Kandidaten-Quintett im großen WOCHENBLATT-Interview
Endspurt im OB-Wahlkampf
Radolfzell (gü). Radolfzell hat es in der Hand: Am Sonntag, 20. Oktober, werden 24.428 Wahlberechtigte in 29 Wahlbezirken den neuen Chef im Radolfzeller Rathaus wählen. Das WOCHENBLATT will die letzte Ausgabe vor der Oberbürgermeister-Wahl nutzen, um den Lesern einen kompakten Überblick über die fünf Kandidaten zu geben. Dabei werden vor allem die politischen Ziele, die Radolfzeller Großprojekte, der städtische Haushalt und die eigenen Motivation der OB-Bewerber Martin Staab, Rolf Jürgen Blocher, Monika Laule, Richard Atkinson und Dieter Bartz im Mittelpunkt des »WOCHENBLATT Wahltests« stehen.
WOCHENBLATT: Sie wollen Oberbürgermeister von Radolfzell werden. Welche Gründe waren ausschlaggebend für Ihre Kandidatur?
Martin Staab: »Nach dreizehn Jahren als Bürgermeister ist diese Bewerbung der logische Schritt zum Traumberuf Oberbürgermeister. Ich habe diese Region während des Studiums und in Singen als Hauptamtsleiter lieben gelernt. Es warten spannende Aufgaben auf den OB. Radolfzell passt einfach.«
Rolf Jürgen Blocher: »In Radolfzell lebt die Familie meiner Frau. Ich bin hier zuhause und am Ziel angekommen. Wir haben fähige Verwalter im Rathaus, wir brauchen nicht noch mehr Verwalter. Was fehlt ist eine konzeptionelle, starke, visionäre, koordinierende und führende Hand des Oberbürgermeisters mit Wirtschaftskompetenzen: Die Lösung heißt Rolf Blocher!«
Monika Laule: »In Verbundenheit zu Radolfzell mehr Verantwortung übernehmen und neue Akzente setzen. Unsere Stadt verdient Kontinuität in den großen Projekten, fachkundige Führung und Verlässlichkeit im Verwaltungshandeln.«
Richard Atkinson: »Die Stadt nimmt viele Bürger, Betriebe und Vereine nicht mehr wahr und hat viel Geld für Projekte ausgegeben, die in halbherzigen Teillösungen enden. Gleichzeitig werden die Finanzen der Stadt und ihre Beteiligungen nicht mit der nötigen Dringlichkeit verfolgt. Deshalb kandidiere ich: »die Zukunft gestalten statt verwalten«.«
Dieter Bartz: »Bei dem damaligen Ausbau des Milchwerkes, habe ich nur gemeckert, aber die Leichtigkeit, beim Umgang mit öffentlichen Geldern, beim jetzigen Ausbau des Österreichischen Schlösschens, hat mich dazu bewogen, etwas zu tun.«
WOCHENBLATT: Welchen persönlichen Stempel wollen Sie der Stadt Radolfzell aufdrücken?
Martin Staab: »Ich will eine nachhaltige und verlässliche Stadtentwicklung im Dialog mit der Bürgerschaft vorantreiben. Nachhaltig bedeutet: Keine weiteren Schuldenberge aufhäufen. In zehn Jahren die Energie nur noch aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne beziehen.«
Rolf Jürgen Blocher: »Mit mir wird Radolfzell eine Stadt mit einer leistungsstarken Wirtschaft, mit mehr selbstbestimmtem Lebens- und Wohnraum und einem hohen Maß an harmonischem Miteinander werden.«
Monika Laule: »Mit Servicefreundlichkeit der Verwaltung und politischem Entscheidungswillen gemeinsam mit den Bürgern das Profil „Lebenswerte Stadt“ schärfen. Eine bessere Zielplanung dessen, was wir uns leisten können und die zuverlässigere Kalkulation von Projekten.«
Richard Atkinson: »Mein Wunsch ist es, dass wir am Ende stolz sein können auf das, was wir gemeinsam für Radolfzell und die Ortsteile vorangebracht und erreicht haben.«
Dieter Bartz: »Ich will der Stadt keinen Stempel aufdrücken, ich will ökonomisch und ökologisch verändern.«
WOCHENBLATT: Die mittelfristige Haushaltslage in Radolfzell ist angesichts laufenden Großprojekte angespannt. Wie stehen Sie zu den anstehenden Vorhaben und deren Finanzierbarkeit?
