Die kleine Charlotte über große Veränderungen in der AWO-Spielstube
Die Ollen haben's vergeigt

AWO Spielstube RZ  | Foto: Spricht von Veränderungen: die kleine Charlotte (links auf dem Arm ihrer Mutter). Unser Foto zeigt weitere Spielstuben-Kinder und ihre Eltern - (rechts neben Charlotte) Annette Hemmie, Leiterin der Kindertageseinrichtungen der Stadt Radolfzell und Regina
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Radolfzell. »Hallo, ich bin Charlotte. Meine Spielgruppe soll Ende Jahr aufgelöst werden. Die Erwachsenen haben es bis heute nicht geschafft neue Räume für unsere Spielstube zu finden. Jetzt nehme ich die Sache in die Hand, sonst sitzen wir auf der Straße«. Seit rund zwei Jahren sei bekannt, dass der AWO-Dachverband das Gebäude verkaufen will, sagte Regina Brütsch, Fachbereichsleitung Kinder, Jugendliche, Familie beim AWO Kreisverband Konstanz, im Rahmen eines Pressegesprächs. Zwischenzeitlich habe die AWO auch versucht geeignete Räumlichkeiten für eure Spielgruppe in der Radolfzeller Kernstadt zu finden, aber ohne Erfolg, wie du ja weißt. Eine Grundsanierung des Hauses in Radolfzell, das eure Spielstube beheimatet, sei nicht wirtschaftlich, Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis. Anfang des Jahres wurde der Verkauf endgültig beschlossen. Der neue Investor werde es abreißen und ein neues Wohngebäude errichten. »Unsere Eltern und der Elternbeirat waren geschockt, als ihnen die Nachricht über den Hausverkauf vor zwei Wochen, am letzten Elternabend, serviert wurde.«

Hat die Stadt keine passenden Räume für eure Spielgruppe in ihrem Immobilienbestand? »Nö, sie hätten schon alles durchforstet, sagt die Frau von der Stadt.« Und Plätze in einer städtischen KiTa, wäre das nichts? »Die Stadt Radolfzell hat nur Plätze, die dem Rechtsanspruch genügen, sagt die Frau Annette Hemmie, die Leiterin der Kindertageseinrichtungen der Stadt.« Das heißt? »Die Stadt bietet nur Plätze an, wo die Kinder an fünf Tagen die Woche und mindestens vier bis sechs Stunden pro Tag kommen.« Passt doch, oder? »Oh Mann, wir sind doch erst eineinhalb bis drei Jahre alt. Bei der AWO-Spielgruppe gehen wir nur zwei- oder dreimal pro Woche von 8 bis 12.30 Uhr. Das reicht zeitlich für unsere Eltern. Die wollen uns lieber so viel wie möglich bei sich haben.« Tolle Sache, klingt vernünftig. »Wir sind insgesamt 20 Kleinkinder. Pro Tag sind deshalb nur circa zehn da. Da gibt es keinen Stress. Und die Betreuerinnen haben genug Zeit für jeden von uns. Das ist echt cool.«

Eure Eltern können wählen, ob das Kind an zwei oder drei Tagen der Woche zur Spielstube geht. Das sei ein Alleinstellungsmerkmal der AWO-Spielstube. So ein Angebot gibt es in ganz Radolfzell kein zweites Mal. Und die Eltern zahlen weniger als die Hälfte, als in einer städtischen Einrichtung. Dass eine Mutter beim Pressegespräch bitterlich Tränen vergoss, wird nachvollziehbar. Die Kinder fühlten sich so wohl in der Spielstube, meint sie.

Für die Stadt Radolfzell werden Anfang 2019 mit der AWO-Spielstube rund 20 KiTa-Plätze wegfallen. Ein herber Verlust, den die Stadt nicht ohne weiteres kompensieren kann, da ohnehin zu wenig Plätze vorhanden seien, so Annette Hemmie. Für die Eltern der kleinen Charlotte und ihrer Spielkameraden sei es nicht einfach in einer städtischen Einrichtung einen Folgeplatz zu bekommen. Ein weiterer Vorteil der AWO-Spielstube: die über drei Jahre alten Kinder können so lange bleiben, bis ein freier Kindergartenplatz gefunden ist. Sag mal Charlotte, was für Räume würden euch gefallen, was sucht ihr? »Super wären so 70 bis 120 Quadratmeter, möglichst im Erdgeschoss. Ein leerstehender Laden wäre auch okay. In ein Gewerbeobjekt würden wir auch gehen, wenn‘s drum herum nicht stinkt. Und wir brauchen zwei Toiletten, wegen den Jungs.« Na, wenn das nicht machbar ist, wo leben wir denn. Momentan sei seitens der Stadt und der AWO alles offen. Eventuell wäre auch der Erwerb einer Immobilie ein Thema. Für notwendige Umbaumaßnahmen seien Zuschüsse des Landes und des Bundes möglich. Wenn alle Stricke reißen, wäre unter Umständen temporär eine Unterkunft in Modulbauweise, sprich Container, denkbar. Das hat fast den Anklang von Verzweiflung. Tja, liebe Charlotte, vielleicht trösten da die aufmunternden Worte aus Berlin: »Wir schaffen das.«

WOCHENBLATT-Mitarbeiter Hayo Eckert interpretiert die Wünsche von Charlotte.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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