Zwischen Reichspogrom und Krieg in Israel
Friedensgebet an einem "Datum mit dunklen Erinnerungen"

Zusammen mit den Teilnehmern sprach Dekan Matthias Zimmermann (im Hintergrund am Ambo) ein Gebet, um "Frieden wachsen zu lassen". | Foto: Anja Kurz
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Singen. Etwas über einen Monat ist vergangen, seitdem am 7. Oktober die Terrororganisation Hamas das Land Israel überfallen hat. Um ein Zeichen für den Frieden zu setzen, gestalteten am Donnerstag, 9. November, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Singen, die Diakonie, Caritas und der Verein inSi gemeinsam ein Friedensgebet in der Herz-Jesu-Kirche. Dabei wurde den Opfern der seither vorherrschenden gegenseitigen Angriffe in Israel gedacht und zum Jahrestag auch an die Novemberpogrome in Deutschland erinnert.

Gebet gegen das Schweigen

Zuerst das Wort ergriff Andrea Fink-Fauser, Pfarrerin der Luthergemeinde in Singen. "Wir müssen zusammenstehen, über Grenzen hinweg und angesichts von Gewalt", betonte sie. Das Sterben tausender Menschen in Israel sei erschütternd, doch ruft sie dazu auf "nicht einfach nur zu schweigen". Es gebe Chancen, den Hass zu überwinden, wozu jeder einzeln oder in der Gemeinschaft beitragen könne. Veranstaltungen wie das Friedensgebet könnten zwar nicht verringern, was passiert, "aber es kann die Bestürzung zum Ausdruck bringen".
Das in diesem Fall an einem "Datum mit dunklen Erinnerungen", so Fink-Fauser. Am 9. November 1938, also vor genau 85 Jahren, fand die Reichspogromnacht beziehungsweise die Novemberpogrome in Deutschland statt, bei denen Synagogen in Brand gesetzt und Juden misshandelt und verhaftet wurden. Viele hatten das derzeit schweigend oder gar gleichgültig hingenommen. Damit sich derlei nie wieder wiederholen kann, gelte es, das Schweigen zu brechen.

Entschieden für den Frieden

Zu einem gemeinsamen Gebet lud dann der katholische Dekan Matthias Zimmermann die rund 100 Teilnehmer des frühen Abends ein. "Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens", hieß es da gleich zum Anfang und Zimmermann legte den Zuhörenden nahe, das Gebet wieder und wieder zu sprechen, um Frieden wachsen zu lassen.

Über 100 Kerzen wurden auf den Stufen zum Altar der Herz-Jesu-Kirche aufgestellt. | Foto: Anja Kurz
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Mit einem "Salam aleikum" (arabische Grußformel: Friede sei mit euch), begrüßte Oguz Akbudak die Anwesenden. Er unterstrich, dass dieses Gebet an die Kraft des Zwischenmenschlichen erinnern solle. Die, die an diesem Abend gekommen waren, hätten sich gemeinsam für den Frieden entschieden und dazu in der Herz-Jesu-Kirche versammelt: "Dazu laden wir alle Menschen auf der Welt ein." Gegen die Unterteilung der Menschen - in "Besitzer und Besatzer" oder "Juden und Muslime" - weigere er sich. Sein Friedensgebet wolle er täglich fortsetzen.

Was braucht es zur Heilung?

Bernhard Grunewald, Vorsitzender des Integrationsvereins inSi, schloss in das Gedenken an diesem Abend neben den durch Menschenhand Umgekommenen auch die Opfer von Naturgewalten ein. Um diesen zu helfen, sammle der Verein zusammen mit der Caritas Spenden. Seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine werden durch die Ehrenamtlichen die Geflüchteten aus der Ukraine unterstützt. Auch in Israel treffe seit dem 7. Oktober Schmerz und Tod beide Seiten, Israel wie auch Palästina. "Wir denken heute an das furchtbare Leid aller Menschen in diesen beiden Kriegsregionen", so Grunewald. Dann lenkt er den Blick in die Zukunft:  "Wie aber kann Versöhnung jemals gelingen, wenn soviel Blut geflossen ist?" Um eine wirkliche Heilung zu ermöglichen, müssten beide Seiten die Taten beim Namen nennen, sowie auf Rache und Vergeltung verzichten. Denn für Bernhard Grunewald steht fest: "Frieden und Koexistenz ist für alle möglich."

Zusammen mit den Teilnehmern sprach Dekan Matthias Zimmermann (im Hintergrund am Ambo) ein Gebet, um "Frieden wachsen zu lassen". | Foto: Anja Kurz
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Autor:

Anja Kurz aus Engen

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