Traditioneller Dreikönigs-Männerfrühschoppen
Hoher Besuch beim Fasnetsauftakt der Narrizella
Radolfzell. Wiedersehen macht Freude. So auch beim Fasnetsauftakt der Narrizella Ratoldi beim traditionellen Dreikönigs-Männerfrühschoppen, der in diesem Jahr mit dem Friedrich-Hecker-Gymnasium wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrte und dem Publikum auch in diesem Jahr wieder unvergessliche Büttenreden bescherte.
"Ich bin guter Dinge, dass wir nun auch wieder länger im Gymnasium bleiben können", erfreute sich Präsident Martin Schäuble zur Rückkehr an die alte Veranstaltungsstätte, wo er auch im 100. Jubiläumsjahr der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte deren Vertreter Andreas Kaltenbach begrüßen durfte. Zudem hoffe er, dass nach der Schließung des Krankenhauses im Juni letzten Jahres das Münster nicht auch noch geschlossen werde und somit "der Ausverkauf langsam dem Ende entgegengeht". Sieben Büttenredner wagten sich diesmal vor das zahlreich erschienene närrische Volk, um die kuriosesten sowie brisantesten Geschichten aus dem närrischen und überregionalen Geschehen auf die Bütt zu bringen.
Als Ersten durfte Moderator Benni Bromma, der erneut mit viel Witz durch das Programm führte, seinen Junior Felix Bromma von der Narrengarde am Mikrofon begrüßen. Dieser machte in seiner Büttenrede auf das langsame, aber stetige Gastronomiesterben aufmerksam: "Ich bin hier als junger Zeller ein bisschen 'Lost in Paradise', wenn ich mir das so anschaue." Es gebe nur noch Wirtschaften wie das ShamRock oder den "Fummeltunnel" sowie großen Unmut darüber, dass man abends nirgends mehr groß hingehen könne oder wie er es formulierte: "Zeller Buebe gon am Tach hom' - was für eine Schmach."
Von Liebschaften eines Präsidenten
Auf ihn folgte, so der Moderator, mit Tobias Baur eine "Legend' vu Zell". Dieser erinnerte sich noch gut an seine erste Büttenrede, welche er vor 25 Jahren im Scheffelhof verlas: "Damals wurd' ich dran erinnert, in Zukunft dazwischen mehr Pausen zu machen." In seiner diesjährigen Bütt machte er auf die Lieblichkeiten des Narrizella-Präsidenten während der Fasnet aufmerksam. So mache "Küssen halt einfach Spaß" und Mädchen werden zu dieser Zeit gern geküsst.
Während der Bütt klebte Baur kurzerhand ein Schild mit der Aufschrift "Wenn Sie diese Fastnachtsveranstaltung besuchen, müssen Sie damit rechnen, vom Präsident geküsst zu werden" vor das Rednerpult. Zudem hatte er einen Vorschlag, wie sich die Frauen bei der Fasnet davor tarnen können: mit einer roten Bekleidung. "Von denen wird der Martin mit Sicherheit Abstand nehmen."
Spitze in Richtung "Bundesbananenrepublik"
Aus Konstanz angereist stand Markus Nabholz von der Kamelle Konstanz Paradies als dritter Redner vor die Bütt und machte sich zu Beginn fast unbeliebt, als er Konstanz als "die schönste Stadt am See" bezeichnete und Radolfzell dabei nur den zweiten Platz gab. Nabholz äußerte in seiner Ansprache sichtlich seinen Ärger über die Entscheidung des Landkreises, das zentrale Klinikum in Zukunft nahe der Singener Nordstadt zu haben: "Ist Singe unser Zentrum? Ich sage nein."
Auch eine Spitze in Richtung des anwesenden OBs Simon Gröger konnte er sich nicht verkneifen: "Bis der richtig singe ka, singt mei Katz' in Mailand an der Scala." Den größten Zorn von Nabholz bekam die Bundesregierung zu spüren. So bezeichnete er diese aufgrund aktueller Entscheidungen wie dem Heizungsgesetz oder den schier nie enden wollenden Bahnproblemen als "Bundesbananenrepublik".
Ein "schwäbisches Schlitzohr" an der Bütt
Mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Guido Wolf hatte die Narrizella wieder einen politischen Gast zur Bütt geladen, der von Schäuble als "schwäbisches Schlitzohr wie damals Lothar Späth" betitelt wurde. Diese Schlitzohrigkeit bewies er gleich zu Beginn seiner Rede eindrucksvoll, als er ankündigte, dass nun "ebbes gscheits und kein Mischt was badisch ischd" erzählen möchte. Doch hatte Wolf auch warme Worte den Gastgebern mitgebracht. So "lässt sich der Badner nicht verdrießen und tut das Leben auch genießen".