Martin Staab: »Die Finanzlage von Radolfzell ist stabil. Wir brauchen einen mit den Bürgern erarbeiteten Stadtentwicklungsplan, der verlässlich und transparent alle Projekte und ihre Kosten darstellt. Dann müssen wir schauen, was wann finanzierbar ist.«
Rolf Jürgen Blocher: »Die Finanzierung der Großprojekte ist nicht gesichert. So schicken wir Radolfzell in die Insolvenz! Bei allen Projekten gilt es realistische Konzepte zu erarbeiten. Ich vermisse bis dato die Professionalität, die wir den Bürgern schuldig sind.«
Monika Laule: »Für den Bau der neuen Seetorquerung, Schlößle und Ausbau Kinderbetreuung sind die Mittel im Haushalt eingeplant. Die Finanzierbarkeit ist ohne Grundsteuererhöhung möglich. Erlöse kommen aus dem Verkauf von Paketposthalle, Güterhalle.«
Richard Atkinson: »Die Seetorquerung wird nicht durchgeführt, so dass den städtischen Aufgaben – Kinderbetreuung, Schulen und Infrastrukturmaßnahmen, und so weiter -auch in den Ortsteilen -nachgekommen werden kann.«
Dieter Bartz: »Die Großprojekte stoppen, beziehungsweise kostengünstigere Varianten anbieten. Die dadurch freiwerdenden Mittel langfristig für die Sanierung der Mettnaukur, für Bildung, bezahlbaren Wohnraum und soziale Projekte, optimal einsetzen. Keine Neuverschuldung.«
WOCHENBLATT: Wo besteht in der Kernstadt und den Ortsteilen Handlungsbedarf?
Martin Staab: »Der zügige Ausbau der Kinderbetreuung und die Gestaltung der Schullandschaft haben Vorrang. Die Ortsteile prägen das Bild unserer Stadt, die städtisches Leben und dörfliches Idyll bietet.«
Rolf Jürgen Blocher: »Handlungsbedarf besteht überall: Es fehlt an Geld für Schulen, Kitas und bezahlbarem Wohnraum. Die Ortsteile wurden sträflich vernachlässigt! Mängel im Marketing und Wirtschaftsförderung lassen Handel und Tourismus leiden.«
Monika Laule: »Ausbau touristischer Angebote, Sauberkeit, Grünpflege, Kinderhaus Möggingen, Ganztagsschulangebote, mehr U3-Plätze, bezahlbares Wohnen.«
Richard Atkinson: »Pflege und Sauberkeit der Innenstadt müssen verbessert werden. Handlungsbedarf sehe ich bei den Bahnhöfen Böhringen und Markelfingen, den Straßen in den Ortsteilen, beim Libellenweg, beim Meyerareal, den Pakethallen und den Güterhallen.«
Dieter Bartz: »Die Kernstadt muss in ihrer Struktur erhalten bleiben, sie ist kultureller Treffpunkt für Jung und Alt. Es gilt, die Interessen der Anwohner zu wahren, nicht die von Großinvestoren. Ein besseres Miteinander zwischen der Stadt und den Ortsteilen praktizieren und Anreize für neue Firmen schaffen.«
WOCHENBLATT: Die Kur hat das vergangene Jahr 2012 mit einem Minus von rund 1,2 Millionen Euro abgeschlossen. Wie wollen Sie die angeschlagene medizinische Reha-Einrichtung gewinnbringend wieder auf Kurs bringen?
Martin Staab: »Die Kur ist das Aushängeschild von Radolfzell. Wirtschaftlich sind schwarze Zahlen und eine Neuaufstellung der Kur das Ziel! Die Voraussetzungen dafür sind gut, denn der Ruf ist ausgezeichnet.«
Rolf Jürgen Blocher: »Die Mettnaukur kann nur durch zeitgemäßes Produkt-, Preis- und Dienstleistungsangebot, einem engmaschigen Controlling, energischer Kundenakquise und sorgfältiger Marktbeobachtung wieder gesunden.«
Monika Laule: »Mit neuen Leistungsangeboten, betriebswirtschaftlicher Unternehmensführung, aktivem Kosten- und Ausgabenmanagement, Aufbau eines starken Vertriebsmanagements im Kostenträgerbereich und im Selbstzahlerbereich, strategische Netzwerke zu den Hauptzuweisern und niedergelassenen Ärzten. Zusammenwachsen aller vier Klinikstandorte.«
Richard Atkinson: »Durch eine neue Gesellschaftsstruktur soll dem Geschäftsführer klare Verantwortlichkeit gegeben werden. Das Angebot soll ausgebaut und die nötigen Investitionen dafür getätigt werden.«
Dieter Bartz: »Eine schonungslose Analyse der Ursache, der hohen Defizite. Die Sanierung der Gebäude und Modernisierung der Innenausstattung, der Zimmer.
Ein neues Konzept entwickeln, dass auch umfangreichere Angebote an neuen Anwendungen und Therapien beinhaltet.«
Die Fragen stellte Matthias Güntert.
- Matthias Güntert
Autor:Redaktion aus Singen |
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