10 Jahre auf dem steinigen Weg ins frühe Mittelalter.
Vor zehn Jahren, am 22.06.2013, begann im badischen Meßkirch der Bau einer mittelalterlichen Klosteranlage – mit den Handwerktechniken des 9. Jahrhunderts. Ob dieses gewagte Unterfangen wirklich gelingen würde, war damals nicht klar - und bis heute stehen die Klosterbauer immer wieder vor Herausforderungen.
Zu Projektbeginn ging es vor allem darum, das Projekt bekannt zu machen, um das Interesse von Besuchern zu wecken. Von Jahr zu Jahr war mehr auf dem Gelände zu sehen, die Besucherzahlen kletterten bis 2019 – dem letzten Jahr vor der Pandemie mit ihren Museumsschließungen – auf jährlich mehr als 90.000 Besucher.
Bei ihrem Besuch auf dem Campus Galli lobte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer im Jahr 2021 das Vermittlungskonzept, durch das auch Menschen für Geschichte begeistert werden könnten, die eher selten in ein konventionelles Museum gingen. Ministerpräsident Kretschmann besuchte den Campus 2022 und war ebenfalls fasziniert von der Idee und deren Umsetzung.
Handwerkliche und planerische Herausforderungen sind bis heute an der Tagesordnung, machen aber auch den Reiz des Projektes aus: Als der Glockenguss 2015 und 2016 scheiterte, war dies emotional ein Rückschlag, für den Erkenntnisgewinn aber durchaus wertvoll: mit veränderter Vorbereitung und einem Jahr Pause gelang es 2018, erstmals seit dem Mittelalter eine solche Glocke (der Form wegen »Bienenkorb-Glocke« genannt) mit der damaligen Technik zu gießen.
Durch den Bau von Werkstätten, Holzkirche und Scheune konnte über die Jahre viel Erfahrung im Holzbau gewonnen werden. Neue Herausforderungen stehen nun mit dem Bau des ersten Steingebäudes an, das Ende 2021 mit dem Abtshof bereits begonnen wurde. Der Weg ins Mittelalter ist also auch im wahrsten Sinne des Wortes zunehmend steinig! Hier müssen große Lasten bewegt werden, wie z. B. die Türlaibungen. Diese etwa 300 Kilogramm schweren Stein-Quader werden im Zuge der Maurerarbeiten dieses Jahr eingebaut. Auch beim Mörtel gilt es, die ideale Rezeptur zu finden um bei den Mauern des Gebäudes maximale Stabilität mit historischer Technologie zu gewährleisten.
Neben dem Baustellengeschehen werden den Besuchern auch viele andere Aspekte des mittelalterlichen Alltags vermittelt: Welches Stroh eignet sich zum Decken eines Daches? Was haben Waid, Wau und Krapp mit Kleidung zu tun, und wie schmeckte im Mittelalter ein Brot?
Ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm greift diese und weitere Themen auf. Höhepunkt ist in diesem Jahr der Jubliäumstag zur 10-jährigen Eröfffnung, der am 25.06. gefeiert wird. An diesem Tag werden viele Museen der Umgebung bei uns zu Gast sein, und gemeinsam mit unseren Handwerkern Aktionen zum Mitmachen und Mitarbeiten anbieten, auch für Kinder wird an diesem Tag viel geboten sein. In der Holzkirche wird der Chor »ordo virtutum« frühmittelalterliche Kirchenmusik präsentieren.
Trotz aller positiven Entwicklungen bereitete die Finanzierung des Projekts infolge Corona und Ukraine-Krise zuletzt große Sorgen. In vielen Gesprächsrunden mit den beteiligten Vereinen, mit Stadtverwaltung und Politik konnte nun ein Konzept erarbeitet werden, das den Campus Galli dauerhaft stabilisieren soll und die Finanzierung für die nächsten Jahre sichert. Die Stadt Meßkirch steht weiterhin hinter dem Projekt und auch der Landkreis Sigmaringen setzte mit dem Kreistagsbeschluss, über 4 Jahre je 75.000 € in das Projekt zu geben, ein Zeichen, dass der Mehrwert für die Region gesehen und geschätzt wird. Und so bieten Krisen manchmal auch Chancen, denn eine Finanzierungszusage für 4 Jahre gab es in der Vergangenheit noch nicht, »das ist für uns ein Meilenstein«, sagte Dr. Hannes Napierala, Geschäftsführer der Klosterbaustelle.
Die Saisoneröffnung ist in diesem Jahr am 01. April. Um 10 Uhr öffnen sich wieder die Tore von Campus Galli. Zum Saisonauftakt bekommt das Projekt die Plakette »Partner des Naturparks Obere Donau« überreicht. Für diese Zertifizierung, die großen Wert auf Nachhaltigkeit legt, hatte sich Campus Galli im letzten Jahr beworben. Im Anschluss wird die neueste »Chronik» vorgestellt, die der Förderverein »Freundeskreis Karolingische Klosterstadt« jährlich gemeinsam mit dem Gemeiner-Verlag herausgibt, um die Fortschritte des Projekts zu dokumentieren und Hintergründe zu beleuchten.
Weitere Informationen unter www.campus-galli.de
Autor:WasWannWo aus Singen |
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