Muhterem Aras zu Besuch bei WEFA
Viele heiße Themen für die Landtagspräsidentin
Singen. Wie steht es um die Unternehmen hier in der Region und was muss dafür getan werden, damit diese in Zukunft auch erhalten bleiben? Diese und weitere Fragen waren Thema beim Besuch der Landtagspräsidentin Muhterem Aras beim Singener Familienunternehmen WEFA.
Im Zentrum stand dabei neben einer kurzen Besichtigung der Fertigungs- und Unternehmenshallen vor allem ein von der Landtagsabgeordneten Dorothea Wehinger moderiertes Gespräch mit Vertretern aus Handwerk, Industrie und Innenstadtgestaltung. "Vieles spielt sich im Süden ab, wobei der Süden ein bisschen vernachlässigt wird", merkte Wehinger zu Beginn an. Dabei gebe es gerade auch hier in Singen mit der WEFA Unternehmen, die im sozialen Bereich sowie auch mit dem Reallabor für die wissenschaftliche Förderung in der Stadt sehr aktiv sind.
"Ich bin immer wieder fasziniert, was unser Land hier an Unternehmensvielfalt zu bieten hat", äußerte sich Landtagspräsidentin Aras nach der etwa 15-minütigen Vorstellung des Unternehmens durch Geschäftsführer Dr. Joachim Maier. Ganz besonders begeistere sie, dass mit WEFA hier dezentral ein großartiger Weltmarktführer ansässig sei. Schnell kam sie auch mit der Bürokratie auf eines der Hauptprobleme zu sprechen, so sei diese "nicht per sé schlecht". Allerdings auch nur, wenn es den passenden Rahmen dafür gibt und dies nicht zu überbordend ist.
"Wir fühlen uns immer mehr wie in einem Zonenrandgebiet", antwortete Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee. Weiter hatte er eine Bitte an Muhterem Aras: "Konzentrieren Sie sich im Landtag bitte wieder mehr auf die Probleme der kleinen und mittelständischen Unternehmen." Der Bürokratieabbau solle ihm zufolge im Land ernst genommen werden und klimaneutrale Wirtschaft besser reguliert werden, da man nicht nur in diesem Bereich vor allem aufgrund der Grenznähe in stetiger Konkurrenz zur Schweiz steht. Zudem gehe das Thema der Wasserstoff-Kernleitung komplett an Südbaden vorbei. "Sie dürfen die regionale Infrastruktur, zu der ich auch den ÖPNV, Schulen und Gesundheit zähle, nicht im Regen stehen lassen", so Conrady.
"Zeit, zu machen"
Auch das Thema Kommunikation spielte in der Diskussion eine große Rolle, wie die Geschäftsführerin von Singen aktiv, Claudia Kessler-Franzen, verdeutlichte. So haben schon viele Unternehmen an den Treffen mit terranetz bw teilgenommen, andere wiederum nicht, was ihr unwohl aufstößt: "Wenn wir von bestimmten Wirtschaftsförderungen nichts wissen, kann es auch nicht an die Unternehmen transportiert werden."
Gerade in der Industrie und im Handwerk werde es laut der Landtagspräsidentin ihrer Beobachtung nach immer schwieriger, junge Menschen für physische Arbeiten zu begeistern. "Die Vermittlung in den Schulen gestaltet sich als große Herausforderung", bemerkte Aras. Man brauche ihr zufolge hierfür auch Migration, die funktioniert.
"Die generelle Situation muss erkannt werden", betonte Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz. Hierzu wäre es wichtig, vielleicht einen Tag der Berufsorientierung in die Schulen zu bringen. "Hierbei gibt es jedoch gerade an Gymnasien das Problem, dort an die SchülerInnen heranzukommen, da sie dort offenbar nur für den akademischen Bereich vorbereitet werden." Das gesamte Schulsystem gehöre daher für ihn hinterfragt.
Realistische Ziele für Klimaneutralität
Was vielen Unternehmen ebenfalls fehle, sei die Planungssicherheit, wie Wilfried Trah, Vorstandsvorsitzender von Singen aktiv, feststellte: "Viele Betriebe fragen sich, welche Richtlinie sie nun einhalten müssen." Seiner Äußerung nach brauche es Leitplanken, auf die man sich verlassen kann. Für die beiden Vertreter von Singen aktiv soll auch das Thema berufliche Qualifikation mehr in den Mittelpunkt rücken, so zeige man mit dem jährlichen Tag des Handwerks in Singen, dass SchülerInnen hier eine Möglichkeit haben, in die dortige Berufswelt Einblick zu erhalten. "Ohne das Handwerk kann unsere Zukunft nicht gewährleistet werden", so Trah.
In Sachen Klimaneutralität stellt Thomas Conrady oft fest, dass die gesteckten Ziele mit 2040 für Singen, 2045 für den Bund sowie 2050 für Europa einfach nicht erreicht werden können. "Es braucht realistische und erreichbare Ziele, wobei man es auch nicht gleich übertreiben muss". Man müsse den Planeten für zukünftige Generationen erhalten können und den BürgerInnen bei Förderungen für nachhaltige Energie finanziell mehr Anreize schaffen. Dem konnte Muhterem Aras zustimmen, so brauche es ambitionierte Ziele, um die Ressourcen zu erhalten und die Menschen dabei mitzunehmen. "Im Ziel sind wir uns alle einig: Dass es mehr Vertrauen in die Unternehmen benötigt", so Aras. Zwar sei die Infrastruktur ihrer Meinung nach einem starken Staat wie Deutschland nicht würdig, "jedoch sollten wir uns bewusst sein, dass wir in einem starken Rechtsstaat leben, wovon Industrie und Handwerk stark profitieren, worin aber auch nicht alles perfekt ist". Große Sorge sehe Thomas Conrady beim "heißen Thema" der Unternehmensnachfolge: "Hier wird es immer schwerer, Menschen zu finden, die Verantwortung übernehmen und für einen guten Betriebsübergang sorgen." Allgemein müsse für ihn dafür gesorgt werden, dass der Wohlstand als Gesellschaft erhalten werden kann.
Was ausländische Fachkräfte betrifft, hat Landtagspräsidentin Aras eine klare Meinung: "Für diese Menschen braucht es dringend zentrale Anlaufstellen". Für sie sei es generell wichtig, in all diesen Bereichen offen im Diskurs zu bleiben. Außerdem sei viel Mut notwendig, um fachliche und argumentative Unterstützung geben zu können. "Wir sollten uns daher weiterhin darauf besinnen, gemeinsam an den Grundsatzthemen im Sinne des Grundgesetzes zu arbeiten."
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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