Vernissage der 22. Experimentelle
"Die Experimentelle experimentiert wieder im Hegau"
Gottmadingen-Randegg. Kunst gehört ins Museum? Die Experimentelle stellt dem ein klares "Nein" entgegen. Denn die zweijährliche Kunstausstellung will diesen Kulturzweig frei zugänglich machen, an Orten mittendrin, dazu noch im ländlichen Raum. Im Schloss Randegg wurde am Freitag, 5. Juli, die Vernissage des hiesigen Ablegers der Ausstellung mit fünf internationalen Standorten gefeiert.
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Etwas unglücklich für die Veranstaltung war das zeitgleich stattfindende Viertelfinale der Fußball-EM, die das Programm fast vollständig begleitete. Das spannende Spiel Deutschland gegen Spanien zog dabei recht viel Aufmerksamkeit ab vom eigentlichen Anlass des Abends: der Vernissage. „Es hat uns voll erwischt“, befand Bernhard Gassner, Vorsitzender des Förderkreises für Kultur und Heimatgeschichte (FöKoHei). Alle zwei Jahre finde die Experimentelle statt, immer im Kontext mit einer EM oder WM. So direkt wie in diesem Jahr aber trafen diese Welten noch nicht zusammen. Entsprechend war hier, wie zuletzt bei vielen Veranstaltungen, die mit EM-Spielen kollidierten, ein Fernseher aufgebaut worden. "Sie können so im Hintergrund zugucken. Aber nicht zu laut jubeln, es gibt wichtigeres heute", mahnte Gassner, wobei jedoch bis zum Ende des Spiels viele Augen auf den TV gerichtet wurden.
Die Experimentelle sei dabei auch eine hervorragende Gelegenheit nicht nur "wunderbare Kunst", sondern auch das Schloss Randegg von Nahem zu sehen. Die Werke von 26 KünstlerInnen werden hier im Hegau noch bis zum 8. September am Wochenende von 13 Uhr bis 18 Uhr kostenlos zugänglich gemacht. "Wer will und kann, kann auch Geld ausgeben", meinte Bernhard Gassner in einem Werbeblock für die Mitgliedschaft im FöKoHei, den Kauf eines Ausstellungskatalogs oder sogar eines der ausgestellten Kunstwerke. Sein besonderer Dank galt dem Hausherrn und Mitorganisator Titus Koch.
Als Schirmherr der Veranstaltung seinen Auftritt hatte Landrat Zeno Danner. Auch er musste um die Aufmerksamkeit der BesucherInnen ringen und stellte sich dafür während seiner Rede sogar als Kommentator zur Verfügung, sollte auf dem Fußballfeld etwas passieren. Mit seinen Worten spannte er den Bogen zur Nobelpreistagung, die kürzlich in Lindau stattfand und am Freitag auf der Insel Mainau endete: "Die Welt war zu Gast im Landkreis Konstanz." Diesen Gedanken verfolge die Experimentelle schon seit 35 Jahren, indem sie moderne Kunst länderübergreifend zugänglich mache. "Das ist genau der offene Geist, den wir brauchen."
Der Laudator und Kurator der Ausstellung, Sebastian C. Strenger, gab im Anschluss einen Einblick in die Ausstellung, die erstmalig unter einem Motto stand. Unter dem Titel "kafkaesque" habe es hier zum ersten Mal eine umfassende Beschäftigung damit gegeben, wie sich die Literatur Kafkas in der modernen Kunst wiederfindet. Während der Begriff an sich laut Strenger "längst gekapert" worden sei, bleibe die eigentliche Bedeutung des Wortes rätselhaft. Dennoch finden sich Motive des Schreibens Kafkas, wie die Absurdität des modernen Lebens oder absolute Mächte, die den menschlichen Verstand übersteigen, oft in der Kunst wieder. Abseits davon beschäftigte sich die Laudatio Strengers stark mit den ausgestellten Künstlern, deren Kunstrichtungen und wie sich diese entwickelten. Diese sehr kunsttheoretische Ausführung an diesem Abend dürfte wohl leider eines der Ziele der Experimentellen verfehlt haben: Kunst und Kultur der Breite zugänglich zu machen.
Bernhard Gassner schien sichtlich zufrieden mit dem Andrang bei der Vernissage, die Bänke und Tische auf dem Innenhof des Schlosses schienen gut gefüllt, aber nicht überfüllt. Nach dem Ende des EM-Spiels strömten die BesucherInnen dann auch aus in die Ausstellungsräume, um sich von der dort präsentierten Kunst beeindrucken zu lassen.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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