Plädoyers im Mühlinger Tötungsdelikt/Urteil am Mittwoch, 16. August
Oberstaatsanwalt fordert sieben Jahre Freiheitsstrafe
Konstanz/Stockach/Mühlingen. Der dritte Verhandlungstag des Mühlinger Tötungsdeliktes vor dem Landgericht Konstanz war von den Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und den Rechtsanwälten der Nebenklage geprägt. Das Urteil möchte der Vorsitzende Richter Arno Hornstein am Mittwoch, 16. August, um 11 Uhr verkünden. Die Kammer brauche Zeit zur Beratung, erklärte der Jurist. Dem 42-jährigen Angeklagten aus dem Raum Stockach wird vorgeworfen, am Freitag, 24. Februar 2017, seine 26-jährige Lebensgefährtin aus dem Raum Göppingen in seinem Haus in Mühlingen getötet zu haben. Die Anklage lautete auf Totschlag. Der Beschuldigte hatte die Tag eingeräumt. Insgesamt vier Verhandlungstage waren angesetzt gewesen. Am Mittwoch, 16. August, waren nach der Aussage des Angeklagten Zeugen vernommen worden, am Donnerstag, 17. August, ging bei der Anhörung von Sachverständigen und Zeugen darum, sich ein Bild von mutmaßlichem Täter und Opfer und der Art ihrer Beziehung zu machen. Am Dienstag, 15. August, standen die Plädoyers an.
Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach machte aus seiner Sorge um den Angeklagten keinen Hehl: Der Beschuldigte sitze wie »ein Häufchen Elend« im Gerichtsaal, meinte der Jurist. Er habe Angst gehabt, dass der Mann Selbstmord begehe und sich in der Justizvollzugsanstalt diesbezüglich nach dem Beschuldigten erkundigt: »Auch er hat gelitten.« Dennoch habe er einen Menschen getötet, und der Oberstaatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Für den Angeklagten spreche, dass er nicht vorbestraft sei, ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt habe, verzweifelt und suizidal gefährdet sei. Er habe sich zur Zahlung von Schmerzensgeld an die Hinterbliebenen und die Übernahme der Beerdigungskosten bereit erklärt. Und er habe eine Frau verloren, die er geliebt habe. Zudem müsse in Rechnung gezogen werden, dass das Opfer eine psychisch kranke Frau wohl mit einer Borderline-Störung gewesen sei. Die Tat sei eine Affekthandlung gewesen. Gegen den 42-jährigen selbstständigen Unternehmer führte der Staatsanwalt ins Feld, dass seine Partnerin dringend psychologischer Hilfe bedurft hätte und er sich nach dem Krankheitsbild hätte erkundigen müssen. Zudem hätte der Angeklagte der Situation, die von einem heftigen Streit bereits im Vorfeld der Untat geprägt war, aus dem Weg gehen müssen. Auch habe er seinen Sohn mit ins Haus geholt, obwohl die Lage zwischen ihm und seiner Partnerin prekär gewesen wäre. Der Angeklagte habe den Siebenjährigen als Puffer angesehen, der deeskalierend wirken sollte. Das aber sei ein Ding der Unmöglichkeit.
Peter Messmer, der Rechtsanwalt des Beschuldigten, versuchte, Verständnis für seinen Mandanten zu wecken und forderte wegen Totschlags in einem minderschweren Fall eine Haftstrafe von drei Jahren. Der Angeklagte sei dem Opfer verfallen gewesen, ja, der Jurist sprach gar von Hörigkeit: »Er kam einfach nicht von ihr los.« Zudem sei die Frau psychisch schwer krank gewesen, habe ihn mit Eifersucht, Kontrollen, Szenen, Handgreiflichkeiten, Bissen und Schlägen gequält. Im Verlauf der letzten Szene habe der Beschuldigte das Schreien und Kreischen nicht mehr ertragen können und wollte sie zum Schweigen birngen: »Er rastete aus, er verlor die Kontrolle. Die Situation ist ihm entglitten. Durfte er sich denn nicht wehren?« Er habe die Frau in den Schwitzkasten genommen – dessen tödliche Wirkung er nicht vorhersehen konnte. 99 Prozent der Bevölkerung in Deutschland würden nicht davon ausgehen, dass bei einem Schwitzkasten am Ende einer tot am Boden liege.
Das Urteil im Mühlinger Tötungsprozess soll am Mittwoch, 16. August, um 11 Uhr verkündet werden.
- Simone Weiß
Autor:Redaktion aus Singen |
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