Polit-Beau mit Beziehungen vor dem Narrengericht: Landesinnenminister Thomas Strobl ist Beklagter 2018
Schwäbischer George Clooney im Fadenkreuz

Thomas Strobl | Foto: Der Beklagte vor dem Stockacher Narrengericht 2018: Landesinnenminister Thomas Strobl muss sich am »Schmotzigen Dunschdig«, 8. Februar, gegenüber Narrenrichter Jürgen Koterzyna und seinen Gerichtsnarren verteidigen.swb-Bild: Laurence Chaperon
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  • Foto: Der Beklagte vor dem Stockacher Narrengericht 2018: Landesinnenminister Thomas Strobl muss sich am »Schmotzigen Dunschdig«, 8. Februar, gegenüber Narrenrichter Jürgen Koterzyna und seinen Gerichtsnarren verteidigen.swb-Bild: Laurence Chaperon
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Stockach. Beim Poker um eine Regierungsbildung in Berlin behält das Stockacher Narrengericht sein unerschütterliches Pokerface und zieht ein besonderes Ass aus dem Ärmel: Thomas Strobl, Landesminister für Inneres, Digitalisierung und Migration in Stuttgart, wird am »Schmotzigen Dunschdig«, also am Donnerstag, 8. Februar, vor die Schranken des Kollegiums um Narrenrichter Jürgen Koterzyna geladen. Ab 17 Uhr muss sich der Christdemokrat in der Stockacher Jahnhalle drei Anklagepunkten von Kläger Thomas Warndorf stellen und sich mit Unterstützung seines Fürsprechs Michael Nadig möglichst wortgewandt und elegant verteidigen. Das Narrengericht zieht damit wohl auch die Konsequenzen aus der unsicheren politischen Koalitions-Lage in Berlin und hält sich an die politische Landesprominenz. Karten für die Verhandlung sind ab Samstag, 13. Januar, um 10 Uhr im Kulturzentrum »Altes Forstamt« in der Salmannsweilerstraße 1 in Stockach und unter www.stockach.de zu haben. Dieser Termin wurde zusammen mit dem Namen des Beklagten 2018 auf der Dreikönigssitzung des Narrengerichts und seiner Gliederung im Bürgerhaus »Adler Post bekannt gegeben.

Seinen Vater kann man sich nicht aussuchen. Seinen Schwiegervater dagegen schon. Und da hat Thomas Strobl eine gute Wahl getroffen – er ehelichte 1996 die Tochter des ehemaligen Innen- und Finanzministers und jetzigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. Ob der prominente Schwiegervater ihm Türen geöffnet hat, ist schwer zu beurteilen. Einen Fuß hatte Thomas Strobl schon vor seiner Heirat in der politischen Tür, denn er trat früh in das Politbusiness ein: Der am 17. März 1960 in Heilbronn geborene Jurist gründete bereits im zarten Alter von 16 Jahren einen »Arbeitskreis demokratischer Schüler«, trat 1977 der Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) und 1977 der CDU bei. Der evangelische Politiker saß im Gemeinderat seiner Heimatstadt, war dort Fraktionsvorsitzender seiner Partei, und von 1998 bis 2016 gehörte er als Abgeordneter dem deutschen Bundestag an, legte aber mit der Übernahmen seines Landesministeramtes sein Mandat nieder.

In seinem Wahlkreis konnte Thomas Strobl gute Werte auf sich verbuchen: Bei den Bundestagswahlen wurde er direkt in das deutsche Parlament gewählt. 2013 erreichte er 51,4 Prozent, 2009 44,2 Prozent und 2005: 50,3 Prozent der Erststimmen. Werte, die er im Duell mit Guido Wolf um die Spitzenkandidatur seiner Partei bei der Landtagswahl 2016 nicht erreichen konnte. Hier erlitt Thomas Strobl eine schwere Niederlage: Nur 44 Prozent der CDU-Mitglieder sprachen sich für ihn aus, 56 Prozent votierten für seinen Gegenkandidaten. Das Ergebnis ist bekannt: Guido Wolf konnte gegen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht überzeugen, die CDU kam bei der Landtagswahl im März 2016 nur auf 27 Prozent der Stimmen und muss sich mit der Rolle des Juniorpartners in einer grün-schwarzen Koalition begnügen. Thomas Strobl erhielt den attraktiven, einflussreichen Posten des Innenministers, Guido Wolf wurde trotz verheerender Niederlage und Verlusten von zwölf Prozent Justizminister.

Thomas Strobl ist vielleicht der schönste, aber nicht der erste Innenminister aus Baden-Württemberg, der vor das Narrengericht geladen wird: 1967 musste Hans Filbinger, 1970 Walter Krause, 1978 Karl Schiess und 1985 Dietmar Schlee vor die hohen, grobgünstigen Schranken treten. Sie wurden alle für schuldig befunden – schlechte Vorzeichen also für Thomas Strobl, den Narrenrichter Jürgen Koterzyna im Pressetext als »smarten Schwiegersohn« bezeichnet: »Ein klares Argument für die Auswahl Strobls als Beklagter 2018 war neben seinen unzähligen Steilvorlagen aus dem Ländle, dass er sich im Spagat zwischen Berlin und Stuttgart hin- und hergerissen fühlte.« Ein Freispruch sei so wahrscheinlich wie eine rasche Einigung im Sondierungs- und Koalitionsverfahren in Berlin.

Zumindest wird sich der »George Clooney« des baden-württembergischen Landtags in Stockach seiner Haut gut zu wehren wissen: Schließlich ist er Mitglied der farbentragenden, pflichtschlagenden Heidelberger Studentenverbindung Alte Leipziger Landsmannschaft Afrania. Mit dem Säbel wird er nicht auf das Stockacher Narrengericht losgehen, wohl aber mit gut platzierten verbalen Hieben und schnittigen Worten. Dass Thomas Strobl zudem Mitglied des Heilbronner Vereins »Württemberger Gesellschaft« ist, wird das Narrengericht zusätzlich anstacheln. Schließlich wurde es 2016 zum »Badener des Jahres« durch den »Bund Freiheit statt Baden-Württemberg« gekürt.

Der stramme Christdemokrat bietet genügend Angriffsflächen, vertritt er doch klare Positionen bei der Flüchtlingspolitik, dem Asylrecht oder der Ehe für alle. Als Minister hat er ein breites Aufgabengebiet – ist für die Polizei, die innere Sicherheit, die Feuerwehr, den Rettungsdienst, Katastrophenschutz oder eine moderne Verwaltung zuständig. Der stellvertretende Ministerpräsident mit dem unverwechselbaren Lächeln wird aber ohne die Hilfe von Sicherheitskräften in Stockach bestehen müssen. Bei einem Schuldspruch können sich die Gerichtsnarren auf schwäbischen Wein vom Feinsten einstellen, denn das Urteil wird in Eimern Wein österreichischen Maßes ausgesprochen. Bezüglich des Ausgangs der Verhandlung hält sich Narrenrichter Koterzyna aber bedeckt: »Doch niemand ist vor Überraschungen gefeit – warten wir‘s ab.«

Karten für die Verhandlung gegen Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) am Donnerstag, 8. Februar, um 17 Uhr in der Stockacher Jahnhalle gibt es nach Angaben des Narrengerichts ab Samstag, 13. Januar, um 10 Uhr bei Kulturzentrum »Altes Forstamt« in der Salmannsweilerstraße 1 in Stockach oder online unter www.stockach.de

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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