Entwurf des Klinikgutachtens
Klinikzukunft im Kreis wird ein "Generationenprojekt"
Singen/ Konstanz. Es wurde mit viel Spannung erwartet, das große Gutachten zur Zukunft des Gesundheitsverbund des Landkreises, das letztes Jahr durch die Gutachter von Lohfert & Lohfert in Auftrag geben wurde und nun im Entwurf vorgestellt wurde. Denn der Landkreis kann sich zweistellige Millionendefizite des Verbunds auf die Dauer nicht leisten. "Derzeit zahlen wir 1,5 bis zwei Millionen Euro jeden Monat drauf, pro Tg mindestens 50.000 Euro", unterstrich Landrat Zeno Danner in einer Medienkonferenz nach der Vorstellung des Entwurfs für die Gemeinderäte, Aufsichtsräte aber auch für Angehörige des Betriebstags am Freitagabend in der Stadthalle in einer gemeinsamen Medienkonferenz mit den Mitgesellschafter OB Uli Burchardt (Konstanz) und OB Bernd Häusler (Singen) wie Klinikgeschäftsführer Bernd Sieber: auf den Punkt gebracht: den Standort Radolfzell soll der Verbund aufgeben. Aber auch das Singener Klinikum steht in seinem jetzigen Zustand zu Disposition und solle durch einen Neubau für den "westlichen Hegau" ersetzt werden. Das Aus wird da auch für das kleinen Krankenhaus Stühlingen kommen, das noch aus dem "Hochrhein-Abenteuer" des ehemaligen OB Andreas Renner übrig geblieben ist.
Riesige Investitionen neben der Subvention nötig
Die Zahlen, die dazu im Raum stehen, sind schwindelerregend. Rund 270 Millionen Euro könnte ein Klinik-Neubau in Singen nach sehr groben Schätzungen kosten. Im Mai soll der Kreistag zur Klinikzukunft einen ersten Grundsatzbeschluss fällen können, so Landrat Zeno Danner. In Singen beginnt nun eine Standortsuche, denn eine Klinik benötige rund 70.000 Quadratmeter Grundstück, was angesichts des aktuellen Flächenangebots in der Stadt durch eine größere Herausforderung darstellt, erschwert dadurch, dass rund um die "alte" Klinik sich ja in den letzten Jahren viel begleitende Infrastruktur gebildet hatte, von der Strahlenklinik über das Großlabor, Chemotherapie, Kindergarten oder Wohnheime.
Eine mögliche Zielmarke, die mit einem neuen Singener Klinikum an einem möglicherweise neuen Standort erreicht wäre, wurde optimistisch für ab 2030 gesehen. Landrat Zeno Danner sagte, dass man wegen der Kosten dafür rund 50 Prozent Zuschuss durch Bund und Land hoffe, was aber immer noch einen ziemlichen dreistelligen Batzen Geld für den Landkreis darstellt. „Aufgrund des hohen Verlustes kann es ein Weiter so nicht geben. Auch für die Patienten ist die moderne und wohnortnahe Zwei-Haus-Lösung in Singen und Konstanz, wie sie vom Gutachten empfohlen wird, die beste Lösung. Gemeinsam sollten wir die Umsetzung konsequent vorantreiben", sagte Singens OB Bernd Häusler in der Medienkonferenz. Die Problematik und daraus folgende unwirtschaftlichkeit wird für das Radolfzell wie für die Singener Klinik in iher veralteten Struktur gesehen. Beide Häuser hatten mal "klein"n angefangen und es wurde immer noch etwas dran gesetzt. Dadurch entstanden gewaltige Flurlängen aber auch eine ziemliche Unübersichtlichkeit.
