Ärztehaus Tengen
Das Nachfolge-Problem kann auch das neue Haus nicht lösen

In der Diskussion über die Sorgen der Tengener Ärzte (von links): Bürgermeister Selcuk Gök, die beiden Landtagsabgeordneten Florian Wahl (Böblingen, gesundheitspolitscher Sprecher) und Hans-Peter Storz (Singen), sowie Dr. Max Hahn (Hausarzt). | Foto: Anja Kurz
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Tengen. Das genossenschaftlich organisierte Ärztehaus in Tengen ist ein Vorzeigeprojekt im Landkreis und darüber hinaus. Über dessen Entwicklung seit der Eröffnung 2021 erkundigte sich am Samstag, 1. Februar, Florian Wahl, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im Landtag.

Ursprünglich geplant war der Termin mit der SPD-Bundestagsabgeordneten und Wahlkämpferin Dr. Lina Seitzl. Die jedoch war verspätet aus Berlin zurück in der Hegau aufgebrochen, aufgrund der turbulenten Debatte am Freitag um das „Zustrombegrenzungsgesetz“ der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Seitzl schaffte es daher schon nur knapp zu einem späteren Termin, dem Neujahrsempfang der Kreis-SPD in Engen-Anselfingen. Sie wurde in Tengen von ihrer Wahlkreisbüro-Mitarbeitenden Tanja Rebmann vertreten. Als regionaler SPD-Landtagsabgeordneter bei dem Termin mit von der Partie war Hans-Peter Storz.

Ehe sich die beiden Vertreter der SPD einen Eindruck vom Ärztehaus verschafften, gab Dr. Andreas Luckner, Vorstand der Ärztehaus Stadt Tengen eG (eingetragene Genossenschaft) einen Abriss über dessen Entstehung unter dem Ex-Bürgermeister Marian Schreier: Gegründet wurde die Genossenschaft 2018, heute unterstützen über 400 Genossinnen und Genossen das Projekt. Von Beginn an sei klargemacht worden, dass in den nächsten Jahren keine Rendite in Aussicht sei, meinte Luckner. Das Interesse sei daher weniger finanziell zu erklären, sondern in der Perspektive einer guten gesundheitlichen Versorgung für Tengen.

Höhere Miete soll Ärzte nicht vergraulen

Hinter diesem Wert stehe auch die Stadt Tengen nach wie vor, wie Bürgermeister Selcuk Gök hervorhob: „Wir sind froh, dass die Ärztinnen und Ärzte da sind.“ Damit das so bleibt, wurde erst kürzlich im Gemeinderat beschlossen, den städtischen Zuschusses für die Mieten im Ärztehaus zu verlängern. Sollte eine Mieterhöhung für die Praxen fällig werden, wolle man diese im Sinne der gesundheitlichen Versorgung gestalten.

Von Beginn an in die Entwicklung und Gestaltung des Projektes involviert waren die Ärztinnen und Ärzte, die heute das Gebäude mit Leben füllen. Beim Termin dabei waren Dr. Max Hahn, Dr. Andrea Harder und Dr. Christine Riede von der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis. Außerdem vor Ort war Dr. Ulrich Mueller, der die Zahnarztpraxis im Ärztehaus leitet. Während des Termins immer wieder hervorgehoben wurde, dass die Genossenschaft kein Medizinisches Versorgungszentrum (kurz MVZ) betreibt, sondern „nur“ den ersten und zweiten Stock als Praxen an die Ärzte vermietet.

„Es ist toll, was hier entstanden ist“, verdeutlichte der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Wahl. Er sei bereits mit Marian Schreier in Kontakt gestanden, als die Idee eines genossenschaftlichen Ärztehauses noch in den Kinderschuhen steckte. Er hob hervor, dass die medizinische Versorgung eigentlich nicht Aufgabe der Kommune ist. Umso wertvoller sei der Einsatz der Stadt Tengen für das Ärztehaus. Weiter hob Wahl hervor, dass sich die Landesregierung künftig mehr und vorausschauender mit der ambulanten Versorgung auseinandersetzen müsse.

Im Wartezimmer für eine etwas andere ärztliche "Sprechstunde" (von links): Dr. Christine Riede, Dr. Max Hahn, Dr. Andrea Harder (alle Hausarztpraxis Tengen), Zahnarzt Dr. Ulrich Mueller, Florian Wahl (gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im Landtag), Hans-Peter Storz (SPD-Landtagsabgeordneter), Selcuk Gök (Bürgermeister) und Andreas Luckner (Vorsitzender der Ärztehaus Stadt Tengen eG). | Foto: Anja Kurz
  • Im Wartezimmer für eine etwas andere ärztliche "Sprechstunde" (von links): Dr. Christine Riede, Dr. Max Hahn, Dr. Andrea Harder (alle Hausarztpraxis Tengen), Zahnarzt Dr. Ulrich Mueller, Florian Wahl (gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im Landtag), Hans-Peter Storz (SPD-Landtagsabgeordneter), Selcuk Gök (Bürgermeister) und Andreas Luckner (Vorsitzender der Ärztehaus Stadt Tengen eG).
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Das anschließende Gespräch betraf im Kern eine Frage: Wie kann die medizinische Versorgung - gerade im ländlichen Raum - aufrechterhalten werden? Hauptsorge der Ärzte: Wer übernimmt ihre Nachfolge? In beiden Praxen sei die Suche nach künftigen Inhabern schwierig. Tengen liegt nahe am Bodensee, die Praxen sind neu und modern, „besser kann man es niemandem bieten“, findet Zahnarzt Mueller. Warum dennoch keine ernsthaften Interessenten in seine Praxis einsteigen möchten, sei ihm ein Rätsel. Bleibt die Suche weiterhin so schwierig, das klang am Samstag immer wieder an, könnte aus dem Ärztehaus letztlich doch ein MVZ werden.

Eine weitere, ähnliche Sorge äußerte Andreas Luckner: Viele Absolventen des Medizinstudiums tauchen nach seiner Kenntnis nicht im ärztlichen Dienst auf. Der Numerus Clausus habe als wichtiges Zulassungskriterium beim Medizinstudium ausgedient. Er meint: „Wir müssen Geld in die Hand nehmen, um die Richtigen herauszusuchen, die dann nachher auch im ärztlichen Beruf landen.“
Florian Wahl machte deutlich, dass es dringliche Probleme im Gesundheitssystem gebe. Dennoch hob er auch die Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland hervor. Und er zeigte sich zuversichtlich: „Die Probleme im Gesundheitssystem sind lösbar.“

In der Diskussion über die Sorgen der Tengener Ärzte (von links): Bürgermeister Selcuk Gök, die beiden Landtagsabgeordneten Florian Wahl (Böblingen, gesundheitspolitscher Sprecher) und Hans-Peter Storz (Singen), sowie Dr. Max Hahn (Hausarzt). | Foto: Anja Kurz
Im Wartezimmer für eine etwas andere ärztliche "Sprechstunde" (von links): Dr. Christine Riede, Dr. Max Hahn, Dr. Andrea Harder (alle Hausarztpraxis Tengen), Zahnarzt Dr. Ulrich Mueller, Florian Wahl (gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im Landtag), Hans-Peter Storz (SPD-Landtagsabgeordneter), Selcuk Gök (Bürgermeister) und Andreas Luckner (Vorsitzender der Ärztehaus Stadt Tengen eG). | Foto: Anja Kurz
Autor:

Anja Kurz aus Engen

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