Benefiz-Premiere von Gerd Zahners "Wahrheit und Unwahrheitsager
Ein Abend der Vorsehungen in der Domäne

Wahrsager | Foto: Weiß der Wahrsager, schwarz der Unwahrheitsager. Aber wer sagt nun die Zukunft voraus? swb-Bild: of
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Singen. Ob auch das eine Art Vorsehung war, von der alle nichts wussten? Der Singener Autor Gerd Zahner hatte sein Stück "Wahrsager und Unwahrheitsager" als mahnende Erinnerung an den Ausbruch des 30-Jährigen Kriegs vor 400 Jahren geschrieben, doch im Gedenkjahr 2018 ließ sich die an den Pestkreuzen von Emmingen geplante Inszenierung einfach nicht mehr unterbringen. Nun gab es die besondere Gelegenheit für eine Benefizpremiere zugunsten der im Sommer einem Großbrand zum Opfer gefallenen Schafsställe der Domäne auf dem Hohentwiel nachzuholen, denn dort spielt sich das Stück im Rahmen eines "Gauklerfestes" just am Tag des Prager Fenstersturz auch tatsächlich ab. Über 80 Zuschauer kamen am Freitagabend in die Remise, und es hätte wohl kaum einer mehr reingepasst in den Raum. Das erbrachte immerhin rund 1.000 Euro an Spenden, die dringend gebraucht werden von den Pächtern der Domäne, die mindestens diesen Winter noch ohne Ersatzbau des Stalls auskommen müssen.

Der Prager Fenstersturz. Nur dank den "Unwahrheitsagers" (Leander Kämpf), der von Gauklerin Anny de Silva in Fest gebracht wird, war diese Nachricht überhaupt so schnell in den Hegau gedrungen. Aber wollte das jemand hören? Wolle jemand wissen, wieviel leid dieser Angriff auf Katholiken haben sollte, wie viele Opfer die Pest als Schwarzer Tod und Begleiter dieses schrecklichen Kriegs fordern würde, der auch den Hegau rund um die von Konrad Widerhold, aufgetürmte Festung entvölkern sollte? Oder sollten die Leute lieber an eine Zukunft glauben, die der frisch verliebte "Wahrsager" (Lisa Maria Funk) in prallen Farben zeichnete? Hätte es den Menschen überhaupt etwas genutzt, wenn sie gewusst hätten was da alles kommen würde, oder war die "Wahrheit" der Unwissenheit das einzig Mögliche. Die beiden geraten intensiv aneinander, der Konflikt wird schon fast im Kampf auf der Bühne ausgetragen, denn es werden eben nicht "alle Menschen Brüder" wie vom Wahrsager vorausgesagt bei diesem Gauklerfest. "Wir sind in einem Krieg, und wissen es nur nicht", behauptet der Unwahrheitsager, der sogar schon mal in Richtung Hegelscher Theorien blickt in die Zeit nach dem Krieg und schon den Busfahrer in seinen Visionen sieht. Reinhard Stehle umrahmt den Kampf zwischen Wahrheit und Unwahrheit in seinen wechselnden Rollen mit barocken Tänzen und Klanggewittern eindrucksvoll. Ein beeindruckender Blick aus der Vergangenheit in die Zukunft von damals mit der Frage, mit wieviel Unwissenheit wird selbst vor der anstehenden Zukunft stehen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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