Vernissage im Kunstmuseum
Moderne und Klassik in zwei Ausstellungen

- Besondere Aufmerksamkeit zog die pneumatisch gestützte Installation von Boris Petrovsky auf sich. Seit 30 Jahren künstlerisch präsent, stets an Technikgeschichte und -neuerungen interessiert, verbindet er die vier Elemente Erde, Luft, Feuer und Wasser versiert mit der Resonanz des Menschen auf dessen Wahrnehmung von Kultur und Technik.
- Foto: Bernhard Grunewald
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Singen. Auf spürbar lebhaftes Interesse beim Publikum stieß am Sonntagmittag, 19. Januar, die Eröffnung zweier Ausstellungen im Singener Kunstmuseum mit den Titeln „Boris Petrovsky.Turbatory“ und „Teil vom Ganzen, Arbeiten auf Papier aus der hauseigenen Sammlung“.
„Zwei Veranstaltungen, die gegensätzlicher nicht sein könnten“, so Oberbürgermeister Bernd Häusler in seiner Begrüßung im Obergeschoss vor einem vollen Saal: „Im Erdgeschoss sind sie bereits auf Arbeiten des Medienkünstlers Boris Petrovsky gestoßen - und es eröffnet sich Ihnen eine auf- und anregende Gesamtkonstellation unterschiedlichster Sinneseindrücke aus Licht- und pneumatischen Objekten, Bildern, Videoeinspielungen, Schrift, Bewegung und Tönen. Hier oben umgeben Sie vergleichsweise ruhige Kunstwerke auf und mit Papier - allesamt aus der Sammlung unseres Kunstmuseums“.
Für Häusler „stehen beide Ausstellungen für die zwei Seiten des Kunstmuseums: für eine bewusste, geschärfte Wahrnehmung - sowohl in die Vergangenheit, aber erst recht auf unsere Gegenwart“. Die weiter anwachsende städtische Kunstsammlung ist für den OB „immer auch ein Spiegel der allgemeinen, insbesondere aber der spezifisch vor Ort erlebten Kunst- und allgemeinen Geschichte“, was die „Besonderheit, die Nichtaustauschbarkeit der Singener Sammlung ausmacht“. Das Kunstmuseum schaut aber auch „in die Gegenwart und - perspektivisch - in die Zukunft“, so Häusler mit Dank an alle Beteiligten, und stellt „Künstlern, Ideen und Positionen aus der Vierländerregion Bodensee eine Plattform zur Verfügung.“
Christoph Bauer, Leiter des Kunstmuseums, verwies in seiner Eröffnung auf den Schatz an grafischen Arbeiten „als Teil vom Ganzen“, welche aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit nicht dauerhaft gezeigt werden können. So entstand „ein kleiner Rundgang durch rund 100 Jahre Kunstgeschichte im westlichen Bodenseeraum“, mit sehenswerten Exponaten von „Höri-Künstlern“ wie Otto Dix, Curth Georg Becker, Max Ackermann oder Erich Heckel, „aber auch Vertretern der Moderne seit den 60er und 70er Jahren bis hin zu zeitgenössischen Künstlern. Ich würde mich freuen, wenn die Bürger Singens auch diesen Teil der Sammlung stolz für sich entdecken“, so Bauer.
Er zeigt sich fasziniert von den Ausstellungs-Arbeiten des 57-jährigen Petrovskys, die dem Wesen innerer wie äußerer Bilder unserer zunehmend medialen Welt nachspüren und „in der seine neue Werkserie pneumatisch-bewegter Objekte erstmals umfassend zu sehen ist“, so Bauer. Der Ausstellungstitel „Turbatory“ geht auf das Lateinische „turbatio“ (Störung) zurück, während die englische Endung „-ory“ auf einen Ort oder Zweck hinweist. So entsteht mit dem sinnlichen Blick auf 56 Kunstwerke „eine Art Parcours“, der dem Besucher durchaus irritierende Wahrnehmungen und Eindrücke ermöglicht - „Denkräume, in denen die Besucher hineingezogen werden“, so der Museumsleiter: „Auf geht's: Bahnen wir uns als Betrachter unseren eigenen Weg durch dieses 'Kopfkino zwischen Animation und Animismus‘ (Boris Petrovsky), durch Petrovskys 'gebauten Film‘. Wir begegnen dabei auch unseren eigenen Wünschen, Wahrnehmungen, Ängsten und Vorstellungen - mithin uns selbst.“
Ein spannendes Begleitprogramm startet mit einer Kombiführung durch beide Ausstellungen am 9. Februar um 11 Uhr, ein „Kunstfrühstück“ mit anschließender Kombiführung folgt am 13. Februar von 9.30 bis 11.30 Uhr. Eine Künstlerführung mit Boris Petrovsky findet am 14. März ab 19 Uhr statt und am 10. April wird ab 18 Uhr „Kunst+Brot+Zeit“ angeboten, eine Führung mit kulinarischem Ausgang im Foyer. Christoph Bauer und Boris Petrovsky laden am 13. April ab 11 Uhr zum gemeinsamen Gespräch mit Führung und am 27. April ab 11 Uhr zur anschließenden Finissage.
Eine Sonderveranstaltung „Kunst&Live: Dystropicania trifft hoch zufriedenstellende Industriemaschinen“ gibt es am 28. März ab 19.30 Uhr - mit dem Künstler am Schlagzeug.



Autor:Bernhard Grunewald aus Singen |
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