Leserbrief zum Energie-Interview
»Zu kurz gedacht«

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Rielasingen. Das Interview mit Dr. Hüttenhofer zur Energiewende und Klimakrise hat einen Leser zum Verfassen folgender Lesermeinung veranlasst:

»Herr Dr. Hüttendorfer spielt, mehr oder weniger sympathisch, den Lobbyismus verschiedener Klimabewegungen aus. Selbstverständlich brauchen wir über das Thema Klimawandel nicht zu diskutieren. Auch nicht darüber, dass wir gut daran tun, schnellstmöglich CO₂-neutral zu werden. Was allerdings deutlich zu kurz gedacht ist, ist die Tatsache, nur auf PV, Windkraft und Biogas zu setzen. Selbst die Kombination aus allen Bereichen wird niemals eine 100-prozentige Versorgungssicherheit bringen.
Was also, wenn wir veranlasst brauchen, schnellstens Strom zu produzieren? Wir können diesen natürlich in den Anrainerstaaten holen. Wie zuletzt am 7. Dezember 2022, gegen 15 Uhr, als die Stromampel auf einmal auf Rot sprang und ein Blackout kurz bevor stand. Diesmal ging es dank Strom aus Frankreich und der Schweiz nochmals gut.
Was aber, wenn unsere Nachbarn nun auch nur auf PV und Wind setzen? Der Blackout ist vorprogrammiert. Dies bedeutet: Der Verkehr liegt lahm, Züge bleiben stehen, Fabriken können nicht mehr arbeiten und zu guter Letzt werden Rettungseinsätze extrem beeinträchtigt.
Des Weiteren müssen wir uns fragen, zu welchem Preis wollen wir PV, Windkraft und Biogas. Die Abgeordnete Wehinger betonte 2016 in einem Interview: Der Hegau sei natürlich ›nicht die Nordsee‹ und hierzulande seien keine Windparks mit massenhaften Rädern wie im Norden geplant, sondern nur eine Handvoll Rotoren. Dies ist bekanntermaßen gelogen! Mit den vier neuen Anlagen auf dem Schienerberg und den weiteren in Tengen ist diese Aussage deutlich übertroffen.
Bezüglich Schienerberg müssen wir uns wohl darauf einstellen, dass vier Anlagen mit einer Höhe größer der des Eiffelturms gebaut werden und somit den Blick in Richtung Süden blockieren. Mehr noch: Der Untersee bietet jeden Winter tausenden Zugvögeln aus dem Norden Platz zum Überwintern. Bekanntlich teilt der Schienerberg den Untersee und somit das Gebiet zur Überwinterung. Des Weiteren haben wir eine der größten Milan-Populationen weltweit in dieser Gegend. Und zuletzt sind wir in der glücklichen Situation, einen Luchs, welcher mittlerweile als sesshaft vermerkt ist, zu beheimaten.

Hier geht es zu dem Interview:

„Der menschengemachte Klimawandel ist Fakt“

Sollten wir nicht langsam überlegen, wie wir Verlässlichkeit, Effizienz, Nutzen und die Geschwindigkeit bei der Umsetzung realistisch angehen können? Die Landesregierung möchte 1.000 neue Windkraftanlagen in Baden-Württemberg bauen. Momentan liegen wir bei circa 800 bestehenden Anlagen. Laut einer Studie der NZZ liefern diese unter 20 Prozent ihrer eigentlichen Leistungsfähigkeit. Heißt: von möglichen 100 Prozent Leistung bringen diese nur unter 20 Prozent ins Stromnetz. Letztes Jahr wurden von diesen 1.000 neuen Anlagen lediglich fünf gebaut. Wollen wir dafür unsere Natur und unsere wunderbare Landschaft weiter zerstören?
Das Thema geringer Flächenverbrauch, welches Herr Dr. Hüttendorfer anspricht, ist zudem eine Milchmädchenrechnung.
Wenn eine Windkraftanlage circa 4.000 Quadratmeter Fläche und 1.600 Tonnen Beton benötigt, sind wir bei 1.000 zusätzlichen Windkraftanlagen bei vier Millionen Quadratmeter Fläche und 1,6 Millionen Tonnen Beton. Noch nicht eingerechnet sind hier die Flächen, welche zum Aufbau der Anlagen benötigt werden.
Sollten wir hinsichtlich der genannten Fakten um Zuverlässigkeit, Flächenverbrauch, Naturschutz, schnellstmögliche Umsetzung etc. nicht wirklich ernsthaft darüber nachdenken, ob der Ausstieg aus der Kernkraft so clever war? Immerhin liefert das verbleibende AKW Neckarwestheim circa 20 Prozent des gesamten Strombedarfs für Baden-Württemberg. Zumindest sollte man sich so weit technologieoffen zeigen, dass man die bestehenden Anlagen am Netz lässt und mit dem Wandel der Technologien schnellstmöglich auf Flüssigsalz- bzw. Thorium-Reaktoren umrüstet. Auch das Thema Endlagerung können wir in den Griff bekommen. Wichtig ist hierbei, dass man immer an das Material kommt, um es gegebenenfalls umzulagern. Wer einmal ein atomares Zwischenlager besucht hat, weiß, dass der Hype um ein Endlager oft zu groß ist.
Immerhin sind Dr. Hüttendorfer und ich uns in einem Punkt einig: Wenngleich die Methoden für Fracking deutlich umweltverträglicher geworden sind als noch vor ein paar Jahren, so sehe ich für diese Technologie in Deutschland auch keine Zukunft. Und wenn Greta Thumberg schon Kernkraft ins Spiel bringt, kann man gespannt sein, wann die Grünen auch umschwenken. Immerhin wurde deren Aversion beim Thema Wasserstoff ja auch schnell auf Eis gelegt, als man keinen Wahlkampf mehr führen musste.«

Markus Bumiller, Rielasingen

Leserbriefe müssen nicht zwingend mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen und unterliegen einer Meinungsfreiheit. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

Autor:

Redaktion aus Singen

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