Tierheim-Familie
Beim Einsatz für das Wohl der Tiere stoßen sie an Grenzen

Julia Schuhwerk (links, Tierheimleitung) und Julia Bierbach (rechts, erste Vorsitzende des Tierschutzvereins) zusammen mit Kater Louie. | Foto: Anja Kurz
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Radolfzell. Für einige Tierfreunde scheint die Arbeit in einem Tierheim wie ein wahr gewordener Traum. Doch trotz der erfüllenden Aufgabe und der Gesellschaft der Vierbeiner braucht es dafür auch jede Menge Zuversicht.

Zumindest steht das für Julia Schuhwerk fest, die das Tierheim in Radolfzell leitet: „Ohne Zuversicht wäre es glaube ich für uns alle hier schwer, die Arbeit durchziehen zu können.“ Das Beste für die Tiere zu tun, stehe Tag für Tag im Zentrum. Doch an manchen Tagen falle Optimismus schwer: „Gerade wenn sehr viel Negatives auf einen einprasselt – kranke Tiere, vielleicht Tiere, die man einschläfern muss oder die sterben – ist es sehr schwierig zuversichtlich zu sein.“

Auch die Tiere gehören hier zur Familie

Denn auch das Treffen von schwierigen Entscheidungen ist Teil der Arbeit im Tierheim. Julia Bierbach, erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Radolfzell und Umgebung, zu dem das Tierheim gehört, betont: „Wenn es um die Entscheidung geht: Tier gehen lassen oder nicht, entscheidet das niemand allein. Das passiert immer im Team.“ Diese schwierigen Momente sind meist verbunden mit Wut oder Trauer. „Es ist ganz wichtig, dass man das dann nicht versteckt“, meint Schuhwerk. Die Mitarbeitenden des Tierheims geben sich hier gegenseitig Rückhalt: „Das ist wie eine Familie hier.“

Doch stößt das Tierheim Radolfzell, förmlich eingeklemmt zwischen Kläranlage und Technische Betriebe, stark an Grenzen. Das fängt bei fehlender Lagerfläche für Futter, Handtücher, Waschmaschinen und andere Sachspenden an, betrifft aber auch den Platz für die Mitarbeitenden sowie insbesondere für die Tiere: „Wir haben Wartelisten ohne Ende“, berichtet Julia Bierbach. So würden aktuell mehr als 80 Katzen auf ihre Aufnahme warten. Üblich sind die Frühjahrs- und Herbstkätzchen, „dieses Jahr hört es einfach nicht auf“, sagt Schuhwerk. Die meisten Wartelisten-Katzen leben wild, seien oft auch krank. Bis sie eingefangen, kastriert und behandelt werden, könne das viel Leid für die Tiere bedeuten. „Da fällt es einem manchmal echt schwer, zuversichtlich zu sein.“

Für die Hunde gibt es außerdem kaum Platz, sich auszutoben: Eine Wiese mit 1.000 Quadratmetern sei laut Bierbach angemessen. Das Tierheim in Radolfzell nutzt aktuell eine Wiese, die eigentlich zur Kläranlage gehört und etwa 100 bis 150 Quadratmeter misst. „Das ist viel zu klein.“

Tierheim ist auch Gnadenhof

„Gerade für Dauergäste und Langzeitinsassen könnte man es ein bisschen geräumiger gebrauchen“, ergänzt Julia Schuhwerk. Langzeitinsassen sind Tiere, bei denen die Vermittlung länger dauert, als zunächst erwartet. Dauergäste sind oft ältere Tiere, die sehr wahrscheinlich gar nicht mehr vermittelt werden können: „Entweder, weil sie so speziell in ihrer Art sind oder so viele Krankheiten haben, dass das kein neuer Besitzer finanziell leisten möchte“, meint Bierbach. Kein Tier werde deswegen eingeschläfert, es werde dann nach einem Platz in einem Gnadenhof oder einer Pflegestelle gesucht. Bleibt die Suche erfolglos, wird das Tierheim für sie zur letzten Lebensstation.

Schon länger werde intensiv nach einem geeigneten Grundstück als neue Heimat für das Tierheim gesucht, so die erste Vorsitzende Bierbach. „Herr Gröger und das Dezernat haben sich da wirklich reingekniet und suchen ein adäquates Grundstück für uns.“ Keine leichte Suche: Neben genug Platz sollte es auch nicht zu nah an der Stadt liegen und trotzdem gut erreichbar sein. „Sie zeigen uns immer wieder Grundstücke, die in Frage kommen könnten“, sagt Julia Bierbach über die Stadtverwaltung. „Wir denken, dass wir sehr dicht dran sind, dass wir etwas bekommen.“

Besonders freuen sich die Mitarbeitenden, wenn sie Bilder von „ihren Ehemaligen“, den vermittelten Tieren bekommen. Der Tierheimleiterin spendet das Mut und Kraft für die anstrengenden Phasen: „Weil man weiß: Man hat etwas Tolles gemacht und diesen Tieren geht es jetzt echt gut.“ Weiter unterstreicht sie: „Man macht die Arbeit hier mit Herzblut. Wenn man das macht, hat man diese Leidenschaft für die Tiere. Da gehört die Zuversicht einfach dazu.“

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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