Sechs Geschäftsstellen sollen schließen/Scharfer Protest von IG Süd und aus Überlingen
Sparkasse zieht sich aus Dörfern zurück
Singen (of). Schon bei der Bilanzkonferenz im März hatte der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Singen-Radolfzell, Udo Klopfer angedeutet, dass sich das Geschäftstellennetz in der Überprüfung befinde. Aus der Überlegung sind inzwischen konkrete Maßnahmen geworden, die der Vorstand der Sparkasse bis zum 1. Oktober umsetzen will, wie nun in einer Medienkonferenz am Montag bekannt gegeben wurde.
Am 25. Juni hat der Verwaltungsrat die Entscheidung zur dieser Strukturreform gefällt, gab Klopfer bekannt.
Folgende kleine Geschäftsstellen sollen ab 1. Oktober geschlossen und der Markt einer anderen Geschäftsstelle zugeordnet werden. Im Hegau soll die Geschäftsstelle Überlingen am Ried schließen. Die Kunden müssen sich nun nach Bohlingen orientieren. Die Geschäftsstelle Friedingen wird Volkertshausen zugeschlagen. Weiter werde die bislang noch mitarbeitergestützte Filiale in der Forststraße am Industriegebiet in eine reine Selbstbedienungsfiliale umgewandelt.
In der Region Radolfzell-Höri schließen die Geschäftsstellen in Stahringen, Liggeringen Markelfingen und Horn. Die betroffenen Kunden wurden am Wochenende informiert.
»Wir wollen in jeder politischen Gemeinde mit mindestens einer von Mitarbeitern geführten Geschäftstelle vertreten sein«, unterstrich Klopfer im Mediengespräch. Dort wolle man auch eine Öffnungszeit von mindestens 27 Stunden sichern.
Begründet wird die jetzt veröffentlichte Neustrukturierung mit der Veränderung des Kundenverhaltens. Die Geschäftsstellen seien immer weniger von der Bevölkerung genutzt worden. Geldautomaten verursachen alleine zwischen 20.000 und 25.000 Euro Wartungskosten pro Jahr dazu kommen 15.000 Euro für SB-Terminals.
Eine Ursache ist die gewaltige Entwicklung im Online-Banking. In den letzten zehn Jahren seien die Online-Buchungen von 1,4 auf 1,9 Millionen angestiegen, die beleghaften Buchungen dagegen von 636.000 auf rund 300.000 abgesunken. Auch die Kontoführung via Smartphone nehme rasant zu.
Schon jetzt stünden die Berater für Hausbesuche auch außerhalb der Geschäftszeiten zur Verfügung, betonte Udo Klopfer. Es werde seitens der Bank auch ein Bargeldservice per Bote angeboten wenn Probleme mit der Mobilität bestünden.
Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Der Ortschaftsrat in Überlingen am Ried hat eine scharfe Resolution verfasst. Danach wird der Sparkassen-Vorstand auf § 6 des Sparkassengesetzes hingewiesen, wonach der Unternehmenszweck einer Sparkasse die ausreichende Versorgung »aller Bevölkerungskreise – auch in der Fläche« sicherzustellen sei. Nach der Schließung der Geschäftsstelle in Überlingen sei dieses Grundpaket nicht mehr gewährleistet, argumentiert Ortsvorsteher Bernhard Schütz.
»Wenn schon die Geschäftsstelle schließen muss, sollten wenigstens Geldautomaten und Selbstbedienungsterminals vor Ort verbleiben«, fordern die Ortschaftsräte. »Wenn die Leute schon zum Geld holen woanders hinfahren müssen, werden sie auch woanders einkaufen gehen«, prognostiziert Ortschafts- und Gemeinderat Jürgen Schröder.
Ziemlich sauer zeigte sich Dirk Oehle, Vorsitzender der IG Süd, denn er habe von der Schließung aus den Medien erfahren. Der IG Süd stinkt die Umwandlung der Geschäftsstelle in der Forststraße zur Automaten-Filiale. »Damit kappen Sie persönlichen Kontakte zur Singener Industrie und zum Mittelstand im Süden«, kritisiert er.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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