Mittelstandskundgebung
Michael Kretschmers Antworten auf die schwächelnde deutsche Wirtschaft
Tengen. Ein sächsischer Ministerpräsident im badischen Tengen? Das kann nur eins bedeuten: Mittelstandskundgebung beim Schätzele-Markt. Heuer konnte als prominenter Redner dafür besagter Ministerpräsident, Michael Kretschmer, gewonnen werden.
Mehr Bilder von der Kundgebung und dem Treiben rund um den Schätzele-Markt gibt es hier:
Doch ehe Kretschmer an das Mikrofon trat, wandte sich Bürgermeister Selcuk Gök mit einigen Worten an das Publikum im gut gefüllten Festzelt. Er betonte seinen besonderen Stolz auf die Mittelstandskundgebung, sowie den Wert des Mittelstands im Land. Die Gesellschaft müsse in den kommenden Jahren noch enger zusammenrücken, sagte Gök mit Blick in die Zukunft. Doch auch in schwierigeren Zeiten sehe er die mittelständischen Unternehmen als große Stärke und Stütze. Als „Politiker, der sich immer für den Mittelstand stark macht“, passe Kretschmer als Redner perfekt zur traditionellen Mittelstandskundgebung.
„Ich war schon oft im Landkreis Konstanz, aber Tengen wurde mir bisher immer vorenthalten“, bedauerte Michael Kretschmer und traf damit, wie mit seiner humorvollen, teils stichelnden Rede insgesamt, den Nerv der Leute im Festzelt. Schnell kam der CDU-Politiker daraus auf die besondere Verbindung zwischen den Bundesländern Baden-Württemberg und Sachsen zu sprechen: Nach der Wiedervereinigung hätten die alten Bundesländer die einstigen DDR-Bezirke beim Aufbau ihrer Verwaltung unterstützt. „Wir sind ein starkes Land, weil wir das gemeinsam gemacht haben“, zeigte sich der Ministerpräsident überzeugt. Das Partnerland des heutigen Sachsen war Baden-Württemberg, weshalb es einige Ähnlichkeiten gebe. Beim Bildungsniveau etwa sehe er Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg – anders als andere Bundesländer - bald wieder auf einem Level mit dem früheren Spitzenreiter Finnland.
Flügel für die Wirtschaft
Dann wandte sich Michael Kretschmer der Bundespolitik zu. Wohl nicht zufällig sprach er dabei zunächst über Wirtschaftsminister Robert Habeck, ehe er betonte: „Ich finde, dass für Fachthemen auch Fachleute da sein sollten.“ In den vergangenen Jahren sei die deutsche Wirtschaft gefesselt worden, aber „Deutschland muss wachsen und darf nicht der kranke Mann Europas sein.“ Am wirtschaftlichen Erfolg hängen seiner Ansicht nach auch die Zukunft von Kultur, Sozialem und mehr. Für eben diesen Erfolg sieht Kretschmer zwei Faktoren als maßgeblich: Energie und Arbeitszeit.
Die Energie, der Strom in Deutschland sei im Vergleich zur Konkurrenz, etwa in den USA, viel zu teuer. „Die Energiewende muss neu aufgesetzt werden“, betonte er, „ohne ideologische Scheuklappen“, wobei er auf die vielen Atomkraftwerke in der nahen Schweiz hindeutete.
„In diesem Land muss jeder arbeiten, der Arbeiten kann“
Die Arbeitszeit der Menschen wiederum müsse wieder höher werden: Es gehe nicht nur um die Frage wie, sondern auch wovon wir leben. „Noch nie haben in der Bundesrepublik Deutschland so viele Menschen gearbeitet“, erläuterte Michael Kretschmer. Doch obwohl fünf Millionen Menschen mehr arbeiten, als vor 20 Jahren, sei das Steueraufkommen gleich geblieben. „Vier-Tage-Woche, Work-Life-Balance und Homeoffice geht an den Realitäten vorbei und das müssen wir den Menschen sagen.“ Die Menschen müssten wieder in gleicher Weise arbeiten, wie diejenigen, die den Wohlstand aufgebaut hätten.
Als Ansatzpunkte nannte er das Bürgergeld - „die, die etwas leisten, müssen mehr haben als die, die nichts leisten“ – und Menschen, die nach Deutschland kommen, schneller in Arbeit zu bringen – „Deutschland muss ein Zuwanderungsland sein.“
Ebenfalls als Last für die deutsche Wirtschaft betrachtet Michael Kretschmer die Angewohnheit, den auf Ebene der Europäischen Union vorgegebenen Regelungsrahmen zu „übertrumpfen“. Was Deutschland stark gemacht habe, sei keine Mikrosteuerung, sondern Freiheit und eine soziale Marktwirtschaft gewesen. Am Beispiel der Landwirte zeigte er auf, dass die Wirtschaft aktuell „Ohnmachtserfahrungen“ erlebe: „Ihnen wurde nicht zugehört.“ Doch um Akzeptanz zu schaffen, brauche es das Gegenteil: Erfahrungen der Selbstwirksamkeit.
Für die Zukunft Deutschlands als bedeutend betrachtet Michael Kretschmer vor allem die ökonomische Stärke – nur so seien auch Investitionen möglich. Eine Trendwende sei nur mit dem Mittelstand möglich: „Ihnen muss man zuhören, Sie haben das Land vorangebracht.“ Eine Sorge, die aus den Unternehmen oft zu hören sei: Die Menge an Bürokratie. Die Lösung Kretschmers: „Pragmatiker statt Idealisten an die verantwortlichen Stellen“, damit sich Deutschland wieder nach vorne entwickelt.
Autor:Anja Kurz aus Engen |
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