Wafrös alemannische Dialektik vom 4. Juli 2001

S isch scho weng ebbes dra, a dere Feschtschtellung, »je älter mer wird, umso intensiver erläbt mer s Läbe!« Guet, des gilt nadierlich nu fir die selle, wo it scho mit sechzge verbleded. Under däne giit's den sottige, die sind a dem Verbledungsprozess selber schuld, weil se all nu durch d Gegend trüeled und a nix meh Intresse hond, usser dass se d Frau schikaniered, oder umkehrt. Wemer ä weng wach im Kopf bliibt und sei Hirn it gar no verluedere loht, no kamer als ältere Mensch im Läbe no vill intressante Seite abgwinne. So zum Beischpiel s Schicksal vu andere Leut, wenn se om dra teilnäme lond. Neilich hon i de Bertschik troffe, genauer gset de Herr Direkter Bertschik. Er isch aber etz scho ä Weile pensioniert und drum nume de Herr Direkter Bertschik, sondern blos no de Herr Bertschik. I hon aber gseit, »Grüeß Gott, Herr Direkter Bertschik«, weil i mir denkt hon, dass'en des vielliecht freit und s hot'en gfreit. Ibrigens isch der Name vu mir erfunde. Den Direktor gibt's scho, nu Bertschik heißt er nadierlich it. Mir sind ä Schtückle mitenand gloffe und hond eifach weng gschwätzt und zmol simer a om vu däne neue Bischtro vorbeikumme, no hot de Bertschik gmont, er tei mi gern zume Viertele eilade. Denn simer uf de Schtroß under me Sunneschirm vor dem Bischtro gsesse und hond ä Viertele gschlotzt. I hon nadierlich it gsagt, dass i ko Zeit hon, weil des verloge gsi wär. I ghör zu sellere Sorte, wo Zeit hot, weil i mi nume jage loss. Z mol hon i gmerkt, dass de Herr Bertschik mir vu sim Läbe verzellt. It vu sim Läbe als Direkter, nei vu sim Läbe etz grad, woner kon Direkter meh isch. S war weng ä traurige Gschicht, weil de Verluscht vu some hohe Poschte en Mensch ganz schä obe abe wirft. Mer moß nu dra denke, dass uf sim Schreibtisch ä schwarze Dafel war mit vierzg weiße Knöpf. Jedesmol, wenn de Herr Direkter Berstschik uf on vu däne vierzg Knöpf druckt hot, isch ebber i sei Büro gschpritzt, hot d Krawatt schtramm zoge und gset: »Sie haben mich gerufen!« Etz isch ko schwarze Dafel meh ufem Tisch, nu no s Kaffee- oder s Ess-Gschirr und de Frau ka'ner it diktiere, er moß sine Brief etz selber schreibe. Des duet scho weng weh, aber schlimmer isch, dass vu sellene, wo früener gschpritzt kumme sind, wenn de Bertschik uf de Knopf druckt hot, dass die heut a ihm vorbeilaufed. Die meischte grüeßed freundlich mit »Guten Tag, Herr Bertschik!«. Zwei oder drei saged no »Herr Direktor Bertschik«, aber s giit welche, di laufed a ihm vorbei und lueged uf die ander Schtroßeseite. Und wa de Bertschik am meischte be-eländet isch des, dass grad selle diejenige gsi sind, wo ihm is Fidle gschlupft wäred, wenn er ko Hose a ghet hett. Die Uf-d-Siite-Gucker, des kränkt en arg. Er hot mir richtig leid tue, min ehemalige Herr Direkter Bertschik, obwohl i früener, wo i no i de Fabrik gschaffet hon, menkmol vierzeh Tag lang ha warte mösse, bis de Herr Direkter mol zwei Minute Zeit ghet hot fir mine Problem. So er om uf de Schtroß begegned, sott mer aber it so mit'em umgoh. Des halt i fir en miese Charakter. Grad selle, wo ihm früener d Füeßle und suscht no ebbes küsst hond, die sotted sich heut no dra erniiere und it uf d Siite luege, wenn se ihrem ehemalige Direkter uf de Schtroß begegnet. Mich hot aber gfreit, das sich mir de Herr Bertschik anvertraut hot und i hon nu zunem gsagt: »Glücklich der Mensch, der auf die Welt verzichten kann, bevor die Welt auf ihn verzichtet.« Do hot de Herr Bertschik sei Glas hochghebt, hot mir zueproschtet und gmont: »Sie sind ein Filosof!« No hon i nu gmont, »it ganz, des isch so en Schpruch ufeme Kalenderblatt, des hon i i mim Zimmer a d Wand bäbbt, weil do so ä großes Loch vunere ehemalige elektrische Schaltung gsi isch. Etz isch des Loch zue und i kumm mir gschiid vor!« De Herr Bertschik hot glacht und gmont: »Grad deshalb sind Sie en Filosof«. Er hot denn zahlt und mir sind gange. Mir hond enand d Hand gäe und i hon gset: »Uf Wiederluege und alles Gute, Herr Direkter Bertschik!« I glaub, des Viertele hot uns beide richtig guet tue.

Von Walter Fröhlich