Darüber hinaus hatte auch er, in Anlehnung an die aktuellen Proteste der Landwirte, eine Spitze gegenüber der Ampelregierung auf Lager. So ist "des was jetzt am Ruder isch, auch für die Bauern der größte Mischt". Am liebsten würde er den Laden umkrempeln und sich zum Wirtschaftsminister und Martin Schäuble "zum Minister für Gas, Wasser und Sanitärem" küren. Während seiner Bütt sowie am Ende dieser betonte Guido Wolf "den guten Mix, den wir hier haben. Es lebe Baden und auch Schwaben".
Fanfarenzug als "echte Macht"
Ein weiterer Gardist trat dann schließlich mit Christoph Zeiser vor das Publikum und stellte gegenüber seinem Vorredner noch einen wichtigen Unterschied zwischen Badnern und Schwaben dar: "Bei uns gibt es entweder Badische oder Unsymbadische." Direkt zu Beginn sorgte er in Anlehnung an das bekannte Zitat von Guido Westerwelle mit "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt's einen der die Putzfrau vögelt" für den ersten Kracher seiner Bütt, welche ein großes Loblied auf den Radolfzeller Fanfarenzug war, so bezeichnete er diese unter anderem als "sehr theatralisch, ausbaufähig grammatikalisch, doch ganz genial musikalisch". Er habe für ihn "eine echte Macht", so gaben ihm die Musiker des Fanfarenzugs "Grund zum dichte, weshalb man kann schwer auf sie verzichte".
Eine Büttenrede "made by KI"
Eine etwas andere Büttenrede bekam das närrische Volk vom Radolfzeller Fasnetsurgestein und Ehrenpräsident Lothar Rapp zu hören, der selbst bis 2019 durch die Veranstaltung führte. Dieser lobte zunächst zu Beginn Guido Wolf für dessen tolle Rede. Dieser könne nun "beruhigt in den Wald gehen, da es derzeit ja verboten ist, auf Wölfe zu schießen". Rapp nahm sich in seiner Bütt der Künstlichen Intelligenz an und entschuldigte sich zunächst gleich auch, falls sich die Rede etwas seltsam anhöre, doch da "Ka I nix dafür".
Er ließ sich zunächst eine Geschichte schreiben, "wie der Poppele, das Kappedeschle und der Kuony ein armes Hänsele vor einem Holzhauer retteten". Auch eine Geschichte über die Blätzle wollte er erzählen, "des kannte die KI aber nicht". Viel Freude hatte nicht nur die Narrenmusik, als Rapp einen für sie von der KI geschriebenen Text vortrug, dessen Inhalt die Vorliebe der Musiker zum Fleischkäse war und dieser dort als "deren Lebenselexir" bezeichnet wurde. Doch trotz der interessanten Worte spüre Lothar Rapp auch "eine aufkeimende Angst um die Zukunft der Veranstaltung". So habe man "vor fünfzig Jahren seine Reden bis heute noch selbst geschrieben".
Besuch vom "Schwarzwurscht-Karle"
Den Abschluss, besser gesagt das große Highlight des Männerfrühschoppens machte Josch Frengele von den Holzhauern, der dem Publikum eine unvergessliche Imitation des Horner Gastronomen Karl Amann ablieferte. Dabei verglich er sich (Amann) und Martin Schäuble mit dem legendären Komikerduo "Dick und Doof" und sorgte damit immer wieder für einige Lacher beim närrischen Volk.
Auch er machte die Liebschaften des Präsidenten zum Thema. So mache er bald "von Knall auf Fall auf der Höri einen Opernball" wo es "nicht ums Tanze, sondern ums Schmatze" gehen soll. Bei einer Interpretation von Amann durfte eine Sache auf keinen Fall fehlen: So werde "bei Schäubles Gelächter mei Schwarzwurscht au no schneller schlechter". Doch damit noch nicht genug, so gab Amann alias Josch Frengele zu guter Letzt noch das Schwarzwurstlied zum Besten und animierte dabei die gesamte Aula zum Mitklatschen und -singen. "Meine Schwarzwurscht kennt jedes Kind, Schwarzwurscht gmacht vom Rind. Meine Schwarzwurscht isch der Hit, drum klatsche jetzt alle gemeinsam mit."
Autor:Philipp Findling aus Singen |
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