Teil II des Sommerinterviews mit Oberbürgermeister Martin Staab / von Matthias Güntert
»Ich weiß nicht, wohin der Rat will«
Oben drüber oder untendurch - bei der Umsetzung der Seetorquerung treten Gemeinderat und die Stadtverwaltung weiter auf der Stelle. Im zweiten Teil des Sommerinterviews spricht Oberbürgermeister Martin Staab über die Zukunft des Radolfzeller Großprojektes.
WOCHENBLATT: Angesichts des Disputs zum Sitzungsbeginn ist es um ein anderes wichtiges Vorhaben in Radolfzell eher still geworden. Wie sehen Sie die Zukunft der Seetorquerung?
Staab: »Es gibt eine stattliche Anzahl von Interessenten am Architekturwettbewerb für eine Brückenlösung. Bis Ende September müssen die Entwürfe eingereicht werden. Vermutlich wird also im Dezember im Gemeinderat final entschieden. Ich persönlich kann bei diesem Projekt nicht in eine Glaskugel schauen, ich weiß nicht, wohin der Rat will. Es scheint aber eine große Einigkeit zu herrschen, dass man das Thema noch mal für die Bürgersicht öffnen und alle Alternativen prüfen will. Nach meiner Einschätzung könnte es eine knappe Mehrheit für Untendurch oder Obendrüber geben. Aber jetzt schon mehr zu wissen, wäre Kaffeesatzleserei. Wenn es eine Entscheidung für Obendrüber gibt, müssen wir natürlich einen Teil des Prozesses, den wir bereits hatten, wiederholen. Bei einer Variante untendurch, werden wir an die Vereinbarungen aus dem letzten Jahr anschließen können. Eine Prognose über die Fertigstellung will ich allerdings nicht abgeben.«
WOCHENBLATT: Obendrüber oder untendurch: Halten Sie an Ihrem Vorhaben einer Seebrücke nach wie vor fest?
Staab: »Ich habe diese Alternative angeboten, nachdem ich gesehen habe, dass es mit einem Partner Bahn nicht funktionieren wird. Diese Alternative hat der Rat abgelehnt. Ich kann gut damit leben, wenn mein Vorschlag nicht kommt - aber ich hatte die Hoffnung, dass er Gräben in der Stadt zuschütten kann. Ich persönlich bin der Meinung: Ein eigenständiger Seezugang, attraktiv und obendrüber, wäre für Radolfzell der richtige Weg.«
WOCHENBLATT: Gab es eine Zusage der Bahn für einen Zuschuss?
Staab: »Eine schriftliche Zusage der Bahn liegt und lag nie vor. Mein Optimismus beruhte auf vertraulichen Telefongesprächen mit Bahnoberen, auf deren Aussagen ich vertraute. Ich habe im Vorfeld des Bürgerentscheids auch keine Zusage der Bahn bekanntgegeben. Die einzige Zusage über Fördermittel stammte vom Land – wie es auch im WOCHENBLATT vom 16. September 2015 veröffentlicht wurde.«
WOCHENBLATT: Wie geht es mit der Kapuzinerwegentwicklung und der Entwicklung der gesamten Bahnflächen entlang der Seetorquerung weiter?
Staab: »Beim Kapuzinerweg will der Rat, dass wir die Entscheidung der zentralen Seeanbindung abwarten. Dann muss er sich entscheiden, was er am Kapuzinerweg wirklich will. Das Leidwesen war bisher die sehr offene, umfangreiche Ausschreibung. Zudem haben die architektonischen Konzepte die Mehrheit des Rates nicht überzeugt. Ich halte es für relativ schwierig, direkt im Gleisbogen und an den Gleisen, Wohnungsbau zu realisieren. Hinter einem Hotel würde ich auch ein Fragezeichen setzen. Die Verwaltung sieht dort nach wie vor einen Dienstleistungs- und Einzelhandelsschwerpunkt, auch zur Stärkung der Innenstadt. Wir wollen hier aber keine Dubletten und Konkurrenz zum bestehenden Einzelhandel - sondern nur die fehlenden Angebote ergänzen.«
Den dritten und letzten Teil des Sommerinterviews mit OB Staab gibt es in der kommenden Printausgabe des WOCHENBLATTES zu lesen.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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