Radolfzeller hängen an ihrem Krankenhaus
Landrat Zeno Danner zeigte sich in dem Mediengespräch im klaren, dass es auch Widerstand aus der Radolfzeller Bevölkerung gegen den beabsichtigten Abbau des Standort geben werden, denn die Radolfzeller hängen an ihrem Standort vor Ort. Für Danner ergäbe sich durch eine neue Klinik in Singen aber die Möglichkeit, das ja in unmittelbarer Nähe dann Top-Medizin angeboten werde, die auch die Qualität der Behandlung der Radolfzeller verbessere. Es gehe in der Medizinpolitik immer mehr um große Zentren und hohe Fallzahlen für die Abteilungen um damit höchste Qualität anbieten zu können sagte Zeno Danner. Klinik-Geschäftsführer Bernd Sieber machte deutlich, dass kleinere Häuser zunehmend Probleme haben, Personal, auch Führungspersonal zu gewinnen, was in Radolfzell durch den Weggang des Chefarztes Wolff Voltmer in Richtung Stockach im Sommer schon sehr akut werde.
Kein Stellenabbau mittelfristig vorgesehen
„Die Rahmenbedingungen und Anforderungen für die Leistungserbringung an den Krankenhäusern steigen dynamisch. Insofern macht die Zusammenführung von Leistungsbereichen, wie im Gutachten vorgesehen, auf jeden Fall Sinn. Außerdem kann eine Gebäude-Infrastruktur von gestern, wie wir sie an manchen Standorten noch haben, nur schwer gewährleisten, dass dort eine Medizin von morgen gemacht werden kann. Mit dem von Lohfert & Lohfert vorgeschlagenen Modell würde der GLKN deutlich zukunftsfähiger aufgestellt und auch für die Mitarbeitenden aus Medizin, Pflege und Therapie deutlich attraktiver sein. Dabei werden wir mit Sicherheit auch jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter aus diesen Bereichen weiter brauchen – im Gegenteil, wir hoffen durch eine dann gestiegene Attraktivität weitere Mitarbeitende für uns gewinnen zu können", so Sieber in seinem offiziellen Statement. Der Klinikverbund schleppe immer noch Altlasten des HBK aus der Zeit vor der Fusion mit sich herum, als von Singen aus in Richtung Hoch- und Oberrhein expandiert wurde.
Zentralklinikum als "Optimum" nicht machbar
Landrat Zeno Danner hatte schon Eingangs der Medienkonferenz auf die radikalste Variante mit einem komplett neuen Zentralklinikum verwiesen, die aber auch er als für nicht machbar einstuft. Denn die Stipalstiftung Konstanz hatte ja just nach der Fusion einen lange geplanten Neubau eine Teils der Konstanzer Klinikums realisiert, der über 100 Millionen Euro kostete und wo die gegebenen Zuschüsse an die Nutzung gebunden sind über Jahrzehnte. Mit zwei Häusern habe man auch mehr regionale Nähe und strukturelle Ausstrahler der Einrichtungen, die für Danner auch bis Radolfzell reiche. "Wer in Singen oder Konstanz arbeiten würde, müsste dafür bestimmt nicht umziehen", meinte Danner.
„Uns bleibt nur eine Möglichkeit: Jetzt handeln!", machte er die Dringlichkeit deutlich, die sich über Jahre aufgebaut hatte, eigentlich schon seit der Fusion. Ziel müsse die beste medizinische Versorgung für alle sein, die aber auf wirtschaftlich soliden Füßen stehe.
Und der Konstanzer OB Uli Burchardt ist mit im Boot: „Wir wollen alles tun, um die Kliniken des GLKN in kommunaler Hand zu behalten. Das ist die richtige Grundlage, um für die Menschen im Landkreis die beste medizinische Versorgung zu gewährleisten. Wir können uns in Konstanz jeden Tag davon überzeugen, welche hervorragende Arbeit das Klinikum leistet. Klar ist aber auch, dass wir für Veränderungen bereit sein müssen, denn wir können die Defizite unserer Kliniken auf die Dauer nicht finanzieren. Es wird nicht ohne schmerzhafte Einschnitte und unpopuläre Maßnahmen gehen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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