch thematisiert, wo Schwachpunkte stecken könnten und auch wie und wann die EinwohnerInnen informiert werden müssten. »Wenn das Gas knapp werden sollte, dann wird die Bundesnetzagentur den Energieversorgern mitteilen, wie viel weniger Gas sie verteilen dürfen. Da sind wir außen vor, aber die Folgen betreffen unter Umständen die Region.« Die Herausforderung sei deshalb besonders, weil man sich nun auf etwas einstellen, von man nicht wisse, ob es eintritt. »Wir hatten es ja immer wieder mit regionalen Ausnahmelagen zu tun, nun wäre es theoretisch ganz Deutschland, das betroffen sein könnte!«, so Nops weiter.

Gemeinde Rielasingen-Worblingen

Das Thema »Blackout« ist ja längst nichts Neues für Europa. Viele Erinnern sich sicher noch an die Mega-Blackouts in Frankreich in 2006 oder den damals von Kroatien durch Computer ausgelösten Kettenreaktionen, die sich durch ganz Europa walzten. Der Bürgermeister von Rielasingen-Worblingen, Ralf Baumert, hatte sich damals einer der populären Blackout-Bücher besorgt und festgestellt, dass die Kommune hier gefordert ist. Umgesetzt habe man deswegen Notstromaggregate für das Schulzentrum im Ortskern, dass dann anhand der Katastrophenschutzpläne auch Wärmehalle wäre, für das Rathaus sei eine solches Agrregat gerade in der Umsetzung, bei der aktuellen Sanierung der Hardberg-Grundschule werden das auch dort eingebaut wie dann im neue Feuerwehrhaus, dessen Bau in dieser Woche begonnen. Auch die Trinkwasserbrunnen seien mit Notstromaggregaten ausgerüstet um damit die Trinkwasserversorung für alle Fälle zu sichern. Dies auch nicht wegen der aktuellen Lage, sondern weil es ja immer wieder Stromausfälle gegeben hat.

Auch wenn das Risiko eines Blackouts oder einer Energiemangellage eher gering eingeschätzt wird, befassen sich die Energieversorger in der Region mit diesem Thema:

Stadtwerke Engen

Der Leiter der Stadtwerke Engen, Peter Sartena, geht derzeit davon aus, dass „wir bei einem normalen Winter mit den Gasvorräten durchkommen“. Allerdings Gebe es viele Fragezeichen für die Energieentwicklung der nächsten Monate, so dass er einen möglichen Blackout nicht auf die leichte Schulter nehmen und sich darauf vorbereiten werde. Sorgen bereitet ihm zudem eine Überbelastung des Stromnetzes durch die Heizlüfter, die in den letzten Wochen in Massen gekauft wurden.

Stadtwerke Radolfzell:

Wie alle Stadtwerke und Gemeindewerke in Deutschland haben auch die Stadtwerke Radolfzell ihre Notfallplanung auf die neuen möglichen Ausnahmezustände vorbereitet. »Unsere Servicecenter verzeichnen schon länger viele besorgte Anfrage«, macht Joachim Kania, derzeit Interims-Geschäftsführer der Stadtwerke Radolfzell im Gespräch mit dem Wochenblatt deutlich. Zwei Krisenstäbe tagen regelmäßig zu Veränderung der Lage, einmal für die Stadt Radolfzell, und dann mit den großen Kunden, die im Fall der Fälle von Abschaltungen betroffen sein könnten. »Das oberste Ziel für uns ist, immer den privaten Haushalten eine Versorgung sichern zu können«, sagt Kania. Der »GAU« wäre nicht nur in der Region, wenn der Gasdruck so stark absinken würde, dass Gasheizungen ihren Betrieb einstellen würden. »Da würde in jeder Gastherme eine Klappe zugehen und die sogenannte »Inbetriebnahme« müsste dann manuell und durch einen Fachmann vorgenommen werden«, macht Kania hier einen Riesenaufwand deutlich, der sich im schlimmsten Fall über Monate hinziehen könnte«. Wie andere Energieversorger mit Gas im Portfolio habe man inzwischen fachliche Worshops mit den Sanitärunternehmern und Heizungsbauern angesetzt, um für diesen Fall schnell und mit vielen kundigen Kräften reagieren zu können.« Dieser Fall werde sicherlich nicht über Nacht eintreten und man könne sich darauf vorbereiten, beruhigt Kania in diesem Punkt. Täglich werden die Energieversorgung über den aktuellen Stand durch die Bundesnetzagentur informiert, so dass man schon Tage zuvor informiert werde und auch informieren werde«, so Kania. Auch beim Strom sehen sich die Stadtwerke vorbereitet. Auch dort stehen zum Beispiel Anhänger mit Notstromaggregaten zur Verfügung, um beispielsweise die Wasserversorgung zu sichern, als auch in besonderen Einzellagen. »Die Signale der Politik sind sicher auch schon angekommen« zeigt sich Kania zuversichtlich. Denn in diesem Sommer sei der Gasverbrauch schon um 20 Prozent gesunken, vor allem durch die Großkunden.

Thüga Energienetze GmbH

„Der Versorger für das Gas- und Stromnetz in der Stadt Singen, die »Thüga Energienetze GmbH«, hält einen solch weitreichendes Ausbleiben der Energiezufuhr für sehr unwahrscheinlich. So werde das Netz beispielsweise schon durch den aktuell sinkenden Verbrauch spürbar entlastet. Auch nimmt die Thüga Bezug auf eine Stellungnahme des Übertragungsnetzbetreibers amprion, wonach die Versorger schon seit Jahrzehnten an einem sicheren und stabilen Energienetz arbeiten. Dadurch rechnen diese im kritischsten Szenario und nach Einsetzen unterschiedlicher Reserven und anderer Maßnahmen allenfalls mit sogenannten »Lastunterdeckungen«. Das heißt, die Betreiber kappen - räumlich und zeitlich abgegrenzt, kontrolliert und »diskriminierungsfrei« - Haushalte und Unternehmen vom Netz um hier kurzzeitig für Entspannung zu sorgen und diese dann wieder anzuschließen.

Beim Thema Gas weißt man auf die Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums hin, das die aktuelle Versorgung als »zwar kritisch, aber gewährleistet« benennt. Die Netzbetreiber der Stadt Singen stützen sich zudem auf die Gasspeicher, welche mit dem aktuellen Füllstand von 90 Prozent einen Verbrauch wie »im letzten Winter in den Monaten Januar und Februar« decken könnten. Zusätzlich sorgen Importe »von anderen Ländern« für Energiesicherheit, wenn auch zu höheren Preisen.

Die Thüga sei als Teil »kritischer Infrastruktur« nichtsdestotrotz auf unterschiedliche Zukunftsszenarien vorbereitet. Dabei nennt diese eine interne Task Force, die sich präventiv mit möglichen Notfallszenarien beschäftigt. Aber auch der »Austausch mit Behörden, Kommunen und vorgelagerten Netzbetreibern« sorge für Sicherheit durch Notfallpläne zum Beispiel aus der Politik. Hier gelten Privathaushalte als besonders schützenswert bei der Gasversorgung, von Sparmaßnahmen wären demnach industrielle Betriebe eher betroffen. Im Falle einer zuvor beschriebenen Lastunterdeckung im Singener Stromnetz greife hier eine kurzfristige Abschaltung einzelner Versorgungsbereiche »durch ein erprobtes und gesetzlich vorgeschriebenes Kaskadierungsverfahren« zur Stabilisation. Sollte dennoch und entgegen aller Wahrscheinlichkeiten ein Blackout eintreten, zeigt man sich auf einen zeitweiligen Notbetrieb inklusive Rückkehr zur normalen Versorgung vorbereitet.

Dem Einzelnen wird zudem empfohlen, sich auf der Seite der Bundesnetzagentur tagesaktuell zu informieren, sowie im privaten Bereich auf die frei zugänglichen Informationen des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zurückzugreifen. Außerdem sei es weiterhin nötig, Energie zu sparen. Hier wird speziell betont, dass elektrische Heizlüfter »keine sinnvolle Alternative zum Heizen mit Gas« darstellen.“

Stadtwerke Konstanz

Die Stadtwerke Konstanz rechnen laut Pressesprecher Josef Seibler nicht mit einem Strom- oder Gas-Blackout, greifen aber gegeben falls auf ein Störungsmanagement zurück: „Hierbei geht es um die zusätzliche Überwachung von Druck- und Mengenmessungen sowie technischen Anlagen und die Priorität für Arbeitsaufträge, mit denen die Störungen in den Griff zu bekommen sind.“ Beim Gasspeicher verhält es sich seiner Aussage nach anders, da dieser nicht saisonal ist und nur zu einer tageweisen Deckung von Spitzen diene. „Sollte es zu einem Strom-Blackout kommen, werde man die Regularien des Krisenmanagements anwenden“, so Siebler weiter. Für wichtige betriebliche Anlagen habe man eine Notstromversorgung. Im gesellschaftlichen Bereich dürften ihm zufolge wohl große Teile des öffentlichen Lebens reduziert oder eingestellt werden.

Autor:

Redaktion aus Singen

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