Wafrös alemannische Dialektik vom 4. Januar 2005
Des alte Johr hot sich schä verabschiedet, des ka mer it andersch sage. Die paar Dote, wo die Selbschtmordattetäter verursacht hond, die falled garnimme is G'wicht, wenn d'Mamme Natur zueschlagt und menkmol hot mer des Gfihl, sie wett mit em Mensch in Konkurrenz träte, wad' Bösartigkeit betrifft. De Mensch isch bis etz alleweil no Sieger. Er ka mitere Atombombe uf on Schlag 78000 Mensche uslösche, wan'er z'Hiroshima bewiese hot. Wenn se hüt so ä Ding abewerfe däted, no dät's no vill meh butze. Do kunnt d'Natur direkt is Hindertreffe. Bi dem Erdbebe am zweite Weihnachtsfeiertag 2003 im Iran sind nu 24000 gschtorbe und z'Afghanischtan im gliche Johr nu 4800. Etz grad, wo mir s'Chrischtkindle wieder gfeieret hond, isch vor Indonesie die Riesewelle kumme, wo des Underwassererdbebe usglöst hot und hot so a die 175000 Mensche umbrocht. Wemer aber selle dezuezellt, wo de Schlag trifft, dass seg' lähmt wered, nimme schwätze känned, oder vum Krebs langsam umbrocht wered, no kännt om scho en Pfropfe in Hals kumme, wemer i de Kirch wieder singe sott, »Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret«. Manche Frau und mancher Maa, manche Mamme und mancher Babbe schtond am Schterbebett, wo en Mensch druf liit, wo se lieb hond, und sie hond ko Antwort und kämpfed mit de Verzweiflung. Do kummt's denn efters vor, dass mer zum Herrgott schreit, warum machsch du des, wägewarum tuesch du uns des a, du bisch doch die Liebe und au no allmächtig! Aber schpäteschtens seit Auschwitz findet grad i dem Punkt bisellene, wo weng diefer nochdenked, en so genannte Umdenkprozess schtatt. De evangelische Schwiizer Pfarrer-Dichter Kurt Marti hot mol gschriebe, entweder sei Gott allmächtig, no sei'er aber it die Liebe, oder er sei die Liebe, denn sei'er aber it allmächtig. Und wo mer die große Theologin Dorothe Sölle gfroget hot, wie sie sich Gott vorschtelle dät, no hot se gmont »klein und ohnmächtig!« Mer kännt eigentlich au sage, so schutzlos wie des Kindle, wo mir z'Weihnachte feiered. Seller jüdische Schriftschteller, wo des biblische Buech Hiob dichtet hot, der hot jo au zu dem Herrgott ufegschriee, wa machsch denn du mit mir, wa hon i dir tue? Allerdings war die Antwort, wo'ner kriegt hot, it grad fär, weil de Herr ihn gfroget hot, wo er denn gsi isch, wo er des All gschaffe hot. En jüdische Schriftschteller hot dodezue gschriebe, dass de Herr do en liederlichne PR-Mann agschtellt het. De Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel hot im KZ erläbt, wie mer drei Häftling ufghängt hot und s'ganz Lager hot möße zueluege. Zwei Männer und ä Büeble. Die Männer wared glei dot, des Büeble hot no meh als ä halbe Schtund lang zapplet, weil's z'leicht war zum Hänge. Denn hond se alle möße a dem Galge vorbeimarschiere, wo des Kind no zapplet hot und en Häftling hinder em Elie Wiesel hot leise gsagt, »wo ist Gott?« Und de Elie Wiesel hot in sich ä Schtimm g'hört, wo ihm gsagt hot: »Dert isch'er, dert hängt'er am Galge!« Wahrscheinlich isch'er au ghanget, wo se'n agnaglet hond, seinerzeit. Sie denked hüt weng andersch, die Theologe, und s'isch au hekschte Zeit, weil de Mensch des mit dere Allmacht und dere Liebe nume uf d'Reihe bringt. So wie selle drei Rabbiner, wo nimme hond verschtande welle, dass der Herr dem Elend all nu zuelueget und nint duet. No hond se zu dritt ä Grichtssitzung iber de Herr-Gott gmacht und hond feschtgschtellt, Gott sei schuldig! Denn hot oner vu däne drei nochere Weile gsagt: »Lasset uns ihn anbeten.« Des isch etz ko Neujohrsbetrachtung zum Lache, aber s'isch it all's zum Lache, und s'isch no lang it allene alleweil zum Lache und fir die selle und fir selle, wo nochdenke wänd, hon i des Ufsätzle gschriebe, mit dem Wunsch, dass se au im neue Johr mit sich und em Schicksal fertig wered.
Von Walter Fröhlich
Autor:Redaktion aus Singen |